Dschungel-Gold
vertuschen.«
»Lassen sich Probleme nur mit Toten lösen?«
»Sie fragen, als seien Sie erst gestern von einer Klosterschule gekommen. Seit wieviel Jahren leben Sie in Diwata?«
»Über ein normales Leben hinaus …«
»Wie wollen Sie diese Mafia bekämpfen? Sie sind Arzt, zu Ihnen kommt jemand mit einem bösen Geschwür … was tun Sie? Sie schneiden es auf. Diese Mafiosi sind ein Geschwür an unserem Körper.«
Es waren neun Glücksritter, die sich in die Idee verliebt hatten, mit den Dirnen ein Nebengeschäft aufzuziehen. Kameradschaftlich hatten sie die zehn bisher bestehenden Bordelle unter sich aufgeteilt. Sie wollten die Einnahmen zur Seite legen, bis sie in Manila groß in die Pornoszene einsteigen konnten. Nicht kleckern, sondern klotzen, und dazu braucht man Kapital. Es liefen in Diwata sechshundertsiebzehn Mädchen herum.
Die Verhaftung geschah schlagartig an allen zehn Stellen.
Als Avilas Soldaten die Männer im ›Rathaus‹ ablieferten, hatte man sie schon halb totgeschlagen. Sie konnten kaum noch gehen, bei vieren war das Gesicht nicht mehr zu erkennen, einen mußte man tragen … man hatte ihm beide Beine gebrochen. Das aber hielt Morales nicht ab, sich auf jeden einzelnen zu stürzen, ihn zu treten, zu bespucken und anzubrüllen, daß man ihnen zuerst die Eier abschneiden würde, bevor man sie aufhängte.
»Mich betrügen!« schrie er immer wieder. »Mich! Den ehrlichsten Menschen auf dieser verdammten Erde! Ihr seid ein Stück Dreck, und so werdet ihr auch behandelt werden!« Die ›Gerichtsverhandlung‹ fand am Abend im Rathaus statt. Richter waren die drei García-Brüder, Ankläger war Avila, die Verteidigung hatte Dr. Falke übernommen – eine völlig überflüssige Aufgabe, denn es gab nichts zu verteidigen. Wenn jemand etwas einwenden wollte, brüllte ihn Carlos sofort nieder. »Halten Sie die Schnauze!« war ein beliebter Satz. »Jedes Wort ist zu schade!«
Auch die Mädchen, die für die neun Mafiosi gearbeitet hatten, wurden verhört. Sie gaben alle Vorwürfe sofort zu, das Klügste, was sie tun konnten. Sie wurden auch zuerst verurteilt. Es waren hundertundsechs Huren, die lauthals weinten und denen Miguel mit Donner in der Stimme zurief: »Ihr werdet drei Tage lang die Scheißkanäle säubern, bis ihr selbst zu Scheiße geworden seid!« Es war ein mildes Urteil. Die Mädchen bedankten sich, indem sie Miguel die Hand küßten, so wie in früheren Zeiten Häuptlingen unterwürfige Ehre entgegengebracht wurde.
Anders bei den neun Männern.
Zu ihnen sagte Miguel: »Man sollte euch im Scheißesee ersäufen. Aber ich bin ein Mensch … man soll euch mit der Machete den Kopf abschlagen.«
»Man wird uns rächen!« rief einer der Mafiosi. »Wir haben einflußreiche Freunde in Manila und Davao.«
»Wir warten auf sie«, sagte Avila mit seiner nüchternen Stimme, die sich immer gleich blieb, ob er schmeichelte, Witze riß oder den Tod verkündete. »Braucht ihr noch einen Priester?«
»Der Himmelskomiker ist unnötig!«
»Wie ihr wünscht. Ein Abschiedsessen?«
»Ich möchte deine Eier braten!« schrie einer und spuckte Avila ins Gesicht. Damit war die Gerichtsverhandlung beendet. Die neun Verurteilten wurden abgeführt. Avila wandte sich an Dr. Falke.
»Haben Sie noch immer mildernde Gründe, Doktor?«
»Ja. Es sind Menschen.«
»Schweinedreck sind sie!« schrie Carlos. »Frech bis zum letzten Augenblick.« Dr. Falke erhob sich von seinem Stuhl hinter dem ›Verteidigertisch‹. Belisa saß mit gesenktem Haupt da.
»Sie könnten sie begnadigen, Belisa«, sagte er. »Sie sind der Boß!«
»Ich bin nicht Herr über Leben und Tod …«
»O doch, das sind Sie! Sie sind für über dreißigtausend Menschen verantwortlich – ist Ihnen das nicht klar? Es genügt nicht, ihnen Arbeit und Pesos zu geben, Sie haben auch eine moralische Verantwortung. Das Leben besteht nicht nur aus Atmen oder Kopfabschlagen!«
»Sie führen in Diwata die Moral ein?« Avilas Stimme klang jetzt spöttisch. »Ausgerechnet hier? Sie haben über Hunderte von Morden miterlebt, aber jetzt, beim Kampf gegen die Mafia, falten Sie die Hände?!«
»Die Morde konnte ich nicht verhindern, aber hier handelt es sich um Tötungen außerhalb des Gesetzes.«
»Wo ist da ein Unterschied?« schrie Carlos. »Kopf ab ist Kopf ab!«
»Und das Gesetz im Dschungel sind wir!« fügte Miguel hinzu. »Ein einfaches Gesetz, das jeder versteht: Du bist ein freier Mensch, aber Du tust, was man von dir verlangt.«
»Wunderbar!
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