Dschungel-Gold
dem Beichtstuhl heraus und sprach aus seinem Versteck den Segen über sie. Nach vier Sonntagen wandte er sich an Dr. Falke.
»Wie kann man die Lady versöhnen?« fragte er.
»Überhaupt nicht.« Dr. Falke sah Burgos eindringlich an. »Machen Sie bloß keinen Versuch in dieser Richtung. Bleiben Sie in Deckung. Warten Sie, bis sie von sich aus kommt.«
»Glauben Sie, daß sie das tun wird?«
»Sie wird einen harmlosen Grund finden, wieder mit Ihnen zu sprechen.«
»Aber das kann lange dauern, nicht wahr?«
»Was bedeutet hier Zeit, Pater?« Dr. Falke hob die Schultern. »Hier in der Grünen Hölle steht die Zeit still. Wichtig ist nur, daß man den nächsten Tag erlebt.«
»Und wenn Sie mit der Lady reden?«
»Ich werde mich hüten!« Dr. Falke warf abwehrend die Arme hoch. »Mich mag sie – ich weiß nicht, warum – überhaupt nicht leiden. Aber sie braucht mich. Nur darum bin ich hier geduldet.«
Kurz nach diesem Gespräch bestellte Miguel, der Bürgermeister, Dr. Falke in die Verwaltung. Belisas ältester Bruder hatte Diwata gut im Griff, soweit das überhaupt möglich war. Aber ohne seine beiden Brüder wäre das eine unlösbare Aufgabe gewesen … der ›Kleine‹, Pedro, kontrollierte die Finanzen, und der Boxer Carlos sorgte für Ruhe und Ordnung. Seine ›Diwata-Miliz‹ knüppelte alles nieder, was nach Carlos' Ansicht die Ordnung störte. Diese Truppe hatte keine Waffen – die besaßen nur die Soldaten von Avila –, aber sie verfügten über Baseballschläger, dicke Knüppel, Eisenstangen und Kettenstränge und hinterließen damit nachhaltige Wirkung. Fast die Hälfte der im Krankenhaus versorgten Fälle bestand aus Opfern dieser Polizeitruppe. Zu Anfang gab es Gegenaktionen der Verprügelten, und Carlos hatte in seiner Ordnungsmannschaft neun Tote zu beklagen, aber dieser Widerstand schlief schnell ein, nachdem Carlos verkündet hatte, daß er vor einer Massenhinrichtung nicht zurückschrecken würde.
Im Bürgermeisterzimmer wartete schon Belisa, als Dr. Falke eintrat. Das verhieß nichts Gutes. Dr. Falke machte sich innerlich kampfbereit. Worum ging es hier? Er sah keine Angriffspunkte.
Miguel beugte sich über ein Blatt Papier. Auch das prädestinierte ihn zum Bürgermeister: Er konnte schreiben und lesen. Mit seinem dicken Zeigefinger tippte er auf das Papier.
»Da will einer ein Schwimmbad bauen!« sagte er. Es klang, als wolle er einen schmutzigen Witz erzählen. »Bei uns … ein Schwimmbad! Ein öffentliches Schwimmbad. Er beantragt eine Baulizenz dafür. Ein Irrer! Und er beruft sich auch noch auf Sie! Sie sollen die verrückte Idee für gut halten.«
»Ich habe nur gesagt: Man sollte sich das überlegen.«
»Sie haben also von den Plänen gewußt?« Belisas Stimme. Hart und schneidend. Dr. Falke wandte sich zu ihr.
»Ja.«
»Und haben geschwiegen!«
»Ist der Gedanke, ein Schwimmbad für die Allgemeinheit zu bauen, ein Vergehen? Ist jetzt schon eine Idee meldepflichtig?!«
»Ja!«
»Das muß man mir erklären. Ich bin anscheinend zu dumm, das zu verstehen.«
»Ein öffentliches Schwimmbad zu bauen, wäre eine soziale Aufgabe der Gemeinde. Nur hat keiner daran gedacht. Aber diese Idee des Antonio Pérez wäre ein Anstoß gewesen, wenn ich davon erfahren hätte.«
»Ich konnte kaum annehmen, daß Sie sich dafür interessieren würden.«
»Mich interessiert alles, was in Diwata passiert!« Jetzt war ihre helle Stimme fast schon ein Schreien. »Wer hat Ihr Krankenhaus gebaut? Wer die Kirche? Wer wird die Stadt kanalisieren? Wer wird aus den Slums feste Häuser machen? Wer modernisiert die gesamte Technik?«
»Und wer sorgt für Nachschub bei den Huren?« fiel Miguel ein. Ein stechender Blick seiner Schwester ließ ihn sofort wieder verstummen.
»Aber die Idee für ein öffentliches Bad wird unterschlagen!« schrie Belisa.
»Wollen Sie denn eins bauen?« fragte Dr. Falke überrumpelt.
»Ich werde mich mit dem Plan beschäftigen.« Belisa hatte sich etwas beruhigt. »Wer ist dieser Antonio Pérez?«
»Ein Anonymer wie Tausende in Diwata.«
»Sie wissen nicht, woher er kommt?«
»Wird hier danach gefragt?«
»Wo hat er das Geld her, solche Pläne zu realisieren? Er kann doch nur unser Gold gestohlen haben!«
»Irrtum!« Es tat Dr. Falke gut, jetzt weiterzusprechen. »Sein Kapital ist zusammengeschissen …«
»Was ist es?« rief Belisa, die schon wieder wütend wurde.
»Er hat ein Loch in Ihrem sozialen Netz entdeckt und es geflickt. Haben Sie noch nicht davon gehört?
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