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Du bes Kölle: Autobiografie

Du bes Kölle: Autobiografie

Titel: Du bes Kölle: Autobiografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Engel
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richtigen Kracher entwickelt. Ein echtes Highlight war immer meine parodistische Nummer als Doof Noss alias Hans Hachenberg. Den Hans habe ich schon als Kind bewundert und mich über seine Büttenreden immer beömmelt. Die Stimme habe ich im Ohr wie meine eigene, und ich kann sie auch eins zu eins imitieren – inklusive des Bergisch Gladbacher Akzents. In der Bütt hat er stets den kleinen Jungen gegeben, der – unendlich langsam – von seiner Familie erzählte:
    »Weihnachten wor et imme (das ›r‹ fehlt in BG!) schön. Ming Schwester, et Ludmilla, hät e heiß Hösje kräje, de Mamm e schön neu Naakshemp, un dem Opa hammer et Luffkesse neu objeblose. Ich wullt e Fahrrädche han. Han ich ävver nit jekräje. Sät de Mamm: ›Es ze dür, wünsch d’r jet anderes.‹ – ›Dann wünsch ich m’r, eimol met dir Mama un Papa ze spille ...‹«
    Ist klar, jetzt spitzten die Leute endgültig die Ohren, und vielleicht kriegten sie ein bisschen Schiss vor dem, was nun kommen mochte. Aber die Doof Noß fuhr unbeirrt fort: »›Dat darfste.‹ Ich jon no bovve en et Schlofzimmer, trecke dem Pap singen neuen Anzoch an, kumme widder runder un sare: ›Mamm, treck dich an, mir jon dem Klein e Fahrrädche kaufe.‹«
    Wenn er beim Weihnachtsengel mal im Saal war, kam der Hans immer kurz zu mir auf die Bühne. Auch wenn ich in Bergisch Gladbach spiele, ist er immer da. Seit jener frühen Weihnachtsengel-Zeit haben wir uns angewöhnt, im Frühjahr einmal miteinander zu frühstücken. Organisiert werden diese Treffen immer von unserem gemeinsamen Freund Burkhardt Unrau aus Bergisch Gladbach. Und der ist wiederum zugleich Inspizient bei den Weihnachtsengel-Shows.

2006 bis heute

DU BES KÖLLE
    Letztendlich ist der Weihnachtsengel ein großes Freispiel für Jürgen und mich. Auf der anderen Seite muss so eine Show aber auch jedes Jahr aufs Neue mit Inhalt gefüllt werden. Schließlich will man sich nicht dauernd wiederholen. Es sei denn, man hat ein paar Klassiker im Repertoire, an denen sich das Publikum nicht satthören kann. Seit 2006 bin ich auf diesem Gebiet um eine Nuance reicher.
    Im Jahr 2005 hatte diese seltsame Medienkampagne namens »Du bist Deutschland« begonnen. Damit sollten die Eigeninitiative und das Selbstvertrauen der Deutschen gestärkt werden, die Werbung wurde in Zeitungen geschaltet und lief im Fernsehen. Aber als ich das erste Mal jemanden sah, der diesen Satz von sich gab: »Du bist Deutschland!«, da habe ich mich richtig erschreckt. Ich dachte: »Dä, jetz es et esu wick.«
    John F. Kennedy hat einmal sinngemäß gesagt: »Warte nicht darauf, was dein Land für dich tut, sondern sieh zu, was du für dein Land tun kannst.« Aber damit hatte jener Werbespruch für mich nichts zu tun. Das war einfach nur eine ganz kalte Imagenummer, mit der die Politik entlastet und die Verantwortung für den Schlamassel hintenrum den Menschen übertragen werden sollte. Natürlich dürfen wir alle wählen gehen, aber was bedeutet das schon? Ich fand die Sache durchschaubar und plump, nie hätte ich mich zu jenen Prominenten gesellt, die dafür ihr Gesicht hergaben. Also stellte ich mir die Frage, wie dieser Spruch wohl auf Köln bezogen klänge: »Du bist Köln«, das bleibt zunächst mal der gleiche Blödsinn wie die Vorlage. Aber dahinter tat sich für mich eine zweite Ebene auf. Und auf der sah ich Köln als die Stadt, die nie genug von sich bekommt.
    »Köln ist mein Leben«, »Kölle es e Jeföhl« und all das: Damit kann ich nichts anfangen. »Liebe deine Stadt« und so weiter, alles Blödsinn, habe ich keinen Vertrag mit. Das ganze Kölschtheater bewegt sich in keinem vernünftigen Verhältnis mehr, das ist alles Dumdudelei. Viele Leute reden über Köln, als könne die Stadt etwas dafür, wie es ihnen geht. Als wenn Steine eine Seele hätten. Dabei sind es doch ausschließlich wir Menschen, die die Stadt zu dem machen, was sie ist. Aber die Kölner Selbstbesoffenheit führt zu diesen Schwadronen von Liedern, in denen immer und immer wieder derselbe Schmu erzählt wird.
    Wer in einem Köln-Song nicht wenigstens ein bisschen Kritik unterbringt, dä hät d’r Knall nit jehot, wie man so schön sagt. Ist Köln denn schön? Diese Stadt hat riesige Schattenseiten, furchtbare Ecken und Kanten, die man nicht ausblenden darf. Selbst das beliebte Panorama von Deutz in Richtung Dom zeigt doch eigentlich nur eine Altstadt, die in Wirklichkeit gar nicht alt ist.
    Heinrich Böll meinte zu Recht, dass Köln nach dem Krieg

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