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Du bist in meiner Hand

Du bist in meiner Hand

Titel: Du bist in meiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corban Addison
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Meeresbrise durch die Palmwedel rascheln. Er drehte sich um. Nicht sonderlich überrascht stellte er fest, dass Priya nicht neben ihm lag. Zu Hause war sie auch oft sehr früh aufgestanden, um den Tag zu begrüßen. Thomas rieb sich die Schläfen. Am Vorabend waren sie lange draußen geblieben und hatten das fröhliche Treiben am Strand von Palolem genossen. Dabei hatte er sich wohl einen Drink zu viel genehmigt. Jedenfalls dröhnte ihm jetzt der Kopf.
    Er lauschte einen Moment, hörte aber kein Wasserrauschen. Unter der Dusche stand Priya offenbar nicht. Wahrscheinlich machte sie gerade einen kleinen Morgenspaziergang. Er begab sich ins Bad und warf einen Blick in den Spiegel. Nachdem er sich schon seit vier Tagen nicht mehr rasiert hatte, wuchsen sich seine Stoppeln allmählich zu einem richtigen Bart aus. Entschlossen seifte er sich das Gesicht ein. Am Nachmittag würde es zurück nach Bombay gehen. Er freute sich nicht gerade darauf, wieder in die Stadt zu kommen, aber man konnte nun mal nicht ewig Urlaub machen.
    Nach dem Rasieren schlüpfte Thomas in eine Badehose und ein T-Shirt. Wenigstens konnten sie den Vormittag noch ausnutzen. Gerade wollte er in Richtung Strand aufbrechen, weil er davon ausging, Priya dort anzutreffen, als sein Blick auf sein BlackBerry fiel. Es lag auf dem Frühstückstisch, und darunter ein Blatt aus einem Notizblock. Als er die Nachricht überflog, weiteten sich seine Augen vor Schreck.
    Wie konntest du nur?, hatte Priya mit ihrer krakeligen Handschrift geschrieben.
    Thomas griff nach dem Telefon. Er tippte auf eine Taste, um das Display zum Leben zu erwecken. Sofort sah er, dass er eine E-Mail bekommen hatte. Schlagartig war ihm alles klar. Tera hatte geschrieben:
    Thomas, ich weiß jetzt, warum du weggegangen bist. Ich hatte schon die ganze Zeit so eine Ahnung, aber keinen konkreten Beweis. Bis jetzt. Sie haben dir ein Ultimatum gestellt, nicht wahr? Sie brauchten einen Sündenbock. Mein Gott, ich kann es einfach nicht fassen, dass sie das gemacht haben. Aber es erklärt alles. Du fragst dich sicher, woher ich es weiß: Vor ein paar Tagen hat der Putztrupp Mark Blake in seinem Büro mit einer juristischen Hilfskraft erwischt. Die Kanzlei hat daraufhin seine Kündigung gefordert. Ich habe mich ein wenig umgehört und jemanden gefunden, der bereit war, mit mir über alles zu reden, was passiert ist. Du brauchst dich jetzt nicht mehr zu verstecken, Thomas. Bald ist Gras über die Sache gewachsen. Seit du nicht mehr da bist, ist mir klar geworden, wie sehr ich mir wünsche, wieder mit dir zusammen zu sein. Bitte hülle dich nicht länger in Schweigen. Wir beide verstehen einander.
    Wütend schleuderte er das Telefon aufs Bett. Wie konnte Priya es wagen, seine E-Mails zu lesen? Wie konnte Tera es wagen, in seinen Privatangelegenheiten herumzuschnüffeln? Und wie konnte die Welt es wagen, ihm derart gründlich die Tour zu vermasseln? Seine Liebe zu Priya war schließlich echt. Zugegeben, er war aus anderen Gründen nach Indien gekommen, aber sein Wunsch nach Versöhnung war aufrichtig gewesen. Priya und er hatten sich in den letzten drei Tagen nichts vorgemacht. Herrgott noch mal, sie hatten über ihre gemeinsame Zukunft gesprochen! Tera war hinsichtlich ihrer Einschätzung der Lage ein schwerer Fehler unterlaufen, was man ihr unter den gegebenen Umständen wohl kaum verdenken konnte. Obwohl er durchaus versucht hatte, den Kontakt zu ihr abzubrechen.
    Er griff wieder nach dem Telefon und stürmte damit zur Tür hinaus. In großen Schritten eilte er zum Strand, den er mehr oder weniger verwaist vorfand. Vom Meer blies ein steter, feuchter Wind herein, der auf den Wellen weiße Schaumkronen tanzen ließ. Er sah Priya ziemlich weit vorn am Wasser sitzen. Während er auf sie zustapfte, versuchte er sich die passenden Worte zurechtzulegen. Doch alles, was ihm einfiel, würde ihn entweder wie einen Trottel oder wie einen Rüpel dastehen lassen.
    Sie bemerkte ihn, als er noch ein ganzes Stück von ihr entfernt war. Sofort sprang sie auf und lief in die entgegengesetzte Richtung davon. Sie war schnell, aber er war schneller. Nur wenige Schritte von den Felsen entfernt, auf denen sie sich zum ersten Mal wieder geküsst hatten, holte er sie ein.
    »Lass mich in Ruhe!«, schrie sie und zog wütend ihren Arm weg, als er ihn berührte. »Wie konntest du nur, Thomas? Ich habe dir vertraut!«
    Sie rannte wieder los.
    »Nun bleib doch um Himmels willen stehen!«, rief er und stellte sich ihr in den Weg.

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