Du bist mein Stern
Badehose. »Darf ich wieder reinkommen, bitte?«
»Nein!«, ruft Christian. »Zieh deinen scheiß Bademantel an, du Penner!«
Johnny zieht ihn widerstrebend an und wirft einen traurigen Blick auf die Stelle, wo er eben noch lag.
Komisch, wie einem eine Situation ganz plötzlich in all ihrer Absurdität bewusst werden kann. Johnny Jefferson will in meinem Bett schlafen. Mit mir! Wie verrückt ist das denn?
Christian zerrt Johnny auf die andere Seite des Bettes und in Richtung Tür. »Wir lassen dich jetzt in Ruhe«, erklärt er mir, während er Johnny vor sich herschiebt.
»Okay. Gute Nacht«, sage ich lächelnd.
»Schlaf schön!«, ruft Johnny mir von der Türschwelle zu.
»Oh!« Christian kommt zurück und schiebt die restlichen Jelly Beans von meinem Bett in seine Hand. Er sucht ein paar gelbe raus und legt sie auf meinen Nachttisch.
»Komm schon!«, ruft Johnny hinter ihm.
»Ich hoffe, das ist jetzt auch wirklich Lemon Lime und keine andere gelbe Sorte«, sagt er.
»Das hoffe ich auch«, antworte ich superernsthaft.
»Nacht!« Er lächelt mich an und ich ihn.
Johnny kommt ins Zimmer zurück, zerrt Christian von meinem Bett weg und schubst ihn in den Flur.
»Tschüs, Nutmeg!«, sagt er und sieht mich an.
»Tschüs!«, erwidere ich fröhlich.
Dann beugt er sich runter, küsst mich voll auf den Mund und zwinkert mir zu, als er sich umdreht. Er geht raus und schlägt die Tür hinter sich zu.
»Ich bin total besoffen!«, höre ich Christian sagen, als sie die Treppe an meinem Baumhaus runtergehen.
Ich betaste geschockt die Stelle, an der ich immer noch Johnnys Lippen spüren kann, liege ganz ernst da und betrachte durch das Fenster über meinem Bett die raschelnden Blätter im Mondlicht.
Kapitel 17
Ich wusste zwar, dass Johnny berühmt ist – natürlich wusste ich das –, aber jetzt ist auch klar, dass ich in den letzten Monaten in einer Seifenblase gelebt habe, denn das hier, meine Freunde, ist lächerlich.
Wir sind in Wien, um die Europa-Etappe seiner Tournee zu starten, und die Menge, die sich am Flughafen versammelt hat, um ihn ankommen zu sehen, ist absolut phänomenal. So was habe ich wirklich noch nicht erlebt – und ich würde eigentlich auch sagen, dass ich so was auch niemals wieder erleben werde, aber in der nächsten Stadt wird es ohne Zweifel genauso sein.
Johnny ist ganz groß in Amerika. Er ist überall auf der Welt groß. Aber in Los Angeles sind die normalen Leute so viel mehr daran gewöhnt, großen Stars zu begegnen, dass sie nicht mehr dazu neigen, jedes Mal auf offener Straße vollkommen durchzudrehen.
In Europa ist das allerdings anders. Hier werden wir von einem solchen Blitzlichtgewitter begrüßt, dass ich schon gar nichts mehr sehen kann, und was das Gekreische angeht, würden mir selbst die besten Ohrstöpsel nicht weiterhelfen. Ich werde von Bodyguards durch die Gangway geschoben, die drei Mal so breit sind wie ich. Johnny geht ein Stück vor mir und sieht absolut obercool aus mit seiner dunklen Sonnenbrille und seinem Rockstar-Gehabe.
Wenn ich ihn so sehe, kann ich fast nicht glauben, dass ich ihn kenne. Das hier ist ein Augenöffner erster Güte. Ich sehe ihn zu Hause, draußen am Pool mit seiner Gitarre oder in der Küche mit seinen Boxershorts, und dann ist er einfach nur Johnny, ein dreißigjähriger Typ aus Newcastle, der zufällig mein, wenn auch sehr attraktiver, Chef ist.
Seit wir vor anderthalb Monaten aus Big Sur zurückgekehrt sind, ist er mir gegenüber ziemlich distanziert. Der Abend, an dem wir zusammen in dem großen Whirlpool gelegen haben, kommt mir in der Erinnerung seltsam surreal vor, und der nächste Abend, an dem er mir einen Gutenachtkuss gegeben hat, sogar fast so, als hätte ich mir das alles nur eingebildet.
Am nächsten Tag sind wir wieder zur normalen Tagesordnung übergegangen. Er war mit Christian und dem Buch beschäftigt, und ich hab mich in die Arbeit gestürzt. Und am Tag danach sind wir abgereist. Davey kam, um mich abzuholen, denn Johnny wollte mit Christian noch ein paar Tage nach San Francisco fahren. Alles in allem war das ein seltsames Ende eines seltsamen Aufenthalts. Und als Johnny zurückkam, war er wie ausgewechselt, professionell und sachlich. Sehr merkwürdig. Ich hab mich zusammengerissen und hart gearbeitet, um dabei zu helfen, die Tournee optimal vorzubereiten.
Wir sind in einem Fünf-Sterne-Hotel in der Wiener Innenstadt untergebracht. Ich bin schon mal in einem separaten Wagen vorausgefahren, um mich zu
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