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Du bes Kölle: Autobiografie

Du bes Kölle: Autobiografie

Titel: Du bes Kölle: Autobiografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Engel
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VERSCHWITZT, VÖLLIG ERSCHÖPFT
    In den ersten Jahren hatte ich unsere Auftritte im Karneval noch als Aufbruch empfunden. Wir kamen aus einer anderen musikalischen Ecke und hatten trotzdem Erfolg. Meine Kraft schöpfte ich nicht zuletzt auch aus den hinteren Reihen der Sitzungssäle, wo das »einfache Volk« saß, das uns wirklich hören wollte.
    Ich weiß nicht mehr genau, ab wann sich das für mich änderte. Aber ich erinnere mich noch an das Gefühl: Der Karneval engt mich ein. Der entfernt mich von dem, was ich eigentlich machen will.
    Bei den Fööss nahm der Fasteleer für meinen Geschmack immer eine viel zu große Rolle ein. Alles wurde daran festgemacht, man könnte sagen, der Karneval hat uns Fesseln angelegt. Die Produktion des immer nächsten Albums, die Gigs – das ganze Jahr war danach ausgerichtet. Man bewegte sich in einem Hamsterrad. Wenn es auf Karneval zuging, bekam ich regelmäßig Schüttelfrost. Da standen dann wieder 150, 200 Auftritte bevor, bis zu neun an einem Abend. Raus aus dem Auto, rauf auf die Bühne, rein ins Auto und weiter: Am Bass mag das noch angehen, aber als Sänger stieß ich dabei an meine Grenzen. Meine Stimme revoltierte gegen diesen Stress.
    Denn auch im nächsten Saal war ich wieder derjenige, der vorne am Mikro stand. Derjenige, der die Leute immer wieder in Stimmung bringen musste. Du hast nur eine Handvoll Songs, nur ein paar Minuten, aber der Saal soll kochen. Vielleicht bist du selbst gerade total down. Du hast geschwitzt, dir ist kalt, du bist völlig erschöpft. Aber drei, vier Säle liegen noch vor dir. Das ist Schwerstarbeit.
    Im Laufe meiner Karriere hatte ich häufiger Stimmprobleme. Aber in der Karnevalszeit war es eindeutig am schlimmsten. Auf solch einem Marathon kann schon die kleinste Heiserkeit zu großen Schwierigkeiten führen. Ich denke da zum Beispiel an Lieder wie »Katrin«, die meine Stimme in komplettem Umfang fordern. Wenn du bei diesem Song nicht deine volle Leistung bringst, ist die ganze Nummer im Eimer.
    Wilfried Kohlgrüber, der HNO-Arzt meines Vertrauens, musste mir nicht nur einmal sagen: »Deine Stimmbänder machen das nicht mehr mit, halten Sie nun einfach mal den Mund, Herr Engel.« Und dann musste ich halt für eine gewisse Zeit aussetzen, Verpflichtungen hin oder her. Denn solche Signale sollte man sehr ernst nehmen. Klaus Meine, der Sänger der Scorpions, musste Anfang der 80er mal für zehn Monate stumm bleiben, der wurde mehrfach operiert. Vor so einem Horror hat man als Sänger natürlich besonderen Schiss, schließlich verdiene ich mein Geld mit diesem Organ. Deshalb war meinen Stimmbändern damals sogar eine gesonderte Abteilung meiner Unfallversicherung gewidmet.
    Ich denke allerdings auch, dass es bei den Fööss zuweilen der Frust war, der meine Stimme runterzog. Denn wenn man unglücklich ist, verlässt einen auch die Kraft, das ist doch klar.

BUTZ WIDDER BUTZ
    Zu meiner Taufe hatte der Kölner Stadt-Anzeiger geschrieben: Thomas Richard Engel ist »ein Anwärter auf stürmische Klatschmärsche im Fasteleer«. Das war natürlich auf meinen Vater und auf Thomas Liessem, meinen Patenonkel gemünzt. Als kleiner Junge hat mich mein Vater manchmal mitgenommen zu seinen Auftritten mit den Botze. Ich erinnere mich an einen Abend in der Börse, bei der IHK. Wie prunkvoll und großzügig dort alles wirkte! Diese riesigen Glastüren, die Messingbeschläge, die Farben der Karnevalisten und Funkemariechen! Ich war schwer beeindruckt. Aber dass das einmal meine Welt werden sollte, hätte ich mir nicht träumen lassen. Auch später als jugendlicher Beatmusiker hätte ich nie im Leben gedacht, dass ich tatsächlich mal auf einer Karnevalsbühne stehen würde. Wenn ich bei Hush vorgeschlagen hätte, so etwas wie »Einmal am Rhein« zu spielen, wären die Jungs geschlossen von der Bühne gegangen. Das war völlig jenseits unseres Kosmos.
    Der Zeitungsspruch von 1949 hatte sich also im Laufe der 70er-Jahre tatsächlich bewahrheitet. Aber inzwischen wusste ich, das ist nicht der Weg, den ich mein ganzes Leben weitergehen will. Schon im Laufe der 80er war es deswegen immer wieder zu Streitigkeiten innerhalb der Band gekommen. Die Kompromisse sahen so aus, dass wir 1987 ein Jahr Karnevalspause machten und die Auftritte der nächsten Session auf 60 beschränkten. Aber das reichte mir nicht. Rund zwei Jahrzehnte hatte ich auf Karnevalsbühnen gestanden, und 1990 war endgültig Schluss damit.
    Bis dahin versuchte ich trotzdem, jeden Abend mein Bestes

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