Du bist in meiner Hand
stehen. »Kann ich dich wiedersehen?«, fragte er.
Sie wandte sich ihm zu. Ihre Blicke trafen sich. »Darüber muss ich erst nachdenken.«
Thomans nickte. Auf mehr hätte er ohnehin nicht zu hoffen gewagt. »Darf ich dich wenigstens zurück zur Straße begleiten?«
»Natürlich«, antwortete sie mit dem Anflug eines Lächelns.
Sie wandten sich vom Meer ab und spazierten schweigend durch Licht und Schatten des Parks. Dabei musste Thomas an die vielen Male denken, die sie beide in Cambridge unter Eichen und Weiden den Cam entlangspaziert waren, und später dann durch die Wälder von Virginia.
Als sie die Straße erreichten, winkte Thomas je ein Taxi für Priya und sich heran.
»Es hat gutgetan, dich zu sehen«, sagte er.
Obwohl sie nichts darauf antwortete, wurde ihr Lächeln ein wenig offener.
»Du denkst darüber nach?«, fragte er, als sie in das wartende Taxi stieg.
»Ich denke darüber nach.«
Als das Taxi davonfuhr, hob er einmal winkend die Hand in der Hoffnung, sie möge sich umblicken. Was sie aber nicht tat. Erst, nachdem das Fahrzeug um eine Kurve verschwunden war, wandte er sich seinem eigenen wartenden Taxi- Walla zu.
»Churchgate Station«, sagte er.
Am Mittwochmorgen begrüßte Jeff Greer Thomas und die übrige CASE -Belegschaft mit der Neuigkeit, Suchirs Anwalt habe seine Beziehungen spielen lassen und bei Gericht kurzfristig einen Anhörungstermin für elf Uhr bekommen, weil er für seinen Mandanten die Freilassung auf Kaution beantragen wollte. Der Anwalt verfügte über Verbindungen zum Rajan-Syndikat und beherrschte die Kunst, das Rechtssystem zu seinen Gunsten auszulegen, mittlerweile perfekt. Wenn er eine Anhörung für seinen Mandanten wollte, dann bekam er eine.
»Die Staatsanwältin hat Adrian gesagt, dass sie sich gegen eine Kaution aussprechen wird«, berichtete Greer, »aber sie macht sich keine großen Hoffnungen. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind Suchir und seine Leute in Kürze wieder auf freiem Fuß.«
»Werden sie dann aus der Stadt verschwinden?«, fragte Thomas.
»Das bezweifle ich«, antwortete Nigel McPhee. »Sie kennen nichts anderes als das Sexgeschäft. Die Mädchen werden mit geringen Geldstrafen davonkommen, sodass sie das Bordell in null Komma nichts wieder aufmachen können.«
»Obwohl sie bis vor ein paar Tagen Minderjährige zur Prostitution gezwungen haben?«
McPhee lachte. »Kaum zu glauben, oder?«
Nach der Besprechung wandte sich Thomas an Samantha Penderhook, die Leiterin der Rechtsabteilung von CASE , und fragte sie, ob er seinen Kollegen Adrian Miller zu der Kautionsanhörung begleiten dürfe.
Samantha zögerte. »Von mir aus gern. Es ist nur so, dass ein weißes Gesicht in einem Gerichtssaal in Mumbai leicht für Aufregung sorgen kann. Diese Leute sind sehr empfindlich, wenn sie das Gefühl haben, dass sich Ausländer in ihre Angelegenheiten einmischen.«
»Und wenn ich mich in die letzte Reihe setze? Ich werde so wenig auffallen wie eine Fliege an der Wand.«
Samantha trommelte mit den Fingern auf ihrem Schreibtisch herum. »Meinetwegen. Aber tun Sie genau, was Adrian Ihnen sagt. Und falls der Anwalt der Gegenseite versucht, deswegen eine Diskussion anzuzetteln, dann seien Sie bitte so gut und verschwinden sofort aus dem Gerichtssaal.«
Thomas bedankte sich bei ihr und machte sich auf die Suche nach Adrian. Obwohl der junge Anwalt von Samanthas Entscheidung nicht gerade begeistert war, nickte er.
»Sind Sie so weit?«, fragte er. »In zehn Minuten müssen wir aufbrechen.«
»Ich bin bereit«, antwortete Thomas.
Da Thomas genau wissen wollte, wie es in einem Gerichtssaal in Bombay zuging, überschüttete er seinen Kollegen auf der Hinfahrt mit Fragen. Er erfuhr von Adrian, dass die mit der Kautionsanhörung betraute Staatsanwältin eine der besten der Stadt sei, ihre Kompetenz für den Ausgang der Sache aber keine Rolle spiele. Das Gefängnis in der Arthur Road sei mehr als überfüllt, weshalb einige der Prozessrichter dazu neigten, Fälle von Menschenhandel nicht allzu ernst zu nehmen. Sollte der Verteidiger ein gutes Argument für die Freilassung auf Kaution parat haben, würde der Richter vermutlich zustimmen.
»Wird Suchir versuchen, den Richter zu bestechen?«
Adrian zuckte mit den Schultern. »Das halte ich für eher unwahrscheinlich. Die Richter sind nicht so korrupt wie die Polizei. Aber die Verbrechersyndikate haben in dieser Stadt große Macht. Vielleicht sind gar keine Bestechungsgelder nötig, um die Entscheidung des Gerichts
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