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Dschungel-Gold

Dschungel-Gold

Titel: Dschungel-Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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vorhin hörte, daß eine Frau die Leitung der Mine übernehmen würde, habe ich Sie mir anders vorgestellt.«
    »Sie wußten nicht, daß ich komme?«
    »Ich hatte keine Ahnung. Wer sollte mir etwas sagen? Und warum auch? Ich bin hier eine Art exotischer Pflanze. Ein seltenes Exemplar eines praktizierenden Humanisten, das keiner haben will. Das ist das Besondere meines hiesigen Wirkens: Von dreißigtausend Männern brauchen fünfunddreißigtausend einen Arzt. Viele sind doppelt krank. Aber keiner geht zum Arzt, es sei denn, er hat ein abgebrochenes Messer im Leib oder eine Kugel in irgendeinem Muskel.« Er zeigte auf die aneinandergebauten Hütten, die er den ›Bettentrakt‹ nannte. »Sehen Sie sich an, wer da rumliegt. Neun Knochenbrüche, drei Stichverletzungen, fünf, denen ich eine Kugel herausoperiert habe, und zwei Saufbolde mit einer massiven Alkoholvergiftung. Alle anderen Krankheiten werden mit Schnaps behandelt. Mein Hauptumsatz konzentriert sich auf Kondome. Die habe ich hier eingeführt. Früher wurde freihändig geschossen. Die Folge: eine Menge Geschlechtskrankheiten. Dreimal wurden die Huren ausgewechselt und nach Davao zurückgeschickt, in die Kliniken. Als ich hier ankam, liefen Tausende mit tropfendem Rüssel herum. Das ist nun vorbei. Fast vorbei.« Dr. Falke sah in Belisas Gesicht, welche Wirkung seine Worte hinterließen: Ekel. »Wenigstens ein Erfolg.«
    »Und trotzdem bleiben Sie hier? Warum?«
    »Weil ich Arzt bin. Weil ich helfen kann. Wenn ich einem Niedergestochenen das Leben retten kann, bin ich zufrieden. Auch wenn die anderen sagen, es wäre besser, ihn krepieren zu lassen.«
    »Das wird sich ändern!« ließ sich Carlos wieder vernehmen. Es war sein Standardsatz geworden: »Es wird sich alles ändern.«
    »So habe ich auch gedacht.« Dr. Falke lächelte verzerrt. »Sehen Sie sich um. Das war einmal ein sauberes Krankenhaus. Baufällige, zusammengeflickte Hütten zwar, weil das Holz für Wände und Dächer sofort nach der Anlieferung geklaut wurde und neue Bauteile aus Davao nicht mehr geschickt wurden, aber innen standen saubere Betten, man lag auf sauberen Matratzen, es gab vier Duschen, einen Gipsraum, einen kleinen OP mit chirurgischer Grundausstattung, einen Tresor mit Medikamenten und Narkoseampullen. Das Pflegepersonal – so verrückt war ich damals, an Pflege zu denken –, holte ich mir von den Goldgräbern. Ältere Digger, die nicht mehr so viel Säcke schleppen konnten, daß sie davon leben konnten. Und drei Huren stellte ich als Schwestern ein, bezahlt wurden sie von den Kranken, denn aus Davao kam keinerlei Unterstützung für das Personal. Nur einmal im Monat kamen mit den Transporthubschraubern Medikamente, Verbandszeug und das allernötigste medizinische Gerät nach Diwata. Der medizinische Alkohol wurde gleich auf dem Flughafen geklaut. Natürlich auch Äther, Morphium und Narkoseampullen. Ich habe dann die Wunden mit Whisky gereinigt. Aber der Betrieb funktionierte. Bis vor zwei Jahren. Da gab es eine Gruppe von Abenteurern in der Mine, die eine Art Mafia gründeten. Sie kontrollierten die Kneipen, zwangen Morales, pro Hure täglich Schutzgeld abzuliefern, und unterstrichen ihre Forderung, indem sie zwei Mädchen die Brüste abschnitten. Man brachte die Mädchen zu mir, aber was sollte ich da noch tun? Plastische Chirurgie in der Hölle? Ja, und dann kamen die Kerle zu mir. Prügelten die Pfleger zu Krüppeln, vergewaltigten die Schwestern, pißten auf die Matratzen, räumten die Schränke aus, zerhackten den OP-Tisch und nahmen alle Decken und Stühle und Tische mit.«
    »Und keiner hat sich darum gekümmert?« Belisas Stimme zitterte vor Erregung. »Keiner hat Ihnen geholfen?«
    »Von da an war ich allein. Alle hatten Angst vor dieser Mafiabande. Aber dann gründete Avila eine Sicherheitstruppe. Zunächst zwanzig Burschen, die vor nichts Angst hatten. Ihre Vorbilder waren die Rebellen in den Bergen, die Organisation ›Flammender Pfad‹, die Sondereinheiten der Armee. Sie erklärten das Töten zum ehrbaren Handwerk. Wer einen Stall vom Mist säubert, verkündeten sie, darf nicht zimperlich sein. Kurzum: Die Mafiabande landete wieder bei mir, nicht als Plünderer, sondern als von Macheten zerhackte Körper. Ich habe versucht, sie zu retten … sie starben alle. Aber geblieben ist das hier«, Dr. Falke umriß mit einer Handbewegung seine ganze Umgebung. »Ein Lazarett, das verfault. Und auch jetzt hilft mir keiner.«
    »Das wird sich ändern«, sagte Carlos wieder.

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