Du bes Kölle: Autobiografie
Kameras, und an der einen vorbei musst du eine Banane laufen, weil so ein Bogen gut aussieht. Bei der zweiten musst du aufpassen, dass du nicht aus dem Licht gehst, und bei der dritten darfst du keinen Schatten machen.
DER SCHÖNSTE DREHORT DER WELT
Jaco Kließ, so steht es in seiner Vita, ist ein lebensfroher Typ, geradeheraus und gerechtigkeitsliebend. Ein guter Kerl also, der sehr idyllisch auf einem Hausboot wohnt. Dort wurden auch ein paar Szenen gedreht, unter anderem hatte er einmal ein Fisternöll mit einer Prostituierten. Die hatte er zusammen mit Darius vor irgendwelchen Loddeln gerettet. Und in der Folge wohnte er eine Weile mit ihr zusammen auf dem Hausboot. Außerdem ist er Schlagzeuger, das passte ja. Jaco hat eine Band und träumt davon, ein berühmter Musiker zu werden. So ganz jung ist er aber nun nicht mehr, deshalb wird das schwierig mit der Bühnenkarriere. Genauso leidenschaftlich, wie er trommelt, fährt er allerdings auch seinen Lkw, und das kam mir ebenfalls entgegen. Ich bin immer gern Auto gefahren, ob mit der Familie, den Bandbus oder meine Oldtimer. Für die »Anrheiner« habe ich nicht nur den Lkw-Führerschein gemacht, sondern ich darf seitdem auch offiziell Gabelstapler fahren.
Neben der Arbeit wird viel gelacht auf so einem Dreh. Und manchmal gibt es Ärger. Ich war zum Beispiel der Einzige, der am Set geraucht hat. Trotz Verbot habe ich mir da immer meine Zigarren angesteckt. In der Hinsicht bin ich wie Helmut Schmidt, da kenne ich nichts. Wenn ich meinen Einsatz hatte, musste die Zigarre irgendwo abgelegt werden, und nicht nur einmal hat die irgendwer entsorgt. Meine Havanna! »Die hat 16 Euro gekostet!«, schrie ich. »Seid ihr wahnsinnig?!« Ich dachte mir: Engel, du kommst aus Sülz, du bist von der Straße. Und das kannst du jetzt auch mal richtig rauslassen. Aber im nächsten Moment lache ich über so etwas, alles ganz harmlos.
Auch mit Ernst Hilbich bin ich mal aneinandergeraten. Da habe ich ihn mir zur Brust genommen, weil er irgendeinen jungen Schauspieler ungerechtfertigt niedergemacht hatte. »Ernst«, habe ich gesagt, »das kannst du nicht bringen, das war nicht in Ordnung.« Hat er auch eingesehen, deswegen bricht einem Ernst Hilbich kein Zacken aus der Krone.
Solange ich fest im Ensemble war, habe ich mir jede einzelne Folge angesehen. Wenn ich keine Zeit hatte, wurde die aufgenommen, da gab es nichts. Ich wollte immer wissen: Ist das gut, was du da gemacht hast? Und was soll ich sagen, meistens war ich zufrieden. Auch mit den vermeintlich heiklen Momenten, die es immer wieder gab. Bei den »Anrheinern« wurde geküsst und geliebt, einmal hatte ich sogar ein Verhältnis mit Samy Orfgen. Da liest du dann im Skript, dass du beim nächsten Dreh eine Kussszene mit der Samy hast. Kein Problem, da sage ich: »Samy, hauch mich an.« Und dann küssen wir uns eben.
Härter sind eigentlich die Situationen, in denen es ans Eingemachte geht. Traurige Szenen musst du wirklich spielen, da kannst du nicht mal eben durch. Wenn du dabei nicht Gas gibst, nimmt dir das keiner ab. Aber wenn es dir gelingt, richtig einzutauchen in deine Rolle, ist das wie ein Kick. Ich muss sagen, unterm Strich hat mir diese Arbeit viel Spaß gemacht. Nicht zuletzt wegen der Kulisse, denn dort in Mülheim befindet sich der schönste Drehort Deutschlands: Du bist direkt am Rhein und fühlst dich wie im Urlaub. Da hinten liegt der Mülheimer Hafen, dort der Katzenbuckel, die kleine Fußgängerbrücke, und drüben am anderen Ufer blickst du auf Riehl. Unsere Gebäude, das kommt noch hinzu, waren alle voll funktionsfähig. Das sind nicht nur zweidimensionale Fassaden, sondern in der Kneipe Zum Anrheiner kannst du wirklich tanzen und Bier trinken. Und in der Spedition Krings echte Lkw parken.
Später wurden die Außenaufnahmen reduziert, zu teuer, hieß es. Aber anfangs ist Jaco noch mit dem Laster durch die Landschaft gedüst. Und die Kamera musste nebenherfahren. Einmal ist er sogar nachts auf einer Raststätte überfallen worden. Sehr aufwendig. Bei solchen Geschichten war auch immer die Polizei dabei, um die Straßen abzusperren.
Mein Abschied von den »Anrheinern« nach 14 Jahren und 612 Folgen hatte jedoch weniger mit Budgetproblemen als mit einer völligen Neuausrichtung der Drehbücher zu tun. 2011 sollte die Chose plötzlich in eine Krimiserie verwandelt werden, und auch der Titel wurde geändert: »Ein Fall für die Anrheiner« lautet er seitdem. Das war ein Relaunch trotz guter Quoten. Was das
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