Du bes Kölle: Autobiografie
etwas gab es damals noch nicht, und ich bin mir sicher, es hätte auch nicht so gut ausgesehen. Jede einzelne Büste, jeder Kopf wurde lebensgroß auf Fotopapier gebracht, das verschlang schon einen Großteil der Gesamtkosten. Sogar die Blumen waren echt, die wurden aus Düsseldorf rangekarrt und mussten frisch gehalten werden. Viel Arbeit war das, aber sie hat mir großen Spaß gemacht. Da entstand etwas sehr Komplexes, in dem viel Herzblut steckte. Und ganz nebenbei ist dieses Cover auch dafür verantwortlich, dass ich mich manchmal zu Tode erschrecke, wenn ich in meinen Keller gehe. Denn da steht, in Lebensgröße: mein Vater.
AUS DER SEELE SINGEN
Ins Jahr unseres 20. Geburtstages fiel auch einer unserer spektakulärsten Auftritte. Ladysmith Black Mambazo waren in Südafrika seinerzeit echte Stars, und mit ihnen sollten wir 1990 mehrere Auftritte haben.
Ursprünglich hatte Hartmut Priess erste Kontakte mit dem Verkehrsamt der Stadt geknüpft. Hat er gut gemacht, da bin ich ihm bis heute dankbar für. Aber im ersten Moment war ich überaus skeptisch. Ich dachte: zulu? Ich soll zulu singen?
Ich habe immer einen gehörigen Skrupel vor Dingen, mit denen ich zuvor gar nichts am Hut hatte. Und ich dachte auch anfangs: Verdammt, daran verheben wir uns. Wer sind wir denn, dass wir mit dieser südafrikanischen Band auftreten und Songs wie »Homeless« singen?! Zu der Zeit gab es zum Beispiel schon »Graceland«, die Paul-Simon-LP von 1986, die er unter anderem mit Ladysmith aufgenommen hatte. Das war natürlich ein ungeheuer hoher Maßstab. Was Simon auf dieser LP leistet, ist extrem beeindruckend. Sehr behutsam ist er an diese Lieder herangegangen, hat sie nicht kaputt gemacht, aber dennoch etwas ganz Eigenes, Neues geschaffen. Für mich ist das ein tolles Album, genauso wie später das von Ry Cooder mit dem Buena Vista Social Club.
Auch rein musikalisch war diese Zusammenarbeit für mich eine ganz eigene Erfahrung. Denn in Zulu gibt es Laute, die wir auf unserem Kontinent gar nicht kennen. Die kommen aus einem Bereich des Körpers, den ich in mir selbst erst einmal suchen musste. Die Phonetik dieser Sprache, die Betonungen, die Rhythmik der Songs waren völlig fremd für mich. Das war wirklich hart. Aber andererseits bin ich in dieser Hinsicht ziemlich talentiert. Als Musiker höre ich auch Sprache musikalisch. Ich nehme nicht nur Worte auf, sondern höre zugleich eine Melodie. Schon als kleiner Fetz, bei meiner Schwester in Belgien, konnte man mich nach ein paar Tagen einkaufen schicken – ich kam schnell zurecht mit dieser fremden Sprache.
Und genauso erging es mir mit Zulu. Wenn ich den Ladysmith-Jungs zuhörte, dann wusste ich schnell, wo die für diesen oder jenen Laut die Zunge hinsteckten. Sprachen, genauso wie Dialekte, spiegeln die Haltung eines Volkes, so empfinde ich das. Auch die Körperhaltung beim Sprechen spielt eine Rolle und kann typisch sein für einen Landstrich.
Und darüber hinaus muss man natürlich auch noch den Geist der einzelnen Songs erfassen. Ein Ladysmith-Lied wie »Hello my Baby« kann man durchaus humorvoll performen. Unsere kölsche Version nannten wir »Bütz mich«, und ich schlüpfte dabei in die Rolle des Vorsängers. »Homeless« hingegen ist überhaupt nicht lustig, der Song geht richtig zur Sache:
Strong wind destroy our home
Many dead, tonight it could be you
Strong wind, strong wind
Many dead, tonight it could be you
And we are homeless, homeless
Moonlight sleeping on a midnight lake.
Die Laute der Ladysmith-Jungs kommen aus der Seele, von ganz weit innen. So etwas wie: »Kuluman/Kulumani sizwe/Singenze njani/Baya jabula abasi thanda yo ho« kann man nicht mal eben imitieren, das muss man nachempfinden. Wenn du solche Lieder nicht authentisch bringst, blamierst du dich, dann wirst du ganz schnell peinlich. Wir haben hart gearbeitet im Vorhinein. Und als wir auf der Bühne standen, wusste ich, dass wir’s gepackt hatten. Zum Glück waren die Fööss immer eine sehr fleißige Band, und auch ich hatte mir irgendwann gesagt: Das kriegst du hin, du hast schon ganz andere Sachen geregelt in deinem Leben. Wir haben geprobt bis zum Gehtnichtmehr, und was uns wirklich zugutekam bei einem Song wie »Homeless«: Wir konnten auch mehrstimmig brillant singen!
DER SHABALALAS-JUPP
Mambazo, das bedeutet Axt. Die Stimmen dieser Jungs waren ungeheuer druckvoll, aber weiß Gott nicht wie die Axt im Walde. Natürlich ging es in ihren Songs oft um Unterdrückung, um Apartheid. Aber die
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