Dschungel-Gold
nicht. Ich höre es gar nicht. Du wirst die Mine übernehmen.«
»Nein.«
»Ich biete dir eine Beteiligung von fünfzig Prozent am Gewinn.«
»Nein!« Jetzt schrie sie, so explosiv, daß die Diener an der Terrassentür verschreckt zusammenzuckten. »Ich nicht!«
»Nur du.« Toledo löffelte wieder ein paar Bissen des Fruchtsalates. »Ich habe dich ein halbes Jahr beobachtet. Und ich weiß, daß du gar nicht ahnst, was in dir steckt. Ich brauche nur in deine Augen zu sehen. So sanft Jessica ist, so wild ist dein Blut. Du wirst den Diwata-Berg übernehmen. Ich weiß es … und jetzt, in diesem Augenblick, weißt du es auch! Du wirst es für deine Familie tun.«
»Warum gerade ich?« Sie schrie wieder. Toledo winkte den Dienern. Geht! Sie zogen sich sofort ins Innere des Hauses zurück und schlossen die Terrassentüren hinter sich. »Meine Brüder …«
»Sie gehen natürlich mit.« Juan Perón prostete Belisa wieder mit dem Wein zu, aber sie rührte ihr Glas nicht an. Mit geballten Fäusten hockte sie auf dem Stuhl. Ein Bündel konzentrierter Abwehr. »Hast du nie Träume gehabt?« fragte Toledo.
»Was geht das dich an?«
»Träume von Reichtum?«
»Wer träumt nicht davon, reich zu sein?«
»Du wirst es sein.«
»Indem ich im Dschungel verschimmele?«
»Du wirst die Mine führen wie kein anderer Mann.«
»Ich bin kein Mann. Ich bin ein kleines Mädchen. Ein Meter achtundfünfzig klein …«
»Die kleinsten Hunde bellen am lautesten. Die meisten Eroberer und Staatsmänner waren klein. Napoleon war klein. Friedrich der Große war klein. Mao Tsedong war klein. Auch du bist zum Herrschen geboren. Zum Herrschen über den Goldberg Diwata.« Er beugte sich über den Tisch zu ihr vor. »Ich weiß von Jessica, daß du von einem Schloß geträumt hast. Am liebsten hast du Märchen gelesen und sie dann Jessica erzählt. Und du hast immer gesagt: Ich möchte einmal in einem Schloß wohnen. Ich möchte reich sein. So reich wie eine Prinzessin. Wie eine Prinzessin im Märchen. Wenn ich etwas anfasse – ein Sandkorn, ein Blatt, eine Blume, irgend etwas – es soll in meinen Händen zu Gold werden. Ja, das hast du gesagt. Stimmt es?«
Belisa zögerte, dann nickte sie stumm. Die Märchen von den goldenen Prinzessinnen. Sie kannte sie jetzt noch auswendig.
»Streck die Hände aus … und alles wird zu Gold!« sagte Toledo in ihre Gedanken hinein. »Vor dir liegt ein Berg aus Gold, und dreißigtausend Männer holen es für dich aus den Schächten. Für dich und für mich … wie ich dir angeboten habe: Halbe-halbe.«
»Wie kann ich dreißigtausend Männer befehligen, wenn ich nicht mal meine Brüder im Griff habe?!«
»Irrtum. Du merkst es nicht, aber ich sehe es: Diese drei Wilden fressen dir aus der Hand. Sie beten dich an. Du bist für sie eine zweite Sonne.«
»Das ist nicht wahr. Das ist immer Jessica gewesen.«
»Sie ist jetzt mein Weltall. Ich weiß, ich habe sie deinen Brüdern weggenommen. Sie mögen mich nicht. Und das freut mich. Mein Geld blendet sie nicht. Sie sind eine ganz besondere Sorte Mensch. Genau die Außenseiter, die ich am Diwata brauche. Du, zusammen mit ihnen, wirst der beste Manager sein für diesen Job … und du wirst einmal durch den Garten und die Räume deines Märchenschlosses gehen und sagen: Ich träume nicht. Ich träume nicht. Alles gehört wirklich mir. Alles! Alles!«
»Wann soll ich die Mine übernehmen?«
Sie fragte es plötzlich und so nüchtern, daß Juan Perón unwillkürlich zusammenzuckte. Auch ihre Stimme hatte sich verändert … sie klang kalt und bestimmt.
»Sofort. Ich werde in drei Wochen mit Jessica nach Europa fliegen. Nach Venedig, nach Paris, nach Rom, nach London … ich weiß noch nicht, was wir alles besuchen werden. Wir werden uns durch die Welt treiben lassen.«
»Und wann kommt ihr zurück?«
»Das weiß ich auch nicht. In einem Jahr, in zwei Jahren … ich will keine Tage oder Monate mehr zählen.«
»Das heißt: Ich bin Herrin der Mine?«
»Zu fünfzig Prozent.«
»Wer wird regieren?«
»Regieren. Welch ein Wort! Aber du hast es erfaßt. Man muß regieren. Du wirst regieren.«
»Und ich habe freie Hand?«
»Solange es uns nutzt und du Erfolg hast.«
»Und wenn ich keinen Erfolg habe?«
»Dann hast du mich enttäuscht.« Toledo hob wie bedauernd die Schultern. »Ich würde sehr traurig sein.«
»In drei Wochen.« Belisa griff nach einer Glasschale mit Orangenstücken und aß zwei Scheiben, bevor sie weitersprach.
»Sagst du es meinen
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