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Du bist in meiner Hand

Du bist in meiner Hand

Titel: Du bist in meiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corban Addison
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nicht so im Unklaren.
    Er trat auf die Terrasse hinaus und blickte in Richtung Norden, hinüber zum Juhu Beach. Wie kam es, dass die Frau, die er begehrte, in ihren widersprüchlichen Gefühlen gefangen war, während diejenige, die er zurückgewiesen hatte, ihn nicht loslassen wollte? Es war nicht seine Absicht gewesen, Tera auszunutzen. Er hatte sie nicht verführt. Wenn überhaupt, war es andersherum gewesen. Er überlegte, ob er ihr eine barsche Antwort schicken sollte, entschied sich aber dagegen. Er hatte nicht das geringste Bedürfnis, die Verbindung zwischen ihnen neu aufleben zu lassen.
    Stattdessen nahm er die Sache mit Priya jetzt selbst in die Hand. Er wählte ihre Handynummer. Eigentlich wusste er gar nicht so genau, was er da gerade machte, aber es fühlte sich besser an, als zu warten, bis sie von selbst herausfand, dass ihr Vater nicht vorhatte, seine Meinung zu ändern. Während er dem Läuten lauschte, rechnete er mehr oder weniger damit, dass gleich die Mailbox anspringen würde, doch dann hörte er plötzlich ihre Stimme.
    »Thomas?«
    Nach dem Geräuschpegel im Hintergrund zu urteilen, befand sie sich irgendwo in der Öffentlichkeit.
    Er holte tief Luft. »Priya, es tut mir leid, wenn ich lästig bin, aber ich konnte nicht mehr warten.«
    »Ich habe deine Nachrichten bekommen«, antwortete sie zögernd. »Eigentlich wollte ich dich längst anrufen.«
    »Kann ich dich sehen?«
    »Jetzt gleich?«
    »Egal. Jetzt oder später.«
    Sie überlegte einen Moment. »In Pali Hill gibt es ein Lokal namens Toto’s. Ich würde vorschlagen, wir treffen uns da, heute Abend um neun. Dinesh kann dir sagen, wie du hinkommst.« Im Hintergrund hörte er Stimmen.
    »Ich muss los«, erklärte sie. »Um neun im Toto’s.«
    »Ich werde da sein«, antwortete er, aber sie hatte schon aufgelegt.
    Um fünf nach neun saß Thomas im Toto’s an der Bar und schlürfte ein Bier. Das Lokal war irgendwie schräg. Obwohl es im Herzen des protzigsten Vororts von Bombay lag, kam man sich dort vor wie in einer Kneipe in Boston. Die Einrichtung fiel unter die Rubrik städtisch-nostalgisch: Dicke Stahlketten und Autoteile schmückten die Wände, und von der Decke hing die Karosserie eines VW-Käfers. Die Tische waren alle schon besetzt gewesen, als er gekommen war, und zwar fast durchweg von jungen Indern in westlicher Kleidung.
    Priya traf ein paar Minuten nach ihm ein. Sie trug Jeans, Ballerinas und ein auf Figur geschnittenes Oxford-Hemd.
    »Erinnert dich das an zu Hause?«, fragte sie, nachdem sie sich zur Bar vorgekämpft und neben Thomas gesetzt hatte. Obwohl sie sich um einen entspannten Gesichtsausdruck bemühte, verriet ihm ihr leicht gehetzter Blick, dass sie sich unwohl fühlte.
    »Und wie!«, antwortete Thomas. »Die spielen hier sogar Bon Jovi.«
    Priya rang sich zu einem Lächeln durch. »Was du an Rockmusik so faszinierend findest, habe ich nie verstanden.«
    »Das Gleiche könnte ich über die Sitar sagen. Wer will schon dreiundzwanzig Saiten spielen?«
    Lachend gab sie dem Barmann ein Zeichen, ihr ein Bier zu bringen.
    »Wie geht es deiner Großmutter?«, fragte Thomas, um ein Gespräch in Gang zu bringen.
    Priya zuckte mit den Schultern. »Sie schlägt sich tapfer, auch wenn die Ärzte meinen, dass es jeden Tag vorbei sein kann.«
    »Das tut mir leid.«
    Für einen Moment schwiegen sie beide verlegen. Thomas spürte, dass sie etwas sagen wollte, aber nicht wusste, wie sie es in Worte fassen sollte. Der Barmann stellte eine Flasche Kingfisher vor sie hin, und sie nahm einen Schluck.
    »Wie geht es deinem Vater?«, kam er ihr zuvor.
    Sie seufzte. »Interessiert dich das wirklich?«
    Er nahm ebenfalls einen Schluck von seinem Bier. » Du interessierst mich. Ob er mich interessiert, weiß ich noch nicht so genau.«
    »Wenigstens bist du ehrlich.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Alles andere wäre in diesem Fall doch völlig sinnlos.«
    »Es geht ihm nicht besonders«, beantwortete sie seine Frage. »Du hast ihn aufgeregt.«
    » Ich habe ihn aufgeregt? Ich glaube eher, er hat sich selbst aufgeregt. Das Leben ist nicht so gelaufen, wie er es sich vorgestellt hat, und nun braucht er einen Sündenbock.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Du verstehst ihn falsch. Er hat durchaus das Recht, sich wegen der Entscheidungen, die ich fälle, Gedanken zu machen.«
    »Gibt ihm das auch das Recht, über dein Leben zu bestimmen?«
    Priyas Augen blitzten auf. Sie schob sich demonstrativ ein Stück von ihm weg. »Wie kannst du das sagen?

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