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Du bist in meiner Hand

Du bist in meiner Hand

Titel: Du bist in meiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corban Addison
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und allein Sita galt weiter ihre Aufmerksamkeit. Ahalya war erstaunt, wie ruhig ihre jüngere Schwester die Situation hinnahm. Binnen weniger Tage schien sie um Jahre gereift zu sein. Immer wieder befeuchtete sie ein Tuch und legte es Ahalya auf die Stirn. Um ihre Schwester aufzuheitern, sang sie Lieder, die Ambini und Jaya ihnen beigebracht hatten, und zitierte Verse aus Ahalyas Lieblingsgedichten. Als sie schließlich ein Gedicht von Sarojini Naidu aufsagte, begann Ahalya die Worte leise mitzusprechen:
    »Hier im Wald, o mein Herz, lass uns verbrennen die Träume, die toten,
    Einen Scheiterhaufen lass uns errichten mit flinker Hand,
    Aus dürren weißen Blüten und dem Herbstlaub, dem roten,
    Hier in des Mittags flammenden Feuerfackeln lass sie uns setzen in Brand.«
    Den Rest der Woche verbrachten sie mehr oder weniger in Einsamkeit. Suchir ließ sie in Ruhe. Nur Sumeera erschien gelegentlich, um Ahalya an den Stellen, wo sie von der Begegnung mit Shankar aufgeschürft war, mit Heilsalbe zu behandeln. Dabei bläute sie Ahalya immer wieder ein, sie müsse akzeptieren, was mit ihr passiert sei, denn es gebe keinen anderen Ausweg aus der Finsternis der Scham. Mit jedem neuen Sonnenaufgang kehrte etwas mehr Leben in Ahalya zurück, doch aus ihren Augen sprach weiterhin tiefster Kummer.
    Anfang der darauffolgenden Woche kam Suchir erneut, um Ahalya zu holen. Vorher brachte ihr Sumeera wieder denselben, in Rot und Gold gehaltenen Churidar, forderte Sita aber nicht auf, sich ebenfalls anzukleiden. Ahalya schloss die Augen und tat mechanisch, wie ihr geheißen. Erneut drängten sich die Beshyas entlang der Wand, um sie anzustarren, waren dabei aber nicht so leise wie beim ersten Mal. Als Ahalya an ihnen vorbeiging, gaben wieder zwei von ihnen Schätzungen bezüglich des Preises ab, den Suchir für sie verlangen würde.
    »Zwanzigtausend«, meinte die eine.
    »Zehn«, hielt die andere dagegen. »Sie ist schließlich nicht mehr originalverpackt. Der Dhoor wird kein Blut sehen.«
    Ahalya versuchte, ihre Worte zu ignorieren, und hielt den Blick starr auf den Boden gerichtet. Sie wartete an der Tür, bis Suchir sie holte, um sie erneut wie eine Zirkusattraktion unter den grellen Lampen zu präsentieren. Neben Sumeera saßen zwei Kunden auf den Kissen. Einer war mittleren Alters, der andere ein Junge in Ahalyas Alter. Der Mann sprach aufgeregt auf den Jungen ein. Ahalya entnahm seinen Worten, dass die beiden Vater und Sohn waren. Der Junge hatte Geburtstag. Ahalya war sein Geschenk.
    Zögernd stand der Junge auf und näherte sich ihr. Als er sich hilfesuchend nach seinem Vater umblickte, spornte der ihn an, woraufhin der Junge mit den Fingerspitzen über Ahalyas Lippen strich und die Hand dann zu ihrer Brust hinuntergleiten ließ. Schaudernd fragte sich Ahalya, was der Junge wohl mit ihr machen würde.
    Der Mann verhandelte mit Suchir über den Preis, bis die beiden sich schließlich auf fünfzehntausend Rupien einigten, woraufhin der Junge Ahalya an der Hand nahm und Suchir den Gang entlang zum ersten Sexraum folgte. Ein übergewichtiges älteres Mädchen trat beiseite und funkelte sie böse an. Der Raum war so klein, dass darin gerade mal ein Bett, ein Waschbecken und eine Toilette Platz hatten.
    Nachdem Suchir die Tür geschlossen hatte, blieb der Junge steif vor ihr stehen. Offenbar wusste er nicht recht, wie er jetzt weitermachen sollte. Ahalya sah in seinen Augen eine Mischung aus ehrfürchtiger Bewunderung und Nervosität. Er trat näher und küsste sie auf den Mund. Da sie sich nicht wehrte, steigerte sich seine Erregung. Sie ließ sich aufs Bett sinken und ergab sich seinen Wünschen. Er war nicht so grob wie Shankar, tat ihr aber dennoch weh.
    Hinterher blieb sie noch einen Moment auf der dünnen Matratze liegen und sah blicklos zur Decke hinauf. Sie fühlte sich zutiefst beschmutzt. Benommen stand sie auf, um sich am Waschbecken zu waschen. Als sie sich anschließend auf der Toilette niederließ, wurde ihr die brutale Wahrheit noch einmal mit voller Wucht bewusst: Eine Beshya konnte vom Leben nicht mehr erwarten als Luft zum Atmen, ein wenig zu essen und zu trinken, ein Dach über dem Kopf und die Zuneigung von ihresgleichen. Um in einer solchen Welt zu überleben, würde sie ihr Herz von ihrem Körper abspalten müssen. Eine andere Wahl blieb ihr nicht. Sie dachte an Sita, die oben im Dachzimmer auf sie wartete – ängstlich und angeschlagen, aber nach anderthalb Wochen in Suchirs Bordell seltsamerweise immer noch

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