Du bist in meiner Hand
Summe irgendwo zwischen zwanzig- und vierzigtausend bekommen sie ein Kind ganz für sich allein. Ein paar der Mädchen werden als Jungfrauen angepriesen. Sie erzielen die höchsten Preise.«
»Was für ein Horror.«
»Du sagst es.«
»Wo fahren wir überhaupt hin?«, fragte Thomas. Kurz zuvor waren sie auf die Route 19 North eingebogen, in Richtung Roswell und Alpharetta.
»Das erfährst du noch früh genug. Lass mich erst mal meine Geschichte zu Ende erzählen.«
»Bitte. Es klingt, als kämst du langsam auf den Punkt.«
»DeFoe hat ein paar von den Bildern an das NCMEC , das nationale Zentrum für vermisste und ausgebeutete Kinder, geschickt und einen anderen Agenten dazu gebracht, sie mit der Datenbank von Interpol gegenzuchecken. Dabei ergaben sich ein paar eindeutige Treffer. In der Zwischenzeit tat DeFoe, was nur DeFoe kann: In weniger als vierundzwanzig Stunden gelang es ihm, die Kandyland-Site bis zu einem Computer in der Tschechischen Republik zurückzuverfolgen.«
»Die ostdeutsche Verbindung.«
»Vielleicht. Der Computer gehört einer Universität in Prag und ist mit einem Trojaner infiziert. Dieser Trojaner ermöglicht es einem Hacker, den infizierten Computer zu kapern, sodass er aus der Ferne über diesen Computer Daten übertragen oder sogar Programme ablaufen lassen kann. Der gekaperte Computer bewahrt den Hacker vor der Entdeckung. Man könnte es mit einem digitalen Identitätsschutzschild vergleichen.«
»Verstehe.«
»Deswegen forderte DeFoe Unterstützung vor Ort an, woraufhin sich das FBI mit der tschechischen Kriminalpolizei in Verbindung setzte. Die Tschechen bekamen von der Universität Zugang zu dem Computer, und das FBI entsandte ein Cyber Action Team nach Prag. Die Cyber-Jungs leiteten ihre Erkenntnisse an DeFoe weiter, der den Web-Verkehr daraufhin zu einem Internet-Service-Provider in North Carolina zurückverfolgen konnte. In der Hoffnung, einen Link zum Home Server von Kandyland zu finden, flog DeFoe nach North Carolina hinunter, doch wie sich dort herausstellte, bietet dieser spezielle Service Provider seinen Kunden ein Maximum an Privatsphäre – anonymen Zugang zum Internet, ohne digitalen Fußabdruck.«
»Ist das denn überhaupt legal?«
»Wir sprechen hier vom Wilden Westen, vergiss das nicht. Die Leute, die die Gesetze festlegen, hinken Lichtjahre hinter dem technisch Machbaren her. Erst als der Staatsanwalt seine Muskeln spielen ließ, bekam DeFoe Zugang zu den Großrechnern des Service Providers. Nach zwei Wochen war er in der Lage, eine Reihe von Computern zu isolieren, die Daten nach Prag schickten. Dabei wurden auch Hunderte von Computern identifiziert, die Daten aus Prag empfingen .«
»Du meinst, die Perversen?«, fragte Thomas.
Andrew nickte. »Genau. Der Staatsanwalt musste erst einen Durchsuchungsbeschluss organisieren, aber als er den hatte, stieß er auf die Hauptader: Die sendenden Computer sind unter einem Konto registriert, das einer von Dietrich Kleins Scheinfirmen gehört. DeFoe war der Zusammenhang nicht gleich klar. Er musste die Information erst durch alle Abteilungen schicken. Als wir sie zu sehen bekamen, wussten wir, dass dieser Teil des Kandyland-Rätsels gelöst war.«
Thomas überlegte einen Moment und entdeckte eine Lücke in Andrews Geschichte. »Dass Klein die Finger im Spiel hat, besagt noch nichts über den Aufenthaltsort der Mädchen.«
»Stimmt«, räumte Porter ein. »Es besagt nur, dass er einen der größten Menschenhandelsringe in der Geschichte der Vereinigten Staaten betreibt.« Andrew legte eine kurze Pause ein. »Doch nun zum Ende der Geschichte. Der Schlüssel ist Sita. Am Mittwochabend kehrte DeFoe nach Washington zurück. Am Donnerstagmorgen loggte er sich in die Kandyland-Site ein. Dabei fiel ihm auf, dass im Premium-Bereich der Site eine neue Bildergalerie hinzugekommen war. Das Mädchen sah indisch aus. Er schickte ein paar der Fotos an die NCMEC -Leute. Sie reagierten sofort und informierten ihn über eine Meldung, die mein Büro auf deine Nachricht hin als Rundmail verschickt hatte. Ich musste mir erst die Erlaubnis besorgen, diesen Weg zu gehen, aber wir verfügen über eine umfangreiche Verteiler liste – so eine Art elektronische Version des früheren ›Rundschreibens an alle Ämter‹. So ziemlich jeder, der sich in den Vereinigten Staaten mit dem Problem der Ausbeutung von Kindern beschäftigt, hatte Anweisung, nach Sita Ausschau zu halten.«
Thomas schüttelte verwundert den Kopf. »Mir war gar nicht klar,
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