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Du bist das Boese

Du bist das Boese

Titel: Du bist das Boese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Costantini
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sich allmählich in nichts auf.
    »Als Sie uns neulich in San Valente besucht haben, waren Paul und ich uns sicher, dass es um den Selbstmord von Elisas Mutter ging«, sagte Valerio und blickte aufs Meer. »Sie waren aber wegen Alina Hagi da. Das hat uns ganz schön gewundert.«
    Valerio Bona konnte nicht vergessen. Sich nach einer großen Tragödie ein neues Leben schaffen zu wollen, ist eine nachvollziehbare Schutzreaktion. Er hatte es versucht, mit Studienabschluss, IBM , Karriere. Aber irgendetwas hatte ihn dazu getrieben, zu seinen Wurzeln zurückzukehren. Irgendetwas hinderte ihn daran, sich zu weit zu entfernen.
    Paul war damals noch sehr jung und in der Zwischenzeit erwachsen geworden. Valerio Bona aber war schon 1982 erwachsen gewesen und konnte nur älter werden.
    »Meinen Sie, Elisa Sordi und ihre Mutter sind mir egal?«, fragte Balistreri.
    Valerio fuhr auf. Balistreris direkte Art war nicht sein Ding und hatte ihm noch nie gefallen.
    »Nein, nein«, stammelte er. »Wir waren nur überrascht. Jedenfalls sind Sie doch vermutlich wieder wegen Alina Hagi hier.«
    »Und wegen ihrer Freundin Anna Rossi und ihrem damaligen Verlobten.«
    Langes Schweigen.
    »Wir wenden, passen Sie auf den Baum auf!«, verkündete Valerio schließlich. Nach dem Wendemanöver saß Balistreri mit dem Gesicht zur blendenden Sonne.
    »Sie hatten Francesco Ajello damals dem Conte vorgestellt, richtig?«, fragte er und beschirmte sich mit der Hand die Augen.
    Vor dem grellen Sonnenlicht war Valerios Silhouette nur schemenhaft zu erkennen.
    »Ja, ich habe ihn dem Conte vorgestellt. Der vermittelte ihm dann ein Praktikum in der Kanzlei, die sich um seinen Immobilienbesitz kümmerte. Ich war dort für die ersten Personal Computer zuständig.«
    »Wo haben Sie ihn denn kennengelernt?«
    »Hier in Ostia, bei einer Reihe von Regatten auf Zweimannjollen. Sein Boot war das schönste, er kam aus einer reichen Familie. Und er suchte einen guten Steuermann. Der Segelverein stellte den Kontakt her, und so fuhren wir ein paarmal probeweise raus. Es klappte wunderbar. Wir gewannen acht der zehn Regatten und den Titel des Jahres 1981.«
    »Warum haben Sie ihn dem Conte vorgestellt?«
    »Francesco war auf Draht, und er studierte Jura. Ich wusste, dass die Kanzlei, die sich um die Angelegenheiten des Conte kümmerte, einen Praktikanten suchte. Er wiederum wollte Erfahrungen sammeln.«
    »Wenige Monate später stellte ihn der Conte dann Cardinale Alessandrini vor.«
    »Ja, der Kardinal brauchte ehrenamtliche Unterstützung bei den juristischen Belangen des Waisenhauses. Der Conte stellte ihm Francesco vor, und der half sehr gern.«
    »Wie großzügig von ihm.«
    »Na ja, manche Mitarbeiter wie etwa Paul waren der Ansicht, dass er nur ein Streber sei und sich überall einschleichen wolle. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass er sehr fähig war.«
    »Und er hatte eine Verlobte, Anna Rossi.«
    Valerio dachte einen Moment nach. »Was Frauen anging, war Francesco ziemlich respektlos. Anna Rossi war zwar seine feste Freundin, aber vielleicht war sie nicht die Einzige. Er war eher einer, der, wie soll ich sagen …«
    »Der nichts anbrennen ließ?«, schlug Balistreri vor.
    »Jedenfalls nicht, wenn ihm eine gefiel«, antwortete Valerio gedankenverloren.
    »Gehörte Elisa Sordi auch dazu?«
    Valerio fuhr zusammen und verlor einen Moment lang die Kontrolle über sein Boot. Die Segel sackten durch und begannen zu schlagen. Die blendende Sonne war verschwunden, und urplötzlich sah Balistreri in das Gesicht eines Greises. Tiefe Falten durchfurchten Valerio Bonas ausgemergelte Züge.
    Irgendwann gewann er die Kontrolle über das Boot und sich selbst zurück.
    »Elisa war unnahbar. Ich glaube nicht, dass sie viel für Francesco übrighatte.«
    Auf der Rückfahrt nach Rom mischte sich Balistreri unter die Ausflügler und schlief ein, müde von der Sonne, dem Wind, dem Meer, den vielen Zigaretten. Umgeben vom fröhlichen Stimmengewirr der Familien traf er im Schlaf auf Linda Nardi. Er schaute ihr auf den Busen, und mitten auf ihrer Stirn erschien die vertikale Furche. Langsam verwandelten sich Linda Nardis Züge in das sanfte, kindliche Gesicht von Elisa Sordi.
    Nachmittag
    Erstaunlicherweise stimmte Conte Tommaso dei Banchi di Aglieno einem Treffen sofort zu. Entweder hegte er keinen Groll mehr gegen ihn, oder er war neugierig. Wobei Letzteres wahrscheinlicher war. Balistreri für sein Teil hätte diesen leider unverzichtbaren Besuch liebend gern

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