Du bist in meiner Hand
Bordellbesitzer einen Packen Rupienscheine und nahm Ahalya an der Hand. »Komm, meine Prinzessin«, flüsterte er.
Schaudernd folgte ihm Ahalya zurück durch den Gang, wo alle Türen bis auf eine geschlossen waren. Noch immer keine Spur von Sita.
Als sie das Dachzimmer betraten, zog Sumeera gerade das Laken glatt. Nachdem sie auch noch die Kissen aufgeschüttelt hatte, eilte sie an Suchirs Seite. Der Bordellbesitzer wünschte dem bärtigen Mann viel Vergnügen und schloss dann von außen die Tür.
Der Mann bedeutete Ahalya, sich aufs Bett zu begeben, und holte sein Handy heraus.
»Es dauert nur einen Moment«, erklärte er, während er einmal auf die Tastatur drückte. Er hielt sich das Telefon kurz ans Ohr und brach den Anruf gleich wieder ab. »Niemand zu Hause.«
Ahalya, die sich mittlerweile auf dem Bett niedergelassen hatte, starrte aufs Laken hinunter. Sie rechnete damit, dass der Mann sich die Hose aufknöpfen und dann erst einmal ihr Gesicht liebkosen würde, wie Shankar es getan hatte. Danach würde er sie bestimmt auffordern, sich auszuziehen. Doch der Mann machte keinerlei Anstalten in diese Richtung.
»Wie lautet dein Name?«, fragte er sie stattdessen mit sanfter Stimme.
Die Frage ging ihr durch und durch. Ihr Name. Das Geschenk ihres Vaters. Ihre Namenspatronin war ein Ausbund an weiblicher Schönheit gewesen, die keusche Ehefrau eines edlen Brahmanen, die dann aber vom Gott Indra verführt und von ihrem Ehemann wegen ihrer Treulosigkeit verflucht worden war.
»Ich bin Deepak«, fuhr der Mann fort, nachdem er von ihr keine Antwort bekommen hatte. »Ich werde dir nichts tun.«
Er saß ganz ruhig auf dem Bett und machte auch weiterhin keine Anstalten, sie anzufassen. Sie musterte ihn verständnislos.
Sekunden später brach unten ein Aufruhr los. Mehrere dumpfe Schläge waren zu vernehmen, begleitet von schrillem Kreischen und aufgeregten Männerstimmen. Ahalya hörte Sumeera in scharfem Ton Befehle erteilen. Unmittelbar danach polterte jemand die Treppe zum Dachzimmer herauf. Deepak eilte zur Tür und stemmte sich mit dem Rücken dagegen. Jemand drehte am Knauf herum und versuchte die Tür aufzuschieben. Als sie nicht nachgab, stieß ein Mann – für Ahalya klang er nach Prasad – einen lauten Fluch aus und warf sich mit seinem ganzen Gewicht gegen das Holz.
Deepak verzog das Gesicht, hielt aber stand.
Thomas, der neben Greer Stellung bezogen hatte, beobachtete von der anderen Straßenseite, wie die Beamten aus Nagpada vorrückten. Suchir ließ sich ohne Gegenwehr von Inspektor Khan Handschellen anlegen. Anschließend führte Khan drei Mitglieder seines Einsatzkommandos die Treppe zum Bordell hinauf. Nachdem sie Suchir in einen Streifenwagen gesperrt hatten, eilten die übrigen Polizisten zusammen mit den Panchas in das Bordell, um Namen und Aussagen aufzunehmen.
In der Zwischenzeit hielten Greer und Dev eine kurze Lagebesprechung mit ihren Außendienstleuten ab und beauftragten Rasheed und Rohit damit, auf den angrenzenden Straßen Ausschau zu halten, ob jemand versuchte, durch eine Hintertür zu entwischen. Die beiden trennten sich und verschwanden in der Menge.
Der Verkehr auf der M. R. Road war mittlerweile zum Erliegen gekommen, weil sämtliche Taxi- Wallas und Passanten versuchten, einen Blick auf das Geschehen zu erhaschen. Etliche Zuhälter und Bordellbesitzer sahen aus sicherer Entfernung zu, um sich ein Urteil darüber zu bilden, ob diese Razzia auch für sie eine ernsthafte Bedrohung darstellte. Unter den Zuschauern wurde allmählich unzufriedenes Gemurmel laut. Viele bedachten Thomas und Greer mit argwöhnischen Blicken, zum Teil sogar mit unverhohlener Feindseligkeit. Kampflustig begann die Menge in ihre Richtung zu drängen.
Dev sah zu Greer hinüber. »Wir sollten von der Straße verschwinden, bevor das Ganze richtig übel wird.«
Greer nickte und gab Thomas ein Zeichen, ihnen zu folgen. Anita bildete die Nachhut.
Als die CASE -Mitarbeiter das Bordell betraten, drängten sich im Eingangsbereich bereits zahlreiche Menschen – Polizisten, Frauen, Kunden, Panchas . Auch Prasad, der lautstark schimpfte und fluchte, hatte sich inzwischen dort eingefunden. Als er die Amerikaner entdeckte, richtete er seinen ganzen Zorn auf sie. Wütend schob er sich durch die Menge und baute sich vor Greer auf. Seine Kleidung roch nach Zigaretten und billigem Rasierwasser.
»Bhenchod!«, stieß er hervor. Ein Schwall Betelsaft landete auf Greers Hemd.
Greer trat einen Schritt zurück,
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