Du bist in meiner Hand
wirkte, wurde die andere schwächer. Kowalski fluchte. DeFoe hatte es tatsächlich erwischt, genau wie Klein gesagt hatte. Wer könnte der andere sein, der da flachliegt?, fragte er sich. Die vierte Person schien auf einem Stuhl zu sitzen.
»Jetzt hab ich dich, du Mistkerl!«, sagte er laut. Den Rest fügte er in Gedanken hinzu: Jetzt müssen wir dich nur noch ans Fenster locken.
Das Funkgerät krächzte. »Kowalski ist in Position«, berichtete Trudeau. »Er hat sie im Visier. Aber Klein ist nicht in Fensternähe.«
Pritchett warf erneut einen Blick auf die Uhr. »Bis zum Ablauf des Ultimatums bleiben uns noch fünfundzwanzig Minuten. Das Flugzeug wird gerade betankt. Der Besitzer hat zugestimmt. Jetzt versuchen wir krampfhaft, den Luftraum zu räumen. Die Flugzeit von Flughafen zu Flughafen beträgt zehn Minuten.«
»Wie lange dauert es, bis die Maschine abflugbereit ist?«, fragte Trudeau, der schlecht zu verstehen war, weil das Funkgerät so rauschte.
»Die Pilotin sagt, sie benötigt noch zehn Minuten, um voll aufzutanken. Bis zum Rollfeld braucht sie dann noch einmal fünf Minuten.«
»Da bleibt uns ja überhaupt kein Spielraum mehr.«
»So ist es! Wer ist dem Fenster am nächsten?«
Ein paar Sekunden später kam Trudeaus Antwort. »Striker.«
»Sag Striker, er soll sich ein paar Kiesel suchen und seinen Hintern unter den Dachvorsprung schaffen.«
Im Haus vergingen die Minuten quälend langsam. Sita saß auf dem Bett, starrte auf das Blumenmuster der Bettwäsche und versuchte, die Tränen zu unterdrücken. Der Adrenalinschub von vorhin war inzwischen verebbt. Sie musste an all die Toten denken, die sie gesehen hatte. Ihre Eltern, ertränkt von den Wellen. Ihre Großmutter im Wohnzimmer. In der Küche Jaya, die nicht schnell genug gewesen war, um dem Wasser zu entkommen. Und nun lag vor ihr auf dem Boden dieser Mann mit zwei Kugeln in der Brust. Die Welt ergab einfach keinen Sinn.
»Noch fünfzehn Minuten«, verkündete Klein, der sie dabei ansah und mit den Fingern über seine Waffe strich. »Glaubst du, sie werden es schaffen?«
Achselzuckend schlang Sita die Arme um sich. Dabei löste sich die Hibiskusblüte aus ihrem Haar und landete auf dem Bett. Der unerwartete Anblick der Blume bewirkte, dass sie die Tränen einfach nicht mehr zurückhalten konnte. Sie unternahm auch keinen Versuch, sie wegzuwischen, denn sie musste plötzlich an den Tag denken, an dem Ambini im Garten eine Hibiskusblüte gepflückt und sie Ahalya ins Haar gesteckt hatte. Das war am siebzehnten Geburtstag ihrer Schwester gewesen, und die Blume ein Symbol für die erblühende Weiblichkeit ihrer Schwester. »Viele Jungen werden sich um dich bemühen«, hatte Ambini erklärt, »aber du wirst nur einen einzigen Ehemann haben. Warte auf ihn. Dann wird der Tag kommen, an dem du Rot trägst und die Saptapadi -Schritte tanzt.« Ahalya hatte Ambini geglaubt. Sie hatten ihr beide geglaubt.
Pritchett warf einen Blick auf die Uhr und fluchte erneut. »In zehn Minuten läuft das Ultimatum ab«, wütete er, »und das Flugzeug ist immer noch nicht in der Luft! Warum, zum Teufel, dauert das so lang?«
Michaels antwortete: »Die Pilotin musste mit der Maschine einen Umweg zum Rollfeld nehmen, weil der direkte Weg von anderen Flugzeugen versperrt war.«
»Verdammter Mist!« Pritchett wandte sich über Funk an Trudeau. »Ist Striker in Position?«
»Ja. Er ist auf dem Weg zum Fenster.«
»Bei Kowalski alles klar?«
»Kowalski ist bereit.«
»Zeit für Plan B. Sag Striker, er soll gerade genug Lärm machen, um Kleins Interesse zu wecken. Und sag Kowal ski, dass er jederzeit schießen kann. Und er soll ja nicht sein Ziel verfehlen.«
Sita blinzelte überrascht, als sie das seltsame Klappern zum ersten Mal hörte. Sie sah, wie Dietrich Klein sich zum Fenster umdrehte und seine Waffe anhob. Er wartete noch eine Weile, doch als das Geräusch zum dritten Mal zu hören war, stand er langsam auf.
Klein sah einen Moment zu Sita hinüber, die seinen Blick erwiderte. Er wirkte leicht irritiert, sein Selbstvertrauen war dennoch ungebrochen. Während er langsam den Raum durchquerte, achtete er genau darauf, wo er hintrat, und ließ das Fenster dabei keine Sekunde aus den Augen. Sita hörte das Geräusch ein viertes Mal. Es klang lauter als zuvor und nicht mehr so sehr wie ein Klappern, sondern mehr wie ein Schlag. Klein blieb einen Moment stehen und überlegte. Dann setzte er sich wieder in Bewegung. Die Waffe vor dem Körper, ging er langsam auf
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