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Dschungel-Gold

Dschungel-Gold

Titel: Dschungel-Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sie?«
    »Verschwunden. Einfach verschwunden. Hier gibt es keine Meldepflicht, keine Kartei, keine Lohnbuchhaltung. Hier zählen nur die Nummern auf den Blechmarken und auf den Säcken. Wenn einer stirbt, wird er verscharrt, und ein anderer übernimmt seine Nummer. Es sind genug Leute da, mit jedem Transport aus Davao kommt Nachschub. Und durch den Dschungel kommen sie auch. Über die Urwaldpfade von Kapalong her. Den Tagumfluß hinauf. Vierzehn Tage Marsch durch die Hölle, um in eine andere Hölle zu gelangen.«
    »Aber der Nachbar sieht doch, daß die Hütte neben ihm plötzlich leer ist.«
    »Sie wird sofort von den Neuen besetzt. Wer kümmert sich darum? Der Nachbar, wie Sie so zivilisiert sagen? Hier kümmert sich jeder nur um sich selbst.« Dr. Falke warf einen Blick auf den Toten. Er mußte noch heute weggeschafft und begraben werden. In dem feuchtheißen Klima quollen die Toten auf und zersetzten sich schnell. Sie zerflossen geradezu. Sie begannen zu gären. »Hat man Ihnen gesagt, daß gestern mit dem Helikopter Kinder angekommen sind?«
    »Kinder?« Pater Burgos sprang von seinem Stuhl hoch. »Das ist nicht wahr!«
    »Drei Vierzehn- und zwei Fünfzehnjährige. Aus den Slums von Davao. Morgen werden sie in der Reihe der Digger stehen, die Steine aus dem Berg brechen, die Säcke zur Sammelstelle schleppen. An den Quecksilberwannen die giftigen Dämpfe einatmen. Ein langsamer Tod, Pater. Grausam, schleichend … und das Gehirn weicht auf, es kommt zu Lähmungen … ein qualvolles Sterben. In zwei, drei Jahren wird es diese Kinder nicht mehr geben.«
    »Weiß das Belisa García?«
    »Ramos weiß es. Wenn er ihr nichts gesagt hat …«
    »Werden Sie das tun, Doktor?«
    »Ich habe den Eindruck, daß ich bei ihr nicht sehr beliebt bin. Ich frage mich, warum. Bin ich zu grob?«
    »Ihr Zynismus ist manchmal schwer zu ertragen.«
    »Danke. Aber ich kann nicht anders. Ich bin als Idealist nach Diwata gekommen, aber die Wirklichkeit hat mich so lange in die Fresse geschlagen, bis ich begriff, daß es sinnlos ist, das Gute im Menschen zu suchen. Ich habe mich an die Morde, an die Schlechtigkeit gewöhnt. Ich tue meine Pflicht, mehr nicht. Dafür bin ich Arzt. Und ich kämpfe um jeden Patienten, so gut ich es kann. Sterben sie, bleibt mir nur ein Achselzucken übrig.«
    Es war schon spät in der Nacht, als es an Dr. Falkes Tür klopfte. Ohne sein Herein abzuwarten, stürmte Belisa in das Zimmer. Dr. Falke lag auf seinem Bett und las in einem reichlich zerfledderten Buch. Er mußte es schon viele Male gelesen haben. Kant. Die Kritik der reinen Vernunft.
    »Stimmt das?« rief Belisa. Sie lehnte sich gegen die zufallende Tür.
    »Was es auch ist … es stimmt!« Dr. Falke legte das Buch zur Seite. »Sie sind mutig. Kommen einfach herein. Wenn ich nun nackt gewesen wäre …«
    »Ihre Nacktheit wirft mich nicht um! Ihre nicht! – Es sind Kinder in die Mine gekommen?«
    »Fragen Sie Ramos.«
    »Ich frage Sie!«
    »Pater Burgos hat es Ihnen erzählt?«
    »Er weiß es von Ihnen.«
    »Es stimmt. Fünf Kinder sind eingeflogen worden.«
    »Wo sind sie?!«
    »Sie stecken in einer Masse von zwanzigtausend Goldgräbern. Irgendwo. Untergetaucht in den Slums.«
    »Ich will sie sehen.«
    »Da müssen Sie sie erst suchen.«
    »Das werde ich!« schrie sie.
    »Und Sie glauben wirklich, daß Sie sie finden werden?«
    »Ich werde alle Arbeiter auffordern, sie mir zu bringen.«
    »Sie haben vielleicht heute schon ihr Blechschild mit der Nummer um den Hals. Damit gehören sie zum Heer der Verfluchten. Keiner wird sich darum kümmern.«
    Belisas heftiger Atem war wie ein leises, hohes Pfeifen. »Ich werde Ramos zwingen, mir die Kinder zu bringen.«
    »Er weiß auch nicht, wo sie geblieben sind. Woher soll er das wissen? Sie sind untergekrochen in dieser Stadt aus Müll, Dreck, Wellblech, Holzlatten, Palmstroh und Scheiße. Die einzige Möglichkeit, sie zu sehen, wird sein, wenn sie hier bei mir liegen und krepieren.«
    »Ich hasse Sie!« Belisa riß die Tür auf und zitterte am ganzen Körper. Wirklich, sie zitterte. Es gab also doch etwas, das sie erschüttern konnte. »Ich hasse Sie!«
    »Damit muß ich leben. Das ist das geringste Übel.«
    Sie verließ das Zimmer, knallte die Tür hinter sich zu und schien hinüber zu Pater Burgos zu gehen. Der Doktor fuhr von seinem Bett hoch und lief ihr hinterher. Belisa stand im Vorraum und wühlte mit beiden Händen in ihren Haaren.
    »Gott sei Dank, – Sie sind noch da.«
    »Was wollen

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