Du bist mein Traummann
wäre, dachte Kallista. An Romans harte Lippen auf ihren. Sie hatte damals das Gefühl gehabt, als hätte Roman seine tiefsten Gefühle in diesen Kuss gelegt. Und sie selbst war hin- und hergerissen zwischen Abwehr und dem instinktiven Wunsch, Roman zu besitzen. Jetzt hatte er ihr Verlangen von neuem geweckt.
Na schön. Roman Blaylock war ein äußerst gut aussehender Mann, und seine dunklen Augen würden wohl jede Frau faszinieren. Und dann seine unglaubliche Selbstsicherheit, diese herausfordernde Arroganz. Aber was mochte sich hinter seinem attraktiven Äußeren verbergen? Debbie hatte ganz offensichtlich Angst vor ihrem Mann gehabt.
Kallista brach das Schloss auf und betrat Romans dunkles, verlassenes Haus. Es war ein modernes, im Blockhausstil errichtetes Ranchhaus. Kallista drückte auf den Lichtschalter, doch es blieb dunkel. Sie holte ihre Taschenlampe aus ihrer kleinen Reisetasche und ließ den Schein über die Wandtäfelung des Wohnzimmers gleiten. Es gab viele helle Vierecke, wo einmal Bilder gehangen hatten.
Sie fröstelte, ging aber weiter. Die Fenster waren ohne Vorhänge, fahl und blass fiel das Mondlicht herein. Das ganze Haus erschien irgendwie kalt und leer. Nur ein kleiner Raum war vollgestopft mit allen möglichen Möbelstücken, die offenbar nicht hierher gehörten. Er enthielt wahrscheinlich alles, was Debbie an ihr Kind oder ihren Mann erinnern könnte und was sie deshalb hier gelassen hatte.
Debbie. Zart, blond, blauäugig – eine Träumerin. Debbie würde immer jemanden brauchen, der sie beschützte. Gegen Roman hatte sie keine Chance gehabt.
Sie, Kallista, hatte ihr Leben lang kämpfen müssen. Niemand hatte sie beschützt, außer Boone. Roman hatte seine kleine Tochter verloren, das wusste sie von Hannah Blaylock, und dass er um sie trauerte, ebenso wie um Boone. Tat er das wirklich oder wollte er nicht nur Mitleid erregen, um von der Tatsache abzulenken, dass er im Begriff war, den llewelynschen Besitz an sich zu reißen?
Sie betrat das Arbeitszimmer. Die Wände waren bedeckt mit Bücherregalen. Auf dem modernen Schreibtisch häufte sich ein Chaos an Papieren. Alles war staubbedeckt. Kallista ging weiter. Die Speisekammer war leer, die Waschküche ebenso. In der Küche befanden sich keine Lebensmittel bis auf eine halbleere Flasche Whiskey. Außerdem lagen da noch ein paar Fotos auf dem Küchentisch, manche von ihnen reichlich zerknittert, als habe jemand seine Wut daran ausgelassen. Kallista nahm eines davon. Es zeigte Roman mit einem Baby auf dem Arm und einem zärtlichen Lächeln in seinem dunklen, kantigen Gesicht.
Auf dem Boden entdeckte sie ein zerknülltes Stück Papier. Sie hob es auf, strich es auf der Arbeitsplatte glatt und leuchtete mit ihrer Taschenlampe darauf. Es war ein Brief an Roman, geschrieben in Debbies schnörkelreichen, kindlichen Handschrift.
Ich werde Thomas heiraten. Ich nehme alles –– auch das Geld für die Hypothekenrückzahlung. Wir brauchen es, um neu anzufangen. Ich habe es mir verdient, indem ich dreizehn Jahre mit Dir lebte und den Blaylock-Clan ertrug. Ich weiß es zu schätzen, dass Du mir die Ehe angeboten hast, als ich schwanger war von John. Aber ich will einen Mann, mit dem ich nicht nur meine Träume und meine Gedanken teilen kann, sondern auch mein Bett. Bei Thomas werde ich keine getrennten Schlafzimmer wollen.
Kallista erinnerte sich. Damals, während dieser schrecklichen Szene in der Keramikwerkstatt, hatte Debbie laut nach Thomas gerufen. Später hatte sie ihn als einen Freund vorgestellt, doch die Blicke, die sie ausgetauscht hatten, hatten mehr als freundschaftlich gewirkt. Stirnrunzelnd las Kallista weiter.
Er hätte mich niemals so verfolgt wie Du damals in der Keramikwerkstatt. Er lässt mich meine Entscheidungen selbst treffen, und ich liebe ihn. Ich erwarte ein Kind von ihm. Ich werde nicht zurückkehren. Versuch nicht, die Scheidung zu verhindern, sonst erzähle ich Deinen Eltern, dass unsere Ehe von Anfang an nur reine Fassade war, dass Du mich geheiratet hast, um mich vor dem Gerede der Leute zu schützen und dass ich es die ganzen Jahre niemals ertragen konnte, mit Dir zu schlafen. Debbie
P. S. Danke, dass Du Johns Tochter so ein guter Vater warst. Michaelas Geburt war zu schmerzhaft, als dass ich das Kind wirklich hätte lieben können.
Hannah hatte Kallista erzählt, dass Romans Tochter mit drei Jahren in einem Planschbecken ertrunken war. Roman hatte auf dem Feld gearbeitet und bei seiner Rückkehr das kleine
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