Dschungel-Gold
»Die Kerle werden ins Wasser pissen und in irgendwelche Ecken scheißen, sie werden die Mädchen mit ins Schwimmbad nehmen und Massenvögeleien veranstalten, es wird Totschläge am laufenden Band geben, in vier Wochen sieht alles aus wie eine Jauchengrube. Jungs, wir kennen doch diese Burschen!«
»Wir werden sie wie Raubtiere bändigen!« sagte Carlos.
»Eher kriegst du einen Tiger dazu, dir die Eier zu lecken, als Ordnung in diese Bande zu bekommen!«
»Avila wird eine Ordnungstruppe gründen.« Carlos ließ eindrucksvoll seine Muskeln spielen. »Jeder, der sich danebenbenimmt, wandert ein paarmal unter'm Bambusstock herum. Wenn das nicht hilft, brechen wir ihm irgendeinen Knochen. Im Notfall lernt er im Scheißsee schwimmen. So etwas spricht sich rum und schafft Ordnung. Ordnung ist Überzeugungsarbeit.«
»Solche Probleme habe ich bei meinen Puffs nicht!« gab Morales stolz zur Kenntnis. »Da ist das Problem nur die lange Wartezeit.«
»Irrtum! Dein Problem ist: Woher nehme ich die neuen Mädchen?« Miguel stand vor schweren Fragen. »Wer nach Diwata kommt, muß schon dreimal abgebrüht sein.«
»Und das allergrößte Problem deckt ihr mit Schweigen zu: Was sagt Belisa dazu? Sie allein kann alles genehmigen.«
»Wir müssen sie überzeugen«, rief Carlos.
»Belisa überzeugen? Wir?! Kannst du gegen einen Orkan anpusten?!«
»Es stimmt. Wer kann Belisa überzeugen?« Pedro zählte an den Fingern ab: »Neue Bordelle. Ein Schwimmbad. Ein Freizeitpark. Ein Restaurant … Jungs, das ist doch Wahnsinn. Sie hält uns für verrückt.«
»Ich hätte eine Idee«, sagte Pérez bescheiden.
»Noch eine! Welche denn?«
»Wenn wir alle Pläne zunächst dem Doktor vortragen … Und dem Pater.«
»Der Pfaffe soll Puffs unterstützen?!« Carlos brach in schallendes Lachen aus. »Und der Bischof von Davao soll sie einweihen!«
»Der Doktor hat großen Einfluß auf Belisa.«
»Wenn es um sein Krankenhaus geht. Da geht es um die Gesundheit und um die Erhaltung der Arbeitskraft. So sieht es Belisa.«
»Auch im Puff geht es um die Gesundheit!« rief Morales enthusiastisch. »Ein guter Fick belebt die Geister, gibt Mut, hier in diesem Dreck weiterzuleben, ist Zärtlichkeit, die neue Kraft gibt. Im Krankenhaus macht man die Kranken gesund … im Puff bleiben die Gesunden gesund! Das ist wertvolle Lebenshilfe. Darüber sind Tausende Bücher geschrieben worden. Und ihr alle wißt, daß das die Wahrheit ist.«
»Ich nehme die Idee von Pérez an … sprechen wir zuerst mit dem Doktor.«
Miguel war froh, dieses Problem zur Seite wälzen zu können. Ihn plagten andere Sorgen: Eine Außenstelle des neuen Landwirtschaftsgutes war in der Nacht überfallen worden. Die erste Ernte – Bananen, Ananas, Mais und Mango – war aus dem Lagerhaus gestohlen worden. Nach dem Überfall hatten die Banditen die Halle angezündet … sie war bis auf das Fundament abgebrannt. Die Landarbeiter, die geflüchtet waren, um ihr Leben zu retten, denn wer will schon wegen Mais oder Bananen zu Helden werden, berichteten, daß es ein Rebellentrupp gewesen sei. Rebellen, die als ›Untergrundarmee‹ in den Urwäldern lebten und um ein selbständiges Mindanao kämpften. Avila war mit einer Kompanie von Toledos Privatarmee bereits zur Verfolgung aufgebrochen, es war alarmierend, daß die Rebellen auch Diwata angriffen und beraubten.
Die Gefahr war nicht nur spürbar, sondern greifbar. Der Überfall aus dem Dunkel der Wälder reizte dazu, die bisher ungeschriebenen Gesetze auch innerhalb der Höllenstadt zu mißachten. Bisher hatte es nur vereinzelte Diebstähle, Überfälle, Raubtaten oder Einbrüche gegeben – meistens von Neuankömmlingen, die die Diwata-Gesetze erst noch lernen mußten –, aber solche Vorfälle waren schnell bereinigt: Man hängte die Kerle auf, ersäufte sie im Scheißesee, köpfte sie mit der Machete oder schnitt ihnen die Hoden ab. Das galt als geringfügige Strafe, wenn Avila einen guten Tag hatte.
Bei Einzeltätern war so etwas wirksam. Was aber konnte man tun, wenn sich kriminelle Trupps von dreißig oder fünfzig oder gar hundert Mann bildeten und die Stadt mit Terror überzogen? Wenn Mafia-Methoden einrissen und die Stadt in Angst versetzten?
In der Nacht noch, als der Überfall auf das Gut bekannt geworden war, hatte Miguel seine Befürchtungen ausgesprochen.
»Darauf habe ich die ganze Zeit gewartet«, sagte er mit düsterer Miene. »Ich habe es nur nicht ausgesprochen. Bei dreißigtausend Halunken gibt es sicherlich
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