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Dschungel-Gold

Dschungel-Gold

Titel: Dschungel-Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sehen: Jeder Peso, jedes Gramm Goldstaub ist unsere Zukunft.«
    Belisa erhob sich von dem Sofa. Hier war eine Welt, in der sie sich erst einleben mußte. Ein besseres Leben als Ziel, erkämpft mit dem Einsatz des Unterleibs.
    »Ich werde alle Mädchen, die an der Decke sticken, so bezahlen, als hätten sie in dieser Zeit die Männer bedient. Du kennst den Stundendurchschnitt.«
    »Schwer zu berechnen.« Carmela wiegte ihren runden Kopf. Was hieß hier Durchschnitt? Die einen legten ein paar Gramm Goldstaub hin und durften einmal hüpfen, andere brachten Nuggets und bekamen eine Spezialbehandlung, die meisten aber, die nur mit Pesos zahlten, rammelten wie die Karnickel und flogen nach zehn Minuten wieder hinaus. Wie konnte man da eine Rechnung aufstellen? »Die Einnahmen wechseln.«
    In diesem Augenblick zeigte sich, daß Belisa García praktischer dachte als andere Menschen. Sie lächelte Carmela an, aber ihre Stimme ließ keinen Widerspruch mehr zu.
    »Rechnen wir den Erholungsnutzen hinzu«, sagte sie. »Wer stickt, schont seinen Unterleib. Das ist ein doppelter Effekt: Geld und Erholung. Ich glaube, das ist ein faires Angebot. Es könnte noch anders lauten: Ich befehle, die Decke zu sticken! Überleg es dir, Carmela.«
    Morales begleitete Belisa und ihre Brüder wieder hinaus auf die Straße. Was er gehört hatte, war kaum zu glauben.
    Eine Altardecke für eine Kirche in Diwata. Es war also doch kein Gerücht: Die neue Zeit begann mit Weihrauch. Etwas Verrückteres konnte es in Diwata nicht geben.
    Pater Burgos saß im Lazarett am Bett eines Goldgräbers, dem man wegen eines heimlich zur Seite geschafften Goldklümpchens ein Messer in den Leib gerammt hatte. Wer der Täter war, wollte das Opfer nicht verraten. Er war unvorsichtig gewesen, es war seine eigene Schuld. Man redete nicht über geheime Funde – das konnte tödlich sein.
    Paragraph eins des Gesetzes von Diwata.
    Dr. Falke hatte den Niedergestochenen zusammengeflickt. Die Operation war gelungen, wie so viele Operationen in den letzten Jahren. Trotzdem hatte der Verletzte kaum eine Chance zu überleben. Eine Infektion würde vollenden, was das Messer nicht geschafft hatte. Wundfieber, Wundbrand, Verjauchung der Wunde … seit Monaten gab es keine Antibiotika mehr im Lazarett. Was mit den Transporten aus Davao hereinkam, waren Pflaster, Binden, Äther, Morphium, Schmerztabletten und Kondome.
    Zögernd trat Belisa an das Bett des Schwerverletzten. Er lag im Koma und röchelte heiser. Pater Burgos blickte hoch.
    »Wie geht es ihm?« fragte Belisa.
    »Beschissen«, antwortete Dr. Falke, der hinter ihr stand.
    »Er wird nicht überleben?«
    »Ich habe wenig Hoffnung. Es liegt in Gottes Hand«, sagte der Pater.
    »Mir wäre lieber, Gottes Hand streute Penicillin über uns.« Dr. Falke legte die Hand auf die Stirn des Verletzten. Der Kopf glühte. »Haben Sie meine Notfall-Liste nach Davao weitergereicht?«
    »Der Hubschrauber hat sie am gleichen Abend mitgenommen.«
    »Das ist drei Tage her. Was ist gekommen? Nichts.«
    »Ich werde mich darum kümmern.« Belisa beugte sich zu Pater Burgos hinunter und stützte sich auf ihre Knie. »Sie werden eine schöne gestickte Altardecke bekommen.«
    »Vergelt's Gott. Von wem?«
    »Einige Mädchen werden sie herstellen.«
    »Eine Altardecke vom Puff?« Dr. Falke verschluckte ein brüllendes Lachen. »Ihr Kruzifix-Christus wird erröten, wenn Sie ihn auf die Decke stellen.«
    »Sie kennen die Bibel nicht, Doktor.« Pater Burgos gab Belisa die Hand. »Maria Magdalena war eine Dirne, und Jesus nahm sie in seine Arme und segnete sie. Die Decke der Mädchen wird beweisen, daß Gott auch in der armseligsten Kammer wohnt. Ich danke Ihnen, Mrs. García.«
    In der Nacht starb der Verletzte. Pater Burgos betete bei ihm, so wie er in den vergangenen Tagen auch bei den Ermordeten gebetet hatte, die man in den Schluchten und auf einem Maisfeld gefunden hatte.
    Dr. Falke saß neben ihm auf einem Schemel, drückte dem Toten die Augen zu und sagte:
    »Feierabend. Ziehen wir Bilanz. In zehn Tagen hatten wir fünf Tote. Wenn man zynisch denkt, könnte man zufrieden sagen: bei über zwanzigtausend Menschen, unter diesen Umständen, eine Erfolgsstatistik. In Städten dieser Größe, in Südamerika, in Asien, in Afrika, sogar in Europa eine bemerkenswert niedrige Quote. Nur vergessen wir dabei die Dunkelziffer.«
    »Sie meinen, es sind mehr gestorben?« Pater Burgos deckte ein Handtuch über das Gesicht des Toten. »Wo sind

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