Dschungel der Leidenschaft
meuterte Nicky, obwohl sie wusste, dass er sich über sie lustig machte. „Und das weißt du auch."
„O ja, das weiß ich. Aber es geht hier doch lediglich um Unterwäsche, und nur ich bin da, dein früherer Mann. Im übrigen glaube ich nicht, dass ich deine Unabhängigkeit jemals angetastet habe."
Nein, das hatte er nicht. Was immer sie ihm vorwerfen konnte, das bestimmt nicht.
Er hatte ihr jede Freiheit gelassen.
Zuviel Freiheit, wurde Nicky jetzt bewusst. Rasch schüttelte sie den Gedanken ab. Niemand konnte zuviel Freiheit besitzen.
Während er mit einer Hand lenkte, zog Brian die Brieftasche aus der Hosentasche und warf sie Nicky auf den Schoss. „Nimm soviel du willst."
Ein seltsames Gefühl, Brians Lederbrieftasche in der Hand zu halten. Gestern
hatte sie seine Kulturtasche inspiziert, hatte seine Zahnpaste benutzt und sich die Haare mit seiner Bürste geordnet. Und jetzt sollte sie sich aus seiner Brieftasche bedienen. Solche Intimitäten dürfte es zwischen ihnen nicht mehr geben ...
Zögernd blickte Nicky auf die Kreditkarten, das dahinter steckende dicke
Geldbündel aus Dollar-und Ringhitnoten. Sie zog einige Scheine heraus und reichte Brian die Brieftasche zurück.
Er sah Nicky kurz an. „Hast du genug?"
„Ich habe mir hundert Ringhit genommen." Rund dreißig Dollar.
Sie fanden den belebten Dorfmarkt, auf dem alle möglichen Waren angeboten
wurden: Lebensmittel, Holzkohle, Plastikspielzeug, Batikstoffe, Kräutermedizinen.
An einem Stand gab es nur Damen-und Kinderkleidung ... Spitzenbüstenhalter,
bedruckte Mädchenslips, bestickte Nachthemden, seidene Damenunterwäsche und
baumwollene aus China.
Während Brian dabeistand, entschied Nicky sich für praktische Baumwollslips,
die sie sonst nie trug, was er auch wusste. Sie warf ihm einen herausfordernden Blick zu. „Ich habe mir schon immer gewünscht, mal chinesische Unterwäsche zu tragen. Da darf ich mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen, oder?"
„Das würde ich nie von dir verlangen", erwiderte er leicht spöttisch. „Kauf dir einen passenden BH dazu."
„Mit dem, den ich habe, komme ich aus." Sie konnte genausogut ohne gehen.
Wenn sie einen BH kaufte, müsste sie ihn anprobieren, um zu sehen, ob er passte.
Nicky bezahlte die Slips, dann ging sie weiter und kaufte Kamm, Bürste und
Ohrclips. Vor einem Stand mit farbenfrohen Batiksarongs wollte sie stehenbleiben, doch Brian tippte ihr auf die Schulter.
„In dem Haus gibt es genug kains."
Interessiert steuerte Nicky auf die Lebensmittelstände zu. Auf Matten sitzende Frauen hatten ihre Waren einladend vor sich gestapelt ... duftende Mangos, reife Tomaten, Guaven, Papayas und andere tropische Früchte. Nicky begutachtete eine Staude Rambutan, kleine runde Früchte mit haarähnlichen roten Fasern, die wie Weintrauben an einer Rebe wuchsen.
„Die mag ich besonders", sagte Nicky zu Brian. „Sehen sie mit ihren roten Faserschalen nicht fast gefährlich aus?"
„Ja." Stirnrunzelnd schob Brian die Hände in die Taschen und wippte auf den Absätzen.
„Magst du sie auch?"
„Ja", wiederholte Brian leicht ungeduldig.
„Dann lass uns welche kaufen und sie im Wagen essen", schlug Nicky vor.
„Gut." Er wandte sich an die Marktfrau. „Berapa ini?" fragte er und holte einige Münzen aus der Tasche. Als die Frau antwortete, machte er ihr ein anderes Angebot und reichte ihr einige Münzen, die sie, ohne weiterzuhandeln, annahm.
Brian hob die Rambutanstaude auf. „Gehen wir."
„Warum? Wir haben doch noch längst nicht alles gesehen. Oder hast du es eilig?"
Brian seufzte resigniert. „Du und deine Märkte. Ich hätte es wissen müssen."
Kampflustig blieb Nicky stehen und sah ihn fest an. „Ich habe nun mal eine
Schwäche für Märkte, vor allem die Lebensmittelstände. Und wenn ich mich recht erinnere, bist du immer gern mitgekommen." Zu Hause, auf der karibischen Insel, auf der sie die Flitterwochen verbracht hatten, und in Venedig hatte es ihnen großen Spaß gemacht, über Märkte zu schlendern.
Brians Miene wurde verschlossen. „Das war damals. Ich bin nicht auf Urlaub und habe keine Zeit, Ingwerwurzeln zu bestaunen."
Nicky hielt seinem Blick beharrlich stand. „Sind wir so unter Zeitdruck? Eine Viertelstunde wird doch wohl noch drin sein. Früher hat dir so etwas Spaß gemacht."
„Jetzt nicht mehr", entgegnete Brian kurz angebunden und verließ den Markt.
Nicky fragte sich, womit sie Brian verärgert hatte. Er war nie launisch gewesen, und oft genug
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