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Dschungel-Gold

Dschungel-Gold

Titel: Dschungel-Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dich allein lassen? Schwesterchen, du machst Witze. Wir lassen dich nicht allein.«
    »Avila wird mich nachts bewachen lassen.«
    »Avila! Dazu sind wir da!« Carlos wedelte mit seinen dicken Boxerhänden. »Wir haben Papa versprochen …«
    »Ich bin kein Kind mehr! Verdammt, ich sage das jetzt zum letztenmal!« Belisa schrie ihre Brüder an und setzte sich auf das Bett, als wolle sie damit ausdrücken: Hier kriegt mich keiner weg! Hier werde ich allein schlafen! Hier, neben meinem Gold.
    »Wir werden uns nebenan eine Hütte bauen«, sagte Pedro. Er ließ sich von der Erregung nicht anstecken. »Das kannst du nicht verhindern.«
    »Ich kann alles, wenn ich will.«
    »Warum willst du uns wegschicken?« Miguels Stimme klang kläglich. Sein Gesicht erschlaffte, als würde er gleich zu weinen beginnen.
    Bloß das nicht! Ein Bulle mit Tränen in den Augen. Ein weinender Fleischklotz. Belisa starrte an die Wand und drehte Miguel den Rücken zu.
    »Machen wir es einfach!« hörte sie Carlos sagen. »Wir bauen unsere Hütte neben ihre. Und wer uns daran hindern will, den kann der Doktor nachher wieder zusammenflicken.«
    »So ist es!« Miguel hieb mit der Faust auf den Tisch. Die Goldwaage klirrte. »Wir haben eine Verantwortung, Papa gegenüber.«
    Belisa umgab sich mit Schweigen. Aber als die Brüder hinausgestampft waren und Avila in die Hütte kam, sagte sie zu ihm:
    »Meine Brüder wollen nebenan eine eigene Hütte bauen … helft ihnen dabei.«
    »Daran haben wir schon gedacht.« Avila nickte zustimmend.
    »Wieso hast du daran gedacht?«
    »Wenn die Welt unterginge, würden Ihre Brüder Sie in die Mitte nehmen und zum Teufel fahren.«
    »Danke.«
    »Wofür?«
    »Daß du mich zum Teufel wünschst. Aber den Gefallen tue ich euch nicht. Mein Leben ist jetzt der Diwata-Berg.«
    Und dann kam der Sonntag.
    Der Sonntag, den Pater Burgos mit einem langen Gebet begann, um Kraft zu schöpfen vor dem Ungewissen, das der Tag bringen würde.
    Er hatte einige hundert Bildchen der heiligen Barbara verteilt und zur Messe eingeladen. Am frühen Morgen baute er vor dem Lazarett seinen Altar auf: ein Tisch, bedeckt mit einem Bettuch, darauf ein hölzernes Kruzifix, eine Silberdose mit Hostien, ein Weihrauchkessel aus Messing und eine zerfledderte Bibel, die mit Belisas Familienbibel nicht konkurrieren konnte.
    Dr. Falke begutachtete den Altar und schüttelte den Kopf. Pater Burgos sah ihn giftig an. Er war sehr nervös.
    »Was haben Sie?« zischte er. »Fehlt was?«
    »Ja.«
    »Was denn?«
    »Kerzen! Ich kann mich nicht erinnern, jemals einen Gottesdienst ohne Kerzen erlebt zu haben. Haben Sie Kerzen?«
    »Mehr als genug. Das ist das einzige, was wir im Überfluß haben. Weil hier dauernd der Strom ausfällt. Nur silberne Leuchter haben wir nicht. Wir kleben die Kerzen auf Teller.«
    »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie den Worten auch Taten folgen ließen.«
    »Das hätte ich auch ohne Ihre Aufforderung getan. Es ist meine erste Spende für die Kirche von Diwata.«
    Pater Burgos hatte verkündet, daß die Heilige Messe um elf Uhr beginnen würde.
    Gespannt saß er im Lazarett am Fenster und wartete, wie viele Neugierige kommen würden, denn daß sie aus Neugier kamen, nicht aus gläubigem Herzen, war ihm bewußt.
    Belisa traf in Begleitung ihrer drei Brüder ein; sie hatten sie mit einem der gepanzerten Wagen abgeholt, die zur Ausrüstung von Toledos Privatarmee gehörten. Belisa musterte den Altar mit ernstem Gesicht, betrat dann das Lazarett und fauchte Dr. Falke an.
    »Haben Sie nichts anderes als ein Bettlaken für den Tisch?«
    »Eine Zeltplane. Aber ich dachte, ein weißes Tuch sieht feierlicher aus.«
    »Ich werde eine schöne Altardecke sticken lassen.«
    »Das wird den Pater freuen. Es fragt sich nur, ob er sie braucht. Das werden wir in einer halben Stunde sehen.«
    Es sah so aus, als wäre eine Altardecke nicht nötig … eine Viertelstunde vor dem Beginn des Gottesdienstes war der Platz vor dem Lazarett noch menschenleer. Es schien, als würde der Platz gemieden, als mache jeder einen großen Bogen um ihn herum. Pater Burgos saß am Fenster, hatte den Kopf auf beide Fäuste gestützt und blickte verloren in die verlassene Gegend. Er war der einsamste Mensch. Miguel trat neben ihn und legte ihm die Hand auf die Schulter.
    »Wir halten die Messe«, sagte er tröstend. »Und wenn es Scheiße regnet.«
    »Das wäre noch ein Ereignis, über das man predigen könnte.« Burgos blickte seufzend auf seine Uhr. Noch zehn Minuten.

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