Du bist mein Stern
irgendwas tun?«
Er nimmt die Hände vom Gesicht, steckt sie hinter den Kopf und sieht missmutig zur Decke hoch.
»Johnny?«
Er schüttelt so leicht den Kopf, dass es fast nicht wahrnehmbar ist.
Ich höre, wie unten ein Fenster zerbricht. Johnny hebt alarmiert den Kopf.
Ich rufe schnell die Security an und erfahre, dass die Fans angefangen haben, Steine an die Fenster zu werfen. Wir befinden uns im obersten von sieben Stockwerken, so hoch können sie gar nicht werfen, aber wenn das ein Versuch gewesen sein soll, Johnnys Aufmerksamkeit zu erregen, dann waren sie erfolgreich. Sie wollen, dass er ans Fenster kommt, sein Gesicht zeigt, ihnen etwas gibt, weshalb sie so richtig hysterisch werden können, aber wenn er das tut, wird der Tumult da draußen gar kein Ende mehr nehmen. Sie werden immer mehr wollen.
»Wir verschwinden heute Nacht noch von hier«, verspreche ich ihm.
Wir sind im Backstagebereich des Wiener Ernst-Happel-Stadions. Die Vorgruppe ist schon fertig, und die Lichter sind auf die 49 000 Menschen gerichtet. Das Stadion ist ausverkauft, die Atmosphäre elektrisch aufgeladen.
Johnny sitzt in seiner Garderobe, seine Tür ist geschlossen. Ich stehe mit Bill davor.
»Ist er immer so, wenn er auf Tour geht?«, frage ich besorgt.
»Ja, jedes Mal«, antwortet Bill. »Mach dir deswegen keinen Kopf, Mädchen, er schafft das schon. Wie jedes Mal. Wenn das erste Konzert erst mal vorbei ist, kann er das zweite schon kaum noch erwarten.«
»Bist du sicher, dass ich nicht doch einen Arzt rufen soll?«, frage ich zum ungefähr zwölften Mal.
»Ach, papperlapapp Arzt«, wiegelt Bill ab. »Sei nicht albern. Ich sag dir doch, dass das nicht nötig ist. Hör auf, mich damit zu nerven!« Er gibt mir einen freundschaftlichen Klaps auf den Hinterkopf.
»Ich sehe besser mal nach ihm«, sage ich versuchsweise und bewege mich dabei auf die Tür zu.
»Lass das sein!«, knurrt er. »
Ich
mach das.«
Ich sehe ihn einen Moment unsicher an, aber er legt seine Hände entschlossen auf meinen Arm und schiebt mich von Johnnys Garderobentür weg. Das ergibt natürlich auch Sinn. Bill ist seit Jahren dabei; ich kenne Johnny erst ein paar Monate.
»Alles in Ordnung mit ihm?«
Als ich mich umdrehe, steht Christian mit besorgter Miene vor mir. Er wird uns während der ersten Auftritte begleiten und muss dann zurück nach London, wo er dann auch später wieder zu uns stoßen wird, um noch einiges mehr für sein Buch zu dokumentieren.
»Bill meint ja.«
Wir gehen in den Backstage-Aufenthaltsraum. Ich bin dafür zuständig, dass dort zwei riesige Tische mit allen erdenklichen Getränken und Speisen bereitstehen. Christian steuert sofort auf eine knallbunte Packung mit Cornflakes zu.
»Fruity Pebbles, Meg?«, fragt er grinsend.
»Extra für dich«, antworte ich. »Und da hinten sind auch Jelly Beans.« Ich zeige sie ihm.
»Du bist wirklich eine super P.A.«, sagt er, »viel besser als dieses Paola-Flittchen.«
Ich lache. »Das will ich hoffen. Sie hat sich doch nur acht Monate gehalten, oder?«
»Nur?«, fragt er überrascht. »Kam mir länger vor.«
»Kanntest du sie gut?« Ich bin immer noch begierig, mehr über Paola zu erfahren.
»Nein.« Er zuckt die Achseln und sieht sich um. »Wo ist Johnny? Er ist gleich dran.«
Die Jungs aus Johnnys Band lümmeln auf den Sofas auf der anderen Seite des Raums rum. Sie trinken Bier und wirken zur Abwechslung mal richtig munter.
»Wo bleibt Johnny denn, zum Teufel nochmal?«
TJ ruft Bill diese Frage zu, der gerade aus Johnnys Garderobe kommt. »Er kommt, er kommt«, versichert er ihnen.
»Ich frag mich ja, was TJs richtiger Name ist«, flüstere ich Christian zu.
»Tom Jones«, antwortet er.
»Nein!«
»Doch.« Er lacht.
»Quatsch!«
»Doch, ehrlich! Hey, TJ , wie heißt du richtig?«, ruft Christian quer durch den Raum.
»Leck mich«, ist TJs Antwort.
Christian dreht sich wieder zu mir. »Ich sag’s dir, er heißt Tom Jones.«
Ich lache, und in dem Moment kommt Johnny in den Raum geschlendert. »Was ist denn so komisch?«, fragt er.
»Hey, Johnny!« TJ und die anderen Bandmitglieder heben ihre Flaschen.
Johnny nickt ihnen zu und sieht dann mich an. »Du siehst so aus, als würdest du dich richtig auf den Auftritt freuen. Dabei ist es ja nicht gerade ein Kylie-Konzert, was?«
»Der Witz wird langsam alt«, erwidere ich und verdrehe die Augen.
Er schlendert rüber ans Büfett, macht den Whisky auf und trinkt direkt aus der Flasche.
»Ist der immer so, wenn er
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