Du bist nie allein
jetzt.
Bevor Julie sich versah, stand Richard auch schon neben Edna. Er wischte sich über die Stirn und lächelte ihr zu, woraufhin Edna leicht errötete.
»Sie hatten Recht«, sagte Richard. »Die Grundstücke sind auch schön, aber ich glaube, die auf dieser Seite gefallen mir besser.«
»O ja, natürlich«, sagte Edna. »Und von dieser Seite aus hat man eine unbezahlbare Aussicht aufs Wasser. Besser geht’s gar nicht! Das ist eine wunderbare Investition.«
Sie lachte und fuhr dann fort: »Oh, wo habe ich denn meine Manieren gelassen? Ich möchte Ihnen gern eine Freundin vorstellen…«
»Hallo, Julie«, sagte Richard. »Was für eine nette Überraschung.«
Julie sagte nichts. Sie hatte ganz weiche Knie. Singer knurrte weiter, mit hochgezogenen Lefzen. Edna stutzte. »Ach, Sie beide kennen sich schon?«, erkundigte sie sich.
»Könnte man so sagen«, sagte Richard. »Nicht wahr, Julie?«
Julie rang um Fassung. Du… Scheißkerl, dachte sie. Woher wusstest du, dass ich hier sein würde?
Woher?
Bevor sie antworten konnte, schaute Richard Edna an.
»Edna – haben Sie alle Unterlagen über Größe, Preis und Lage der Grundstücke mitgebracht? Ich glaube, ich sollte einen Blick auf die Liste werfen, wenn ich schon mal hier vor Ort bin.«
Ednas Augen begannen zu leuchten.
»Selbstverständlich. Liegt alles im Auto«, sagte sie. »Ich hol die Sachen eben. Sie werden bestimmt erfreut sein – die Preise sind sehr vernünftig. Bin gleich wieder da.«
»Lassen Sie sich Zeit«, sagte Richard lächelnd. »Ich hab’s nicht eilig.«
Gleich darauf stöckelte Edna davon. Als sie fort war, sah Richard Julie lächelnd an.
»Wundervoll siehst du aus«, sagte er. »Hast mir gefehlt. Wie geht es dir?«
Bei der jähen Erkenntnis, dass sie allein waren, war Julie schlagartig hellwach. Sie trat einen Schritt zurück und dankte dem Himmel, dass Singer zwischen ihnen stand.
»Was machst du hier, Richard?«
Richard zuckte die Achseln, als hätte er die Frage schon erwartet. »Ist ’ne tolle Investition. Ich glaube, dass ich hier gern Wurzeln schlagen würde. Ein Mann braucht ein Zuhause, und auf die Weise könnten wir Nachbarn sein.«
Julie wurde blass.
Er lächelte. »Würde dir das gefallen, Julie? Wenn ich gleich nebenan wohnen würde?… Nein? Nun, vielleicht will ich ja gar kein Grundstück kaufen, sondern nur mal mit dir reden. Du hast deine Telefonnummer geändert, du gehst nirgendwo allein hin. Was blieb mir anderes übrig?«
Julie wich noch einen Schritt zurück. Singer rührte sich nicht, als wollte er Richard herausfordern. Seine Hinterläufe zitterten sprungbereit.
»Ich will nicht mit dir reden.«
Sie verwünschte ihren wehleidigen Tonfall. »Warum begreifst du das nicht endlich?«
»Erinnerst du dich gar nicht mehr an unsere Treffen?«, fragte Richard sanft. Auf einmal wirkte er fast wehmütig, und Julie kam die Szene völlig unwirklich vor. »Unsere Zeit zusammen war etwas Besonderes. Warum willst du das nicht zugeben?«
»Es gibt nichts zuzugeben.«
»Warum benimmst du dich so abweisend?«
Er klang verwundert, ratlos. »Mike ist nicht hier – wir sind doch unter uns.«
Julies Blick huschte seitwärts, zum Pfad. Höchste Zeit, abzuhauen.
»Wenn du nur einen Schritt auf mich zukommst oder mir zu folgen versuchst, schreie ich – und diesmal halte ich Singer nicht zurück.«
Richard lächelte freundlich, als versuche er geduldig, sich einem Kind verständlich machen.
»Kein Grund zur Angst. Du weißt, dass ich dir nie wehtun würde. Ich liebe dich.«
Sie blinzelte.
Er liebt mich?
»Was zum Teufel redest du da?«, fragte sie endlich, viel heftiger als beabsichtigt.
»Ich liebe dich«, wiederholte er. »Und wir könnten neu anfangen. Wir können noch einmal ins Theater gehen – ich weiß, das hat dir gefallen. Und wir könnten überall hinfahren, wohin du willst. Spielt keine Rolle. Und diese Liebelei mit Mike streichen wir einfach aus unserem Gedächtnis, das war ein Fehler, okay? Ich verzeihe dir.«
Während er sprach, wich Julie immer weiter zurück, und ihre Augen weiteten sich angstvoll bei jedem Wort. Dieser Mann war verrückt!
Richard grinste verschlagen. »Jede Wette, du hast ihm nicht erzählt, dass ich bei dir übernachtet habe. Was meinst du, wie er das wohl aufnehmen würde?«
Die Worte trafen sie mit fast körperlicher Wucht. Richard, der sich durch ihre Reaktion bestätigt sah, streckte ihr die Hand entgegen.
»Jetzt komm, wir fahren irgendwohin, wo es lauschig ist, und
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