Du bist das Boese
schallenden Ohrfeige, mein Pistazien- und Schokoladeneis im Gesicht. Das Moped geriet ins Schlingern, streifte den Brunnenrand und kippte mit den beiden Jungen um.
Die Polizisten kamen angerannt. Wieder zückte ich meinen Dienstausweis, schnappte mir dann schnell die Guccitasche der Signora und überließ die Bengel den Kollegen.
»Die sind minderjährig, Dottore. Sollen wir die Personalien aufnehmen und sie laufen lassen, wenn noch nichts gegen sie vorliegt?«, schlug der Ältere der beiden vor.
Ich warf einen Blick auf die Jungen. Italiener, aus irgendeinem Vorort. Der eine trug einen Ohrring, der andere hatte sich Che Guevara auf den muskulösen Bizeps tätowieren lassen.
»Nein, bringt sie ins Jugendgefängnis. Eine Nacht dort wird ihnen guttun.«
Die Signora wartete auf mich, die Schuhe in der Hand.
»Ein Absatz ist abgebrochen, nicht weiter schlimm«, erklärte sie mit einem Lächeln.
Ohne Schuhe war sie so groß wie ich. Sie trug einen Ehering und an der Linken einen Diamantring, wie mir auffiel.
»So können Sie doch gar nicht laufen. Ich werde Sie nach Hause bringen«, bot ich an und zeigte auf mein Auto.
Sie lächelte. »Es ist schon lange her, dass ich das letzte Mal mit einem Spider gefahren bin. Aber wenn ich mich recht erinnere, macht es ziemlichen Spaß.«
Die Polizeibeamten sahen mich schief an, ihre Kommentare konnte ich mir vorstellen.
»Wo wohnen Sie denn?«
»In London, mit meinem Mann und zwei Kindern«, antwortete sie und streckte ihre schönen Beine aus.
»Na, das ist ein bisschen weit. Aber Sie haben doch sicher auch eine Adresse in Rom, oder?«
Sie zeigte auf ein prächtiges Gebäude oberhalb der Spanischen Treppe.
»Ich bin beruflich hier, übers Wochenende. Hotel Hassler, dort oben. Aber wenn Sie es nicht eilig haben, hätte ich nichts gegen eine kleine Spritztour. In diesem Auto fühlt man sich wieder jung, und wie ich sehe, dürfen Sie auch Zonen befahren, die für Normalsterbliche tabu sind.«
Langsam fuhren wir durch die Stadt, vorbei an goldenen Kirchenkuppeln, die in der untergehenden Sonne zu glühen schienen. Dann rollte ich durch die Fußgängerzone, das einzige Auto im Gewimmel von Römern und Touristen, die sich in den Samstagabendtrubel stürzten. Die Frau bat mich, eine Runde um die Piazza Navona zu drehen, einmal um die Fontana dei Quattro Fiumi herum, was ich, begleitet von den Kommentaren verwunderter Touristen und Streifenpolizisten, gerne tat.
»Das ist doch das Auto aus Reifeprüfung , oder?«, fragte sie, als wir zur Trinità dei Monti hinauffuhren.
»Ja, das von Dustin Hoffman.«
»Es passt zu dir. Du bist genauso hübsch wie er, aber Gott sei Dank größer.«
Als wir vor ihrem Hotel ankamen, war es schon dunkel.
»Danke wegen der Tasche. Und für die verbotene Stadtbesichtigung«, sagte sie und drehte sich zu mir um.
Ich war mir nicht sicher, ob sie es ernst meinte oder ob sie mich auf den Arm nahm.
»Und das mit deinem Eis tut mir leid«, fuhr sie fort. »Wenn hier kein Parkverbot wäre, würde ich dich einladen, mit hochzukommen. Das Hotel hat einen erstklassigen Zimmerservice.«
Ich schloss das Verdeck und ließ das Auto genau unter dem Parkverbotsschild stehen, das Schild mit der Aufschrift Polizei im Einsatz deutlich sichtbar.
Der Champagner und der Erdbeerbecher mit Eis und Sahne kamen, während sie duschte. Als sie im Bademantel aus dem Badezimmer trat, entkorkte ich die Flasche.
»Du wirst es nicht glauben, Michele, aber das ist das erste Mal nach sieben Jahren Ehe. Und diese Vorstellung macht mir ein bisschen Angst. Ich ergreife nicht gern die Initiative.«
»Du musst ja auch gar nichts tun. Keine Initiative, keine Schuld.«
Sie lachte, als ich ihr den Bademantel abstreifte und sie nackt aufs Bett legte. Sie lachte, als ich sie mit dem Bademantelgürtel an den Handgelenken fesselte. Sie lachte, als ich ihr die Schlafmaske aufsetzte und die Ohrenstöpsel in die Ohren steckte, beides freundliche Präsente des Hotels. Und sie lachte, als ich an den geeignetsten Stellen ihres Körpers Eis, Sahne und Erdbeeren verteilte.
Dann widmete ich mich meinem Eis.
Sonntag, 18. Juli 1982
Ich schaute nicht mehr bei Teodori vorbei und rief ihn auch nicht an. Nach der ausgedehnten Nascherei verspürte ich wenig Lust dazu und schlief selig wie ein Baby zwischen den eleganten Hotellaken ein.
Am frühen Morgen machte sie sich auf den Weg nach Florenz, um sich dort mit ihrem Mann zu treffen, der aus London kam. Ich hatte den Eindruck, dass es ihr viel
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