Du bes Kölle: Autobiografie
verhielt.
In jener Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1969 kam ich gegen 2 Uhr aus Hamburg weg. Damals brauchte man für die 450 Kilometer noch deutlich länger als heute, unter fünf Stunden ging da gar nichts. Als ich am frühen Morgen in Köln ankam, führte mein erster Weg zum Bahnhof. Ich kaufte einen Strauß Blumen und jagte dann weiter nach Bensberg zum Krankenhaus. Aber ich kam zu spät, René war schon geboren.
1970 bis 1974
IB’N DIB’N DAB
Wir spielten mit Hush auf einem Rheinschiff der KD, als ich ein bekanntes Gesicht im Publikum ausmachte: Erry Stoklosa, damals bei den Stowaways. Dieter, Frieder, Werner, Quammi und ich spulten unser schmales Programm herunter, improvisierten einen Blues in E und einen in A, um die ganze Chose auf die nötige Länge zu ziehen. »Lehn dich zurück«, sagte ich zu Erry, »das wird ’ne lange Schiffstour.«
Erry Stoklosa kannte ich zu diesem Zeitpunkt schon länger. Der kam ursprünglich von den Beat Stones, bei denen auch Hartmut Priess spielte. Der Name Beat Stones, klar, ist eine Mischung aus Beatles und Stones. Man kann drüber streiten, ob das besonders originell war, aber auf jeden Fall hatten sie einen gewissen Erfolg. Die Band kam zwar aus Porz, war aber in den 60ern durchaus eine kölnweite Größe. Ich selbst fand die richtig gut, und als ich noch bei Guys and Doll war, sind wir sogar ein Mal gemeinsam mit den Beat Stones aufgetreten. Das war im alten Scala-Kino in Porz-Mitte im Rahmen der Saturday-Beat-Night. Die Beat Stones als die Lokalmatadoren durften natürlich als Letzte auf die Bühne. Und Helmut »Heli« Stauss, völlig wahnsinnig, zertrümmerte zum Schluss vor allen Leuten sein komplettes Schlagzeug. So Who-mäßig, womöglich spielten sie sogar »My Generation« dazu. Ein Vermögen hatte das gekostet, und dann war’s kaputt. Später, als wir mit den Bläck Fööss regelmäßig im Millowitsch auftraten, kam der Heli mal zu Besuch. Da war er schon lange nach Berlin ausgewandert und Schauspieler geworden. Wohl deshalb hatte er an jenem Abend auch Götz George im Schlepptau.
Die Stowaways hatten in der Zeit, bevor Erry bei ihnen spielte, sogar schon eine Platte aufgenommen: mit Rainer Pietsch – Musiker, guter Arrangeur, später in München Plattenproduzent. »Die Liebe heißt Love«, das war die A-Seite, ein selbst komponierter Song. Und das Lied auf der Rückseite hieß »Ib’n Dib’n Dab«, eine Nummer, die wir 1975 mit den Fööss für das »Lück wie ich un du«-Album noch einmal auf Kölsch einspielten. Außerdem bestand schon vor meiner Zeit eine Connection zu »Bettys Beat-Box-House«, einer damals sehr beliebten Musiksendung im WDR-Fernsehen. Heute würde man wohl sagen, die Stowaways verfügten über ein tolles Netzwerk.
BLINDE PASSAGIERE
Die Stowaways gab es lange vor den Beat Stones. Merkwürdiger Name, dachte ich mir immer, wie kann man sich so nennen? Übersetzt bedeutet das »blinde Passagiere«. Damit wollte man wohl zeigen: »Luurt ens, mir künne Englisch.« Heute klingt das allerdings eher nach Pennälerquark. Und als ich bald selbst dabei war, stellte ich fest: Niemand wusste, wie dieser Name geschrieben oder ausgesprochen wurde. Und das ist nicht gerade günstig, wenn man bekannt werden will.
Noch weiter zurück reicht der Name Plack-Fizzles, so nannte sich die Band zur Elvis-Zeit. Dass Plack-Fizzle so viel wie Pocken- oder Pickelgesicht heißt, muss man nun gar nicht mehr kommentieren.
Damals nach dem Schiffsgig haben Erry und ich uns lange unterhalten. Ganz unverbindlich zunächst einmal. Das entscheidende Gespräch fand dann im Kölner Süden statt. Bonner Verteiler, rheinwärtige Tankstelle – das klingt nach einem konspirativen Treff. Aber die späteren Fööss, muss man wissen, waren immer eine sehr praktisch orientierte Band. Dementsprechend war jener Ort nur ausgewählt worden, weil er so schön in der Mitte lag. Erry und ich, die wir beide aus Porz kamen, mussten lediglich über die Rodenkirchener Brücke, schon waren wir da. Und auch der Rest der Band war komplett erschienen: Harry Braschoß, Fred Hook, Hartmut Priess und Peter Schütten. So wurde das Tankstellenrestaurant am Bonner Verteiler letztlich zur Wiege der Bläck Fööss. Ein historischer Ort sozusagen, auch wenn ich das eher als kleinen Schritt innerhalb einer langen Geschichte empfinde.
Um das Treffen vorzubereiten, war Bubi Lypold, damals Manager der Stowaways, zu mir nach Grengel in die Waldstraße gekommen. In unsere winzige Bude dort, wo wir
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