Dschungel-Gold
Zimmer.
»Was … was kann ich für Sie tun?« stotterte Morales, als Belisa wortlos auf dem Sofa Platz nahm, auf dem Morales Neuzugänge testete. »Was führt Sie her?«
»Ich möchte mit den Mädchen sprechen.«
»Jetzt?«
»Warum nicht?«
»Es ist Hochbetrieb.«
»Schwesterchen, man nennt das Stoßzeit!« schrie Carlos fröhlich. »Ein guter Stoß zur rechten Zeit gehört zu der Gemütlichkeit.«
»Miguel, schaff ihn raus!« Belisa blitzte ihren Bruder an. »Ich kann dich auch wohin treten, wenn es dich beruhigt!«
Carlos knurrte wie ein Hund und ging in eine Ecke des Zimmers. Eine Erinnerung an die Kindheit, wenn der Vater schimpfte, mußte man sich in die Ecke stellen.
»Die Mädchen sollen kommen«, sagte Belisa. »Alle, die gerade frei sind.«
»Was haben Sie mit ihnen vor?« fragte Morales verunsichert.
»Nichts. Ich will sie nur etwas fragen.«
»Alle einundachtzig?«
»Vielleicht habe ich bei den ersten zehn schon Glück.«
Morales verzichtete auf weitere Fragen und verließ sein Zimmer. Belisa sah zu ihren Brüdern hoch.
»Wenn die Mädchen kommen, verhaltet ihr euch anständig. Ihr seid keine Digger.«
»Aber Männer. Ich habe jetzt vier Wochen nicht …«
»Halt's Maul!« Belisa schlug mit der Faust auf das Sofa. »Kommt es darauf an?«
»Jeder Mensch braucht …«
»Glotzt mich nicht so dämlich an! Ich brauche keinen Mann!« Sie straffte sich, als Morales ins Zimmer zurückkam. Ihm folgte eine Hure mit dicken Brüsten, die in reiferem Alter als die anderen Mädchen war. Sie trug einen Bikini, der in den Nähten krachte. Carlos prustete durch die Lippen. Die ist griffig, hieß das. Mein Format.
»Das ist Carmela«, stellte Morales die Hure vor. »Sie hat die interne Aufsicht übernommen. Gewissermaßen eine Vorarbeiterin.«
Belisa hob die Augenbrauen. »Dich kenne ich doch?« sagte sie.
»Ich bin mit Ihnen aus Davao gekommen.« Carmela nickte. »Sie erinnern sich an mich? Sie wollten etwas fragen?«
»Kannst du sticken?«
»Ficken!« brüllte Carlos.
Carmela fuhr herum. »Dich habe ich in einer halben Stunde als Bettvorleger auf der Erde liegen!«
Belisa winkte Miguel und Pedro zu. »Stellt Carlos vor die Tür!« sagte sie hart. »Morales, hast du ein Zimmer, das man abschließen kann?«
»Die Gerätekammer.«
»Sehr gut. Sperrt Carlos da ein!«
»Ich schlage die Tür ein!« brüllte Carlos. »Ich reiße den ganzen Puff ein!« Er nahm die Haltung eines Boxers im Ring ein. »Wer mir zu nahe kommt … Brüder, ich möchte euch nicht weh tun …«
Carmela wartete, bis sich die Unruhe gelegt hatte. »Was ist nun?« fragte sie.
»Kannst du eine Tischdecke besticken? Mit Blumen, mit Kreuzen, mit einem Lamm, mit Symbolen?«
»Natürlich kann ich das. Wenn es mal ruhig war im Puff von Davao, haben wir alle gestrickt oder Servietten und Taschentücher bestickt. Die sind dann auf dem Markt verkauft worden. An Touristen. Als echte Volkskunst.« Sie lachte auf und warf Carlos einen unverschämten Blick zu. Der Boxer starrte auf ihre dicken Brüste. »Ich nehme an, daß fast alle meine Kolleginnen sticken können. Nur werden sie keine Zeit dazu haben. Einundachtzig Mädchen für zwanzigtausend Männer … das macht jede kaputt. Wir brauchen hier mindestens zweihundert Huren! Mindestens! Da sollten Sie mit den Veränderungen anfangen.«
»Ich werde mir das überlegen, Carmela. Zunächst brauche ich Mädchen, die eine große Decke sticken. Eine Altardecke …«
»Eine Altardecke?«
»Für die Kirche von Diwata.«
Über Carmelas Gesicht zog ein Leuchten. »Wir werden die schönste Decke sticken, die je auf einem Altar gelegen hat«, sagte sie geradezu feierlich. »Aber wir haben kein Garn.«
»Ich lasse es mit dem nächsten Transport aus Davao kommen. Auch den Stoff. Wie lange braucht ihr für diese Decke?«
»Wir werden sie zu mehreren Mädchen sticken. Wie lange?« Carmela hob fragend die Schultern. »Wer kann das jetzt schon sagen? Wer von uns hat schon Freizeit? Zuerst kommen die Männer dran.«
»Nein! Die Altardecke!«
»Und wer ersetzt den Verlust?«
»Welchen Verlust?«
»Kein Fick – keine Pesos. Wir leben davon. Auch wir haben Ziele. Die einen wollen zurück nach Davao und eine Boutique aufmachen, andere träumen von einer Bar hier in Diwata. Einige wollen sogar nach Manila und dort ein eigenes Bordell eröffnen. Für die Touristen. Die haben jetzt die Philippinen entdeckt, nachdem sie halb Thailand durchgevögelt haben. Und an das Alter mußt du auch denken. Sie
Weitere Kostenlose Bücher