Dschungel-Gold
aussähe, glaubt keiner mehr an meine Tees. Warum ist ein Zebra schön? Weil es ein gestreiftes Fell hat. Wäre es einfarbig, würde es keiner beachten. Das ist bei Ihnen doch genauso. Laufen Sie in Zivil herum, na gut, man weiß, daß Sie Arzt sind … aber von dem Moment an, wo Sie ihren weißen Arztkittel überziehen, sind Sie für die meisten Menschen etwas Besonderes. Ein Auserwählter! Der weiße Kittel verleiht einem Arzt Autorität, nicht der Maßanzug. Den sieht der Patient nicht, aber der weiße Arztkittel verbreitet therapeutischen Glauben. Also – lassen Sie mir die weißblonden Haare. Sie sind mein Firmenschild.«
Seit einigen Tagen war das Krankenhaus überfüllt. Meistens waren es Verletzungen von Bauarbeitern, Risse, Quetschungen, offene Wunden, Verbrennungen, Verstauchungen und Knochenbrüche, aber auch sechs Verwundungen durch Messerstiche und zwei Schußlöcher. Avila, der Sicherheitschef, war alarmiert. Im ›Rathaus‹ fand eine Konferenz statt, an der die drei Brüder, Belisa, Dr. Falke und Avila teilnahmen. Geladen war der immer fetter werdende Manuel Morales, der ›Vater des Puffs‹, wie man ihn seit langem nannte. Seit drei Monaten gab es jetzt neun Bordelle rund um Diwata und den berüchtigten Zentralpuff am Marktplatz, die Urzelle der Diwata-Hurenhäuser. Sie wurden beherrscht von Carmela und Violeta, Huren der ersten Generation, die nichts mehr erschüttern konnte. Beide Frauen wechselten sich bei Morales ab, was ihren Einfluß ungemein stärkte. Von den jungen Dingern, die Morales in allen Landesteilen angeworben hatte, hielt er wenig, so frisch und so schön sie auch waren … er spürte, daß sie sich vor dem Fettkloß ekelten und ihre Nummer nur abzogen, um keinen Ärger zu bekommen.
Die fleißige Anwerbetätigkeit von Morales hatte endlich Erfolg gebracht: In Diwatas zehn Bordellen arbeiteten mittlerweile sechshundertsiebzehn Mädchen in drei Schichten. Es war ein Fließbandfick, aber anders war es nicht zu schaffen. Die Kerle standen Schlange vor den Puffs. Niemand beneidete Morales, denn sechshundertsiebzehn Weiber zu kontrollieren ist eine Aufgabe, als wenn man sich mit nacktem Hintern in einen Ameisenhaufen setzt. Ganz schlimm wurde die Situation, wenn sich eines der Mädchen ernsthaft in einen Freier verliebte – das kam in letzter Zeit öfter vor, und deshalb die Messerstiche und Schüsse. Ein Puffbetrieb dieses Ausmaßes und dieser Frequentierung verträgt keine individuellen Gefühle. Er ist ein knallhartes Geschäft und keine süße Liebeslaube.
»Manuel, wir sind besorgt«, sagte Miguel zu Morales, als der ›Rat‹ versammelt war. »Deine Mädels fangen an zu spinnen.«
»Jawohl!« Carlos hieb mit der Faust auf den Tisch. »Sie sollen vögeln, aber nicht Händchen halten. Liebesdramen, die fehlen uns noch!«
»Das große Problem ist, daß Manuel die Kontrolle über die Bordelle verliert«, sagte Avila.
»Niemals!« Morales erbleichte und ließ seinen fetten Leib vor Empörung beben. »Ich habe alles im Griff!«
»Anscheinend nicht.« Avila sah ihn starr an, und dieser Blick war in ganz Diwata gefürchtet. »Ich habe Informationen, daß sich im Bordellbetrieb eine Art Mafia gebildet hat.«
»Unmöglich!« schrie Morales, hochrot im Gesicht. »Wie soll das laufen?«
»Ganz einfach. Die Mädchen arbeiten zu von uns festgesetzten Tarifen. Jede Leistung hat ihren bestimmten Preis. In Peso oder Goldstaub. Es ist aber so, daß die Mädchen mehr als den Tarif verlangen und das zusätzlich verdiente Geld an diese neue Mafiagruppe abliefern. Ehe ich zuschlage: Was weißt du davon, Manuel?«
»Nichts! Gar nichts! Ich bin völlig ahnungslos«, schrie Morales entsetzt.
»Du hast also nichts damit zu tun?« brüllte Carlos und schüttelte seine imponierenden Boxerfäuste.
»Ich schwöre: Nein! Bei meinem Augenlicht schwöre ich …«
»Schwöre bei deinem Schwanz, denn den schneide ich dir ab!« sagte Miguel fast im Plauderton. »Wenn du irgend etwas weißt …«
»Ich schwöre bei meinem Schwanz!« schrie Morales. »Ich habe nicht bemerkt, daß man uns betrogen hat! Wer sind die Kerle?!«
»Ich werde sie morgen einkassieren.« Avila blickte hinüber zu Belisa. »Es werden unangenehme Stunden werden. Und Sie, Doktor«, sein Blick flog zu Dr. Falke, »werden einige Totenscheine ausstellen müssen.«
»Gestorben an Herzinfarkt?« fragte Dr. Falke spöttisch.
»Nein. Vom Gericht zum Tode verurteilt, Urteil vollstreckt. Wir brauchen in Diwata nichts zu
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