Dschungel-Gold
Erstaunlich, wo Sie doch sonst alles wissen. Pérez hat die erste öffentliche Bedürfnisanstalt von Diwata gegründet. Einmal scheißen – fünfundzwanzig Centavo. Und er hat eisern gespart. Jetzt ist sogar eine Bank in Davao bereit, ihm einen Kredit für das Schwimmbad zu geben.«
»Und das alles wissen Sie und verschweigen es mir! Ist das der Dank für das Krankenhaus?!«
»Sie haben immer gesagt: Ich will keinen Dank. Daran halte ich mich … gehorsam …«
Belisa gab keine Antwort mehr, aber sie ging zum Tisch, nahm das Papier und zerriß den Antrag von Antonio Pérez. Dann stampfte sie aus dem Zimmer und warf krachend die Tür zu.
Miguel zuckte mit den Schultern und schob resignierend die Unterlippe vor.
»Da kann man nichts machen«, stellte er fest. »Das mit dem privaten Scheißhaus hat ihr den Rest gegeben. Bei ihr wird alles zu Geld, nur an Scheiße hat sie nicht gedacht. Das regt sie auf.«
»Und was wird nun?«
»Ich nehme an … das Schwimmbad bauen wir.«
»Und Pérez betrügt ihr um seine Idee und seinen Verdienst.«
»Wir werden ihn als Verwalter einstellen.« Miguel – ganz Bürgermeister – setzte sich hinter seinen Schreibtisch. »Er wird darauf eingehen. Vergessen wir nicht, daß wir jeden aus Diwata verjagen können. Hier gilt nur unser Wort.«
»Über Leben und Tod.«
»Sie sagen es, Doktor. Auch über den Tod! Das wird Antonio Pérez schnell begreifen …«
Die Tür flog wieder auf. Belisa kam in das Zimmer zurück. »Wir fliegen übermorgen nach Manila«, sagte sie in einem Ton, der einem Befehl gleichkam.
»Welch ein Entschluß!« Miguel rieb sich die Hände. »Da wollte ich schon immer hin.«
»Nicht du! Dr. Falke begleitet mich.«
»Belisa, Schwesterchen …« stotterte Miguel, von Enttäuschung geradezu überwältigt.
»Dr. Falke!« Sie sah den Arzt mit ihren blitzenden, fast schwarzen Augen an. »Wir bleiben drei, vier Tage. Richten Sie sich darauf ein.«
»Was soll ich in Manila?«
»Sie kennen doch Manila.«
»Ja.«
»Ich nicht. Sie werden mich herumführen.«
»Ich fürchte, daß ich nicht die richtige Begleitung bin.«
»Das bestimme ich!«
»Ich werde hier im Krankenhaus gebraucht, nicht in einem Luxushotel in Manila. Ich nehme an, Sie wollen wieder in einem Palast wohnen.«
»Ich habe als Kind und junges Mädchen immer davon geträumt, in einem seidenbezogenen Sessel zu sitzen und von uniformierten Kellnern bedient zu werden. Jetzt kann ich mir meine Träume erfüllen, wann und wo ich will. Und das ist übermorgen in Manila. Was ist das beste Hotel der Stadt, Dr. Falke?«
»Es gibt da mehrere.«
»Das allerbeste.«
»Jedes Hotel hat seinen eigenen Charakter. Das Mandarin Oriental ist anders als das Manila Península, und das Shangri-La-Hotel anders als das Century Park Sheraton. Und das elegante Manila-Hotel, ein Juwel Südostasiens …«
»Da buchen Sie!«
»Da kostet eine Suite dreihundertfünfzig US-Dollar.«
»Das ist alles?«
»Es gibt auch ein Penthouse. Pro Nacht zweitausend US-Dollar.«
»Das nehme ich.«
»Das wären bei vier Nächten achttausend Dollar. Nur fürs Schlafen.«
»Ist es Ihr Geld oder mein Geld?« Dr. Falke blickte kurz zu Miguel hinüber. Der machte ihm Zeichen und rollte mit den Augen. Sei still, sollte das heißen. Sei bloß still, Doktor. Nach diesen vier Tagen haust sie wieder in ihrer rattenverseuchten Bretterbude neben der Waschanlage. Ich habe es aufgegeben, mir Gedanken darüber zu machen, was in diesem Weibsbild, das meine Schwester ist, vor sich geht. Da kennt sich keiner aus. Das muß man hinnehmen wie ein Naturereignis.
»Und was wollen Sie in Manila?« fragte Dr. Falke. »Soll ich Karten besorgen? Für die Oper, für ein Konzert, für Pferderennen, für ein Spielcasino, für ein Volksfest?«
»Ich will Geld verdienen.« Belisa wandte sich wieder der Tür zu. »Viel Geld. Und dazu brauche ich Manila und das Penthouse des Manila-Hotels. Kennen Sie mich noch immer nicht, Dr. Falke? Ich investiere, um Mauern aufzubrechen. Jeder Dollar, den ich hinauswerfe, soll zehnfach zurückkommen. Das ist auch mit Ihrem Krankenhaus so. Sie machen darin die Leute schneller gesund, und um so eher können sie wieder Gold für mich schürfen. Man muß ein Leben berechnen können. Alles läßt sich in Zahlen ausdrücken, und dabei zeigt sich, daß die meisten Menschen ihr Leben, die Möglichkeiten ihres Lebens, verschenken. Welch ein Luxus! Jeder Mensch kann mehr aus sich machen, als er ist, aber die Zufriedenheit mit dem
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