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Du bist das Boese

Du bist das Boese

Titel: Du bist das Boese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Costantini
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erstauntes Gesicht. Etwas zögerlich, als fürchtete er, eine gewischt zu bekommen, zündete sich Balistreri eine Zigarette an.
    Sein Bericht über Nadias Entführung und Ermordung enthielt keinerlei Anspielungen auf die ENT oder eine eventuelle Mittäterschaft Colajaconos.
    »Und Marius Hagis verstorbene Frau Alina hat mich dann wieder nach San Valente zurückgeführt«, endete er.
    Der Conte schwieg. Seine schwarzen Augen waren undurchdringlich.
    »Ja, ich erinnere mich an Alina Hagi. Cardinale Alessandrini hat sie mir mal vorgestellt, zusammen mit ihrem Mann Marius. Zwei außergewöhnliche junge Leute. Beide sehr engagiert.«
    Balistreri wusste nur zu gut, dass es sinnlos war, diesem Mann direkte Fragen zu stellen. Er schwieg und genoss seine Zigarette.
    »Ich werde dafür sorgen, dass meine Leute die alten Bücher für Sie durchsehen. Ich glaube, ich habe Marius Hagi damals die ein oder andere Arbeit gegeben, wie ich es mit den meisten Leuten tat. Vielleicht manchmal etwas zu großzügig.«
    Balistreri fühlte sich unwohl und rutschte auf seinem Sessel hin und her. Es würde sehr kompliziert sein, zu Anna Rossi und Francesco Ajello überzuleiten, ohne weitere Karten aufzudecken.
    »Wissen Sie, ob Alina Hagi zu einem der ehrenamtlichen Helfer eine besondere Beziehung unterhielt?«
    Der Conte lächelte wieder auf diese ironische Art. »Ich habe Hagis Frau danach nie wiedergesehen. Wie Sie wissen, verkehrte ich nicht in der Gemeinde von San Valente und den katholischen Kreisen, im Gegensatz zu Ulla. Padre Paul und Valerio Bona werden Sie vermutlich schon zurate gezogen haben.«
    »Ja, ich habe mit ihnen gesprochen. Und wir sind auf eine enge Freundin von Alina Hagi gestoßen, die mit einem anderen Ihrer Mitarbeiter verlobt war.«
    »Was soll das alles denn mit dem Tod dieser Nadia und mit Marius Hagi zu tun haben?«
    Balistreri wählte den einzig möglichen Weg. »Sehen Sie, wir sind nicht ganz davon überzeugt, dass Alina Hagis Tod allein einem Unfall geschuldet war. Wenige Tage vor ihrem Tod sah ihre Freundin, dass sie lauter Blutergüsse an den Armen hatte. Wir wissen nicht, ob ihr Mann dafür verantwortlich war, aber wenn wir in Marius Hagis Vergangenheit Hinweise auf Gewalttätigkeiten finden würden, könnte das die Hypothese erhärten, dass er auch an dem Verbrechen an Weihnachten beteiligt war.«
    Eine plausible Erklärung. Nicht unangreifbar, aber schlüssig. Der Conte erwog sie wie eine ferne Erinnerung. Nach einer Weile entschied er sich.
    »Dottor Balistreri, wenn Sie es nicht eilig haben, würde ich Ihnen gern etwas zeigen, bevor wir unser Gespräch fortführen. Die Sonne geht unter, wir könnten uns nach draußen setzen.«
    Die Balkontür, die auf die von hohen Pflanzen gesäumte Terrasse führte, stand offen, und die untergehende Sonne warf ihre Strahlen aufs Parkett. Balistreri trat hinaus und sah den Sonnenschirm, den kleinen Tisch mit dem Computer, den Stuhl, die kräftigen Schultern.
    Der Deckel, mit dem ich dieses Grab verschlossen habe, war zu leicht, um die Zeit zu überdauern.
    Als Manfredi seine Schritte hörte, wandte er sich um, und Balistreri erstarrte zur Salzsäule. Der entstellte Junge von einst war nun ein Erwachsener mit einem ganz normalen, entspannten Gesicht. Kein Angiom, keine Hasenscharte, kein geschwollenes Augenlid. Das schwarze Haar musste nichts mehr verdecken. Die Chirurgie hatte das ästhetische Wunder vollbracht, den Rest wohl die Psychologie. Ullas engelsgleicher Blick verband sich mit der Adlernase und den Gesichtszügen des Conte. Die zarten Linien der Narben waren kaum sichtbar, eine unglaubliche Leistung der Chirurgen. Seine kräftige Muskulatur war die von früher, erstrahlte nun aber in einer vermutlich natürlichen Sonnenbräune. Das hässliche Entlein war ein normaler Mann geworden, ein schöner zumal, was er dem Kontrast zwischen den markanten Zügen seines Vaters und der Feinheit seiner Mutter verdankte.
    Manfredi stand auf und trat auf ihn zu. Offenbar war er noch ein Stück gewachsen, denn er überragte ihn nun. Er streckte Balistreri seine Hand entgegen, und sie begrüßten sich schweigend.
    »Ich freue mich, Sie zu sehen, Dottor Balistreri.« Seine Stimme war ruhig, weich und tief. Vertrauen erweckend, wie die Stimme eines guten Arztes, wenn er mit seinen Patienten spricht. Intelligente, nachdenkliche Augen. Sein Ton war heiter, als hätte er einen alten Bekannten vor sich und nicht einen Hund aus der Meute, die ihn gejagt hatte.
    Balistreri beschloss,

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