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Dschungel-Gold

Dschungel-Gold

Titel: Dschungel-Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der Zustand, daß vierhundertsieben Huren für dreißigtausend Männer sorgen mußten, war ein echter Notstand – rief Ronaldo, ein stadtbekannter Schwuler, unter dem Gejohle der anderen Gäste:
    »He! Da mache ich mit! Der Pater soll mich als Meßdiener nehmen … ich stelle meinen Schwanz zur Verfügung!«
    An diesem Sonntag gab es sieben Tote. Eine Messerstecherei. Aber das hatte mit der Weihe der Kirche nichts zu tun … es war ein normaler Sonntagsdurchschnitt in Diwata.
    Antonio Pérez war ein stiller, unauffälliger Mann, immer höflich und hilfsbereit, und das schon von Berufs wegen, denn er hatte in Diwata eine Werkstatt gegründet, die alles reparierte, von der Schuhsohle bis zum Benzinaggregat, vom Transistorradio bis zum Laufband der Sägerei. Es gab nichts, was er nicht wieder in Ordnung bringen konnte; das machte ihn bei allen beliebt, zumal er als Bezahlung auch Geldscheine und nicht nur Goldstaub oder Goldkörner annahm. Er hauste in einer Hütte aus Schalholz und Wellblech, hatte seine Abwasserleitung bis zum Hauptgraben verrohrt und sich für teures Geld aus Davao ein richtiges Klosett kommen lassen. Dieses Klosett vermietete er … fünfundzwanzig Centavo für die einmalige Benutzung, aber es läpperte sich zusammen. Jeder freute sich darauf, statt in ein Erdloch oder in einen Plastikeimer einmal in ein ordentliches Porzellanbecken zu scheißen und es sich bei dieser Handlung richtig gemütlich zu machen. Das war fünfundzwanzig Centavo wert! Bald wurde das Klosett eine der Haupteinnahmequellen von Antonio Pérez … er überlegte sich, ob er nicht noch zwei Becken bestellen sollte, was sich auch positiv auf die Geselligkeit auswirken konnte. »Treffen wir uns bei Antonio zum Scheißen?« würde es dann heißen. Ein entspannender Plausch unter Männern.
    Dr. Falke hatte Antonio Pérez vor einem Jahr kennengelernt, als dieser gerade nach Diwata gekommen war. Er erschien wegen eines Schlangenbisses im Notlazarett, der zum Glück nicht giftig war, aber höllisch brannte. Bei der Behandlung wunderte sich Dr. Falke über die weiße Haut des Patienten.
    »Du bist kein Philippino?« fragte er.
    »Nein.«
    »Woher kommst du?«
    »Die Welt ist groß.« Eine ausweichende Antwort, die jede weitere Frage ausschloß. Dr. Falke ließ es dabei. Anonymität gehörte zum Lebensrecht in Diwata. Er sah Antonio Pérez erst wieder, als das Krankenhaus montiert wurde. Da war er einer der Arbeiter, die die Fertighauswände aneinanderfügten. Antonio, wie gesagt, konnte alles.
    »Ich beobachte Sie schon eine Zeitlang, Antonio«, sagte Dr. Falke zu ihm. Auf das übliche Duzen verzichtete er; irgendwie hatte er das Gefühl, daß dieser Pérez nicht zu dem menschlichen Müll gehörte, der sich in Diwata angesammelt hatte.
    »Wenn Sie nichts Besseres zu tun haben …« blockte Antonio sofort ab. Er saß neben einem Stapel Fertigteile – bereits verglasten Fenstern –, löffelte eine Gemüsesuppe mit Maiseinlage und kaute an einem Kanten Brot. Dabei blickte er an Dr. Falke vorbei, als stände der gar nicht vor ihm.
    »Ich suche einen tüchtigen Verwalter für mein Krankenhaus«, sagte Dr. Falke unbeirrt. »Hätten Sie Lust, das zu machen?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Ich bin gerne selbständig. Frei. Will über mich selbst bestimmen. Ich eigne mich nicht zum Knecht.«
    »Die Stellung eines Verwalters …«
    »Ich hätte immer einen Chef über mir. Sie. Das kann ich nicht ertragen. Ich bin mein eigener Chef.«
    »Indem Sie Klobecken von Scheiße säubern …«
    »In zwei Monaten habe ich sechs Becken! Dann werde ich eine Duschanlage installieren, als dritten Schritt ein Schwimmbad … wenn hier schon alles im Dreck versinkt, will ich eine Oase schaffen. Daß bisher noch keiner auf den Gedanken gekommen ist …«
    »Hier geht es nur um Gold.«
    »Diwata ist eine richtige Stadt geworden. Aus der kann man was machen, wenn man die nötige Energie hat. Ich habe sie, Doktor. Ich brauche mich nicht in den Berg zu wühlen und tonnenweise Gestein herauszuschaffen … der Berg kommt zu mir! Sehen Sie sich an: Wer sind Sie? Ein Arzt! Sie haben Schulen besucht, Sie haben jahrelang studiert, eine Reihe von Examen gemacht, ihren Dr. med. erworben … und was ist daraus geworden? Sie leben in einem höllischen Dschungel, unter dreißigtausend Menschen, die entwurzelt sind, fern jeder Moral, rechtlos, Sklaven des Wahns, einmal reich zu werden, arme Menschen, die nur den Kampf ums Überleben kennen und nicht zögern, des Überlebens

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