DSR Bd 4 - Das Schattenlicht
Fragen und Anträge, wie man am besten verfährt, in Erwägung ziehen.« Sie hielt immer noch den Hammer, als sie ihre Hand dem italienischen Priester entgegenstreckte. »Bruder Gianni, würden Sie bitte herkommen?«
Gekleidet in seinen allgegenwärtigen schwarzen Anzug und mit frisch gestutztem Bart, offenem und gewinnendem Gesichtsausdruck, sah er wie das Abbild von einem schicken Lieblingsonkel für jedermann aus – falls besagter eleganter Verwandter zufällig ein italienischer Priester war. Er dankte Mrs Peelstick und Brendan für die Erlaubnis, das Wort an die Gesellschaft richten zu dürfen, und bat die Mitglieder um freundliche Nachsicht, falls sein Englisch nicht der Aufgabenstellung angemessen war. Anschließend setzte er zu einem prägnanten Vortrag über die Schöpfung an, und schon bald strengte sich jeder an, mit den Ausführungen Schritt zu halten.
»In meinen Jahren als Priester und Wissenschaftler bin ich von zwei miteinander verbündeten Prinzipien geleitet worden«, begann Gianni. »Das erste lautete, dass das Universum für einen bestimmten Zweck erschaffen worden ist. Und das zweite: dass der Zweck, für den es erschaffen worden ist, von einem liebenden Schöpfer gesteuert worden ist, der sich wünscht, dass der Zweck des Universums erfüllt werden sollte.«
Er hielt zwei Finger hoch, als würde er dadurch den Beweis für diese Behauptung zeigen. »Von diesen zwei Prinzipien leiten alle Dinge unter Himmel und Erde ihren Sinn ab. Von diesen zwei einfachen Prinzipien gewinnen wir unser Verständnis von der Schöpfung. Das Erste, was wir erkennen, ist, dass die Schöpfung nicht ein Geschehen darstellt, das nur ein einziges Mal am Anfang der Zeit stattgefunden hat: Vielmehr ist sie die Beziehung von jedem Moment der Zeit zu der ewigen Realität des Schöpfers, der seine Schöpfung kontinuierlich nährt und aufrechterhält – aus seinem Wunsch heraus, dass ihr Zweck erreicht werden möge. Hieraus können wir die aktive, fortlaufende Mitwirkung eines weisen und wohlwollenden Schöpfers erkennen, der direkt eingeschaltet ist in die Arbeit, die er bestimmt hat – nämlich jeden Teil seiner Schöpfung zu ihrer vollsten Reife zu bringen im Verhältnis zum göttlichen Zweck. Wir können einen Augenblick lang innehalten, um uns selbst zu fragen, was dieser Zweck der Schöpfung ist, den Gott wünscht. Mit anderen Worten: Auf was für ein Ende ist das Universum ausgerichtet?«
Gianni blickte sich langsam im Raum um, die runden Ränder seiner Brille glitzerten im Kerzenlicht. Er stellte die Frage erneut und lieferte dann selbst die Antwort: »Wir glauben, dass das Universum erschaffen wurde, um bewusste Akteure hervorzubringen, die teilhaben können an dem Verständnis und der Wertschätzung von göttlicher Güte, was die Natur Gottes ist, von göttlicher Schönheit, was die Freude Gottes ist, und von göttlicher Wahrheit, was die Weisheit Gottes ist. Weiterhin glauben wir, dass der Zweck des Universums, eigenständige, bewusste Akteure hervorzubringen, auf das höchste Ziel ausgerichtet ist, die gesamte Schöpfung mit dem göttlichen Leben zu vereinen.«
Gianni begann, entlang der vordersten Reihe von Stühlen langsam auf und ab zu gehen; er erinnerte Kit an einen Professor, der vor Studenten eine Vorlesung hielt. Kit begriff außerdem eines: Was Gianni gerade gesagt hatte, war mit so viel Sinn befrachtet, dass es einige Zeit dauern würde, all die Implikationen dieser Ausführungen herauszuarbeiten, und er war sich nicht sicher, ob er dafür die passenden Werkzeuge besaß.
»Daraus folgt, dass Menschen zentral für den fortlaufenden Zweck und die Funktion des Universums sind. Als Objekte der göttlichen Absicht sind wir mit dem Kosmos seit seinen Anfängen verschränkt. Unsere Körper, wir selbst also, sind aus Elementen gemacht, die in Sternen geformt wurden – in Himmelskörpern, die vor Milliarden von Jahren in weit entfernten Galaxien geboren wurden und lebten und starben. Wir sind buchstäblich Sternenstaub. Alles ist, wie es sein musste, um uns ins Dasein zu bringen. Wir sind keine Glückstreffer oder Zufälle oder unbedeutende und belanglose Parasiten, die zufällig aufgekommen sind, nur um im Nichts zu verschwinden, wenn unsere Überlebenskraft sich erschöpft hat. Vielmehr sind wir die Nutznießer von komplexen Prozessen, die vor dem Urknall anfingen – dem Alpha-Punkt, ja? Dessen Abläufe wurden eingerichtet, um aktive und eigenständige, bewusste Akteure hervorzubringen, die imstande
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