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Du bes Kölle: Autobiografie

Du bes Kölle: Autobiografie

Titel: Du bes Kölle: Autobiografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Engel
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waren nicht verbissen, mit denen konnte man Spaß haben. Großen Spaß sogar. Und als wir dann gemeinsam auftraten, ging es richtig ab. Wir sind zusammen in der Philharmonie gewesen und im Basement unter der Christuskirche – im Sommer, bei locker 40 Grad dort unten. Aber der bemerkenswerteste Gig war der auf der Domplatte im Rahmen des WDR-Folkfestivals. Das war ein großer Schub für die Fööss, und gleichzeitig auch eine tolle musikalische Leistung. Ich bin mir sicher, dass die Ladysmith-Jungs sich auch gefreut haben über uns.
    Sechs Typen aus Köln, die sich ihre Musik draufgeschafft hatten und sich bei den Arrangements richtig Mühe gaben.
    Schließlich landeten wir auch noch in Bonn, wohin uns die SPD zusammen mit der Initiative »Künstler in Aktion« eingeladen hatte. Statt Ladysmith war diesmal unter anderem Sarafina dabei, ein Chor aus afrikanischen Pänz. Und wer stand da im Publikum? Nelson Mandela, der erst ein paar Monate zuvor nach 28 Jahren Haft endlich freigelassen worden war. Dieser Mann hörte nun also Zulu-Musik von den Bläck Fööss. Ein sehr ergreifender Auftritt war das, und Nelson hat uns nachher allen die Hand geschüttelt. Ein tolles Erlebnis!
    Ein besonderes Verhältnis hatte ich zu Joseph Shabalala, dem Sänger der Ladysmith. Shabalalas-Jupp haben wir ihn genannt, das ließ sich ja wunderbar einkölschen. Zu dem Zeitpunkt damals hatte er schon elf oder zwölf Kinder, und er war wie die ganze Band sehr gläubig. Am Morgen ihrer Rückreise habe ich den Jupp mit meinem alten MG vorm Maritim abgeholt, dies hatte ich ihm am Abend vorher bei unserer kleinen Abschiedsfeier versprochen. Aus welchem Grund auch immer hatte ich die beiden Steckfenster von meinem alten Roadster nicht mitgenommen, und auf der Fahrt nach Wahn fing es dann natürlich prompt an zu regnen. Die anderen Jungs hatten den Shuttlebus genommen, aber Joseph saß neben mir. Trug eine weiße Hose, ein buntes Hemdchen und wurde klatschnass. Ich hatte zwar für solche Fälle immer ein Handtuch dabei, aber das half auch nicht mehr viel. Der Regen war zu stark. »Alles klar?«, habe ich ihn gefragt, und er meinte immer nur: »Very nice, I’m fine.« Nun ja. Mir war das unheimlich peinlich, der Joseph sah aus, als habe er sich in die Hose gepinkelt. Als wir endlich am Flughafen ankamen, haben seine Kumpels sich kaputtgelacht. Und dann war’s auch wieder gut.
    Im Jahr darauf geschah etwas Schreckliches. Im Dezember 1991 hieß es über dpa in der Tagesschau, der Sänger der Band sei in Durban erschossen worden. Also Joseph. Wir waren völlig schockiert, und das wurde auch nicht besser, als sich herausstellte, dass eigentlich Josephs Bruder Headman das Opfer war. Headman war auf dem Heimweg von einer Familienfeier gewesen, als er den Weg des weißen Sicherheitsdienstlers Sean Nicholas kreuzte. Nicholas war nicht im Dienst, aber er erschoss Headman. Die näheren Umstände wurden nie vernünftig ermittelt. Paul Simon verklagte den Mörder, der aber schließlich nur drei Jahre Haft erhielt. Mir hat Headmans Tod sehr zugesetzt. Die Jungs von Ladysmith waren alles liebe Menschen. Und jetzt war einer von ihnen tot.

PINKELNUMMERN
    Ich war immer der Meinung, dass man als kölsche Band ein neues Album nicht unbedingt immer vor Karneval veröffentlichen muss. Und dann auch noch ein oder zwei Songs hineingepackt werden müssen, die genau auf Fastelovend ausgerichtet sind. Aber genau so läuft es, und so lief es auch damals bei den Fööss. Wenn zuverlässig wie die Post irgendwann die Frage nach dem kommenden Karnevalshit kam, wäre ich am liebsten davongelaufen. Wie ich überhaupt davon träumte, von sämtlichen Karnevalsbühnen zu flüchten.
    Es existiert ein ganz wesentlicher Unterschied zwischen einem Konzert und einem Karnevalsauftritt. Beim Konzert nämlich kommen die Leute zu dir, im Karneval jedoch kommst du zu den Leuten. Im ersteren Fall ist klar, die haben sich für dich auf den Weg gemacht. Die sind genau wegen dir hier, die wollen dich hören und haben sogar dafür bezahlt. Im Karneval kannst du dir dessen jedoch nicht so sicher sein. Da spielt eine gewisse Anspruchshaltung eine Rolle, die Leute sitzen da unten, weil sie gefälligst unterhalten werden wollen. Oder noch schlimmer: Die stehen gar nicht auf dich. Im Falle der Fööss war das natürlich nie so. Aber hinter den Kulissen sprechen die Sitzungsmacher ungeschminkt von den sogenannten Pinkelnummern. Das sind die, bei denen der halbe Saal auf das Klo geht.

KALT,

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