Du bes Kölle: Autobiografie
verdanken. Wie die Band aus dem Bergischen stammte, so lag auch »unsere« Tankstelle dort, genauer gesagt: an der Kölner Straße in Bensberg. Dabei handelte es sich um eine schöne alte Fifties-Tanke von Aral. Weiß und blau, mit einem elegant geschwungenen Dach und einem dem entsprechenden Kassenhäuschen im Stil der Zeit. Das Ganze in gelbes Licht getaucht und zur Straße hin zwei der typischen Aral-Säulen: Dieses komplette Ensemble könnte man heute als Kulisse für eine nostalgische Motorradreklame nutzen.
Der Chef der Tanke hieß Pilli, so nannten wir ihn jedenfalls. Pilli reparierte als Mechaniker die Autos, Charlie übernahm den Tank-dienst. Der schlief sogar in jenem Kassenhäuschen. Weil ich ihn morgens schon mal wecken musste, weiß ich, dass er unglaubliche Schweißfüße hatte. Diese Tür konnte man nur mit einer Klammer auf der Nase öffnen. Aber der alles vernichtende Gestank dort drinnen war sicher nicht der Grund dafür, dass ich auch in Bensberg nur ein paar Wochen aushalf. Denn zu jener Zeit Ende der 60er hatte ich schon Dieter Dierks kennengelernt, mit dem ich dann bei Hush auch zusammen spielte. Als ich ihn bei einem seiner Gigs traf, erzählte er von seinem kleinen Studio in Stommeln. Und ich solle doch mal vorbeikommen, um mir sein Reich anzusehen. Wahrscheinlich hatte er auch seinerseits diesen kleinen Kerl mal hinter dem Schlagzeug beobachtet und gedacht: »Wat is dat dann? Der ist ja gar nicht schlecht.« Ich denke, ich kam ganz gut rüber damals, zumal ich ja auch noch manche Nummern sang.
Die Reise nach Stommeln sollte ich jedenfalls nicht bereuen, denn was mich dort erwartete, war unglaublich! Vorne enterte man den Edeka-Laden der Mutter, der im Parterre eines kleinen Häuschens lag. In diesem Geschäft konnte sich ein erwachsener Mensch so gerade auf der Stelle drehen. Durch den Flur gelangte man in den Aufnahmeraum, der nicht größer war als ein Hühnerstall. Das war der Bereich, den Dieter sein »Studio« nannte. Winzig klein, aber relativ hoch. Über eine Treppe erreichte man den Regieraum, in dem man dann allerdings nicht stehen, sondern nur sitzen konnte. Dieter Dierks besaß anfangs die typischen WDR-Maschinen: Telefunken, TK-Nummer Sowieso mit 38er-Geschwindigkeit und Senkeln – so nannte man das dünne, auf Spulen gezogene Tonband.
Was kann man hier wohl anstellen, fragte ich mich skeptisch. Aber der Dierks hatte seinerzeit bereits so einiges am Start, tolle Sachen zum Teil. Damals bei meinem ersten Besuch erzählte er mir von einem WDR-Projekt namens »Ihre Heimat – Unsere Heimat«. Dafür kämen türkische Musiker zu ihm ins Studio, um etwas einzuspielen. Jenseits dessen suche er aber auch nach Musikern für eine neue Band. Er sei da in Kontakt mit einem Gitarristen aus Düsseldorf, einem Bassisten und einem Keyboarder. Er selbst spielte ebenfalls Gitarre und wollte wissen, ob ich nicht Lust hätte, mit einzusteigen. Und natürlich stand auch direkt im Raum, dass man hier etwas aufnehmen könnte. Und diese Vorstellung – Studio, Demoband, Professionalität – gefiel mir sehr.
EIN BULLI T1 ALS BANDBUS
Dieter Dierks war zugleich ein Träumer und ein Macher. Für unsere Band Hush konnte er schnell einige Gigs an Land ziehen. Wir haben selten geprobt und viel improvisiert. Ein paar Stücke hatten wir drauf, etwa »Rolling on the River« von Creedence Clearwater Revival. Damit sind wir auf Schiffen aufgetreten, vor Düsseldorfer Studenten, überall. Sogar einen Riesen-Gig in Baden-Baden beim Rundfunk hatte Dieter organisiert: Die Musik für ein Hörspiel brachte richtig Geld in die Kasse. Damals verdiente ich meinen ersten 1000er – einen Schein, den ich nie zuvor in der Hand gehabt hatte.
Besonders in Erinnerung geblieben ist mir der Große Sendesaal dort mit seiner reichhaltigen Ausstattung an Musikinstrumenten. Ich wage zu bezweifeln, dass wir da immer wussten, was wir eigentlich machten. Aber letztendlich kam etwas Gutes, ziemlich Schräg-Psychedelisches dabei heraus. Und der Sprecher Volker Lechtenbrink sagte Sätze wie: »Da ist Gott, der bekannte Reporter, der quer über Chicago Beweismaterial filmt fürs Jüngste Gericht.«
Viel unterwegs waren wir, und irgendwann hatten wir sogar einen eigenen Bandbus. Eines Tages lagen Dieter und ich hinter unserer Wohnung in der Waldstraße 231 in Grengel: Dort haben wir den 30-PS-Motor meines alten VW Standard ausgebaut und in den VW-Bus eingesetzt. Dafür haben wir Steine aufgestapelt und zwei Latten quer gelegt. Keine
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