Dschungel-Gold
Falke war sehr erstaunt, als zunächst der fette Morales in den Raum kam, den Dr. Falke die ›Aufnahme‹ nannte. Er staunte noch mehr, als die drei Brüder hereinpolterten und zuletzt Pater Burgos. Als einziger schüttelte er den Matsch von seinen Schuhen, als betrete er eine saubere Ordination.
»Ein Priester!« rief Dr. Falke. »Wirklich, ein Priester! Gibt es davon plötzlich einen Überschuß? Und wer sind Sie, meine Herren? Eine Kommission? Willkommen in der Klinik der Verdammten.«
Er sprach jetzt Cebuano, die Sprache von Mindanao.
»Wir brauchen Betten«, sagte Miguel knapp.
»Sind Sie krank?«
»Ein witziger Mensch.« Carlos schob sich vor. »Wir sind die drei Brüder von Belisa García.«
»Wer ist Belisa García?« fragte Dr. Falke verblüfft.
»Der neue Boß!« Morales hob wie bedauernd beide Hände.
»Wer?«
»Der neue Boß, du Klistieraffe!« schrie Carlos. »Jetzt kommt Ordnung in die Bude. Ab morgen wird hier alles anders.«
»Ich verstehe gar nichts.« Dr. Falke sah hinüber zu Pater Burgos. »Können Sie mir das erklären? Sie sehen so aus, als hätten Sie Ihren Verstand noch beisammen.«
»Herr Toledo hat die Leitung der Mine abgegeben und seine Schwägerin Belisa García damit beauftragt. Wir sind heute angekommen und suchen ein Quartier.« Pater Burgos verzog das Gesicht zu einem Lächeln. »Ich wollte im Bordell schlafen … aber dort habe ich nur gestört und den Umsatz verringert. Herr Morales hatte dann die Idee mit Ihrem Lazarett. Hier sollen Betten frei sein.«
»Man hat Ihnen keine Zimmer zur Verfügung gestellt?«
»Wie Sie sehen, Doktor. Passiver Widerstand.«
»Haben Sie anderes erwartet?« Dr. Falke wies mit ausgestrecktem Arm zu einer Tür, die den Bettentrakt vom Untersuchungszimmer trennte. »Ich bin Dr. Falke.«
»Miguel García.«
»Carlos García.«
»Pedro García.«
»Federico Fernández Burgos.«
Dr. Falke blickte zum Eingang. »Und wo ist Belisa García?«
»Wir holen sie gleich bei Ramos ab.« Miguel riß die Tür auf. Er sah die Betten, drei übereinander, eiserne, verrostete Gestelle mit fleckigen Roßhaarmatratzen. Es stank nach Urin und getrocknetem Kot. Als Miguel die Tür geöffnet hatte, waren quiekend ein paar Ratten davongerannt. Morales seufzte. Er ahnte Komplikationen.
»Hier sollen wir schlafen?« brüllte Miguel.
»Ich wüßte kein besseres Quartier.« Dr. Falke hatte sich in drei Jahren Diwata abgewöhnt, Brüllen als Drohung hinzunehmen. »Ich warte seit einem Jahr auf neue Betten, auf neue Matratzen, auf einen Holzboden, auf Rattengift und auf jemanden, der mir hilft, den Dreck wegzuschaffen. Ich bekomme aus Davao keine Nachricht.«
»Das wird sich alles ändern!«
»Ihr Wort in Gottes Ohr. Geben Sie es an den da oben weiter. Was wollen Sie eigentlich hier, Pater?«
»Eine Kirche gründen.«
»Sie sind ja noch wahnsinniger als ich vor drei Jahren war! Eine Kirche! Hier?! Wollen Sie Geröllsäcke segnen?«
»Warum nicht? Wenn es hilft, die Seelen aufzuschließen.«
»Die Seelen. Hier schließt man Seelen auf, indem man die Leiber aufritzt. Mit Messern und Macheten.« Dr. Falke machte eine weit ausholende Handbewegung. »Aber bitte, bedienen Sie sich. Was uns hier noch fehlt, sind Komiker. Sie füllen eine Lücke aus, meine Herren.«
Eine Stunde später betrat Belisa García das Lazarett. Ihre drei Brüder hatten sie abgeholt. Am Straßenrand stand eine Mauer von Goldgräbern. In Windeseile hatte sich herumgesprochen, daß ein sexy Mädchen nach Diwata eingeflogen worden war. Aber nicht für den Puff. Nun rätselte man herum, warum sie an den Berg gekommen war. Mit drei wuchtigen Männern, die aussahen, als seien sie verhinderte Kannibalen. Als man den wieder im Bordell angekommenen Morales fragte, zuckte der nur mit den Schultern.
»Wartet es ab!« sagte er. »Wartet es nur ab! Da braut sich was zusammen.«
Dr. Falke traute seinen Augen nicht.
Die Person, die da vor ihm stand, war eine kindhafte Frau, klein, zartgliedrig, in Jeans, die eine Vierzehnjährige hätte tragen können, und nur das Baumwollhemd, das wegen der hohen Luftfeuchtigkeit an ihrem Körper klebte, modellierte die festen, runden Brüste unter dem Stoff.
»Sie sind Belisa García?« fragte Dr. Falke. In seiner Stimme lag blankes Erstaunen.
Belisa musterte ihn schnell. Sie konnte es nicht erklären, aber Unwillen stieg in ihr auf.
»Haben Sie was dagegen?« Das klang schnippisch. Es war eine Warnung: Sieh dich vor, Doktor. Unterschätze mich nicht.
»Als ich
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