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Du bist nie allein

Du bist nie allein

Titel: Du bist nie allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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spürte den Sog der Erinnerung an Jessica.
    Für ihre Flitterwochen hatten sie ein Haus auf einer der Bermudainseln gemietet, nicht weit von einem Ferienort entfernt. Es war ruhig und romantisch, mit Deckenventilatoren und weißen Korbmöbeln und einer Veranda mit Blick aufs Meer. Am Privatstrand konnten sie stundenlang allein die Sonne genießen, nur sie beide.
    Oh, wie hatte er sich darauf gefreut! In den ersten paar Tagen machte er Dutzende Aufnahmen von Jessica.
    Ihre Haut hatte es ihm besonders angetan – weich und glatt, schimmernd von Sonnenöl. Nach drei Tagen hatte sie einen Bronzeton angenommen, und Jessica sah in ihrem weißen Baumwollkleid hinreißend aus. An jenem Abend hatte er keinen sehnlicheren Wunsch, als sie in die Arme zu nehmen, ihr langsam das Kleid vom Leib zu streifen und sie unter den Sternen zu lieben.
    Aber sie hatte tanzen gehen wollen. In dem Ferienort.
    Nein, hatte er geantwortet, lass uns hier bleiben. Es sind unsere Flitterwochen.
    Bitte, sagte sie. Für mich. Tust du’s für mich?
    Also fuhren sie hin, und es war laut und wimmelte von Betrunkenen, und Jessica war auch laut und trank in einem fort. Sie lallte zunehmend, und später machte sie sich wankend auf den Weg zur Toilette. Sie taumelte gegen einen jungen Mann und hätte beinahe seinen Drink verschüttet. Der junge Mann berührte sie am Arm und lachte. Jessica stimmte ein.
    Richard schäumte innerlich, als er es sah. Es war ihm peinlich. Es machte ihn wütend. Aber er würde ihr verzeihen, sagte er sich. Sie war jung und unreif. Er würde ihr verzeihen, denn er war ihr Mann und liebte sie. Aber sie musste ihm versprechen, das nie wieder zu tun.
    Doch später, als sie wieder in ihrem Haus waren und er mit ihr zu reden versuchte, wollte sie nicht zuhören.
    Ich hab mich bloß amüsiert,
hatte sie gesagt.
Du hättest ja auch versuchen können, dich zu amüsieren.
    Wie denn, wenn meine Frau mit Fremden flirtet?
    Ich hab nicht geflirtet.
    Ich habe es gesehen.
    Hör auf, du bist verrückt.
    Was hast du zu mir gesagt? Was hast du gesagt?
    Au… lass mich los… du tust mir weh…
    Was hast du gesagt?
    Au… bitte… Au!
    Was
hast
du gesagt?
    Letzten Endes hatte sie ihn enttäuscht. Und Julie war eine ebensolche Enttäuschung. Er hatte schon langsam das Vertrauen in sie verloren. Doch in der Kneipe hatte sie es wieder gutgemacht. Sie hatte ihn nicht ignorieren, nicht einfach weggehen können. Nein, sie hatte einfach mit ihm reden müssen, und so gehässig ihre Worte auch waren, er wusste, was sie in Wahrheit empfand. Ja, sie hatte ihn gern, das wusste er, denn waren Zorn und Liebe nicht zwei Seiten derselben Medaille? Großer Zorn war ohne große Liebe gar nicht denkbar… Und
wie
zornig sie gewesen war.
    Was für ein erhebender Gedanke.
    Richard verließ die Dunkelkammer und begab sich ins Schlafzimmer. Auf dem Bett, das übersät war mit Kameras und Objektiven, lag auch das Mobiltelefon. Damit würde er eine verfolgbare Spur hinterlassen, das war ihm klar, aber er musste heute Abend ihre Stimme hören, und sei es nur vom Band. Beim Klang ihrer Stimme würde er wieder den Abend im Theater vor sich sehen können, die Tränen in ihren Augen, wie ihr Atem schneller ging, während das Phantom mit sich rang, ob es seine Geliebte ziehen lassen oder ob sie beide sterben sollten.
    Er wählte die Nummer und schloss erwartungsvoll die Augen. Doch statt Julies vertrauter Stimme vernahm er eine automatische Ansage der Telefongesellschaft. Er beendete den Anruf und wählte neu, sorgfältiger diesmal, hörte aber wieder dieselbe aufgezeichnete Ansage.
    Richard starrte auf das Handy. O Julie, warum?
Warum?

Kapitel 29
    N ach dem Aufruhr der vergangenen Tage verlief die ganze nächste Woche in Julies Leben verdächtig ruhig. Sie sah Richard nirgends. Der darauf folgende Montag verging ebenfalls ereignislos, und sie hoffte inständig, dass das auch an diesem Dienstag so blieb.
    Es sah ganz danach aus. Ihr Telefon lieferte den Beweis dafür, dass Geheimnummern ein wirksamer Weg waren, sich unerwünschte Anrufe vom Hals zu halten. Doch so angenehm es auch war, sich nicht länger vor unerwünschten Anrufen fürchten zu müssen – allmählich kam Julie zu dem Schluss, dass sie das Telefon ebenso gut im Garten verbuddeln konnte, denn logischerweise rief kein Mensch sie an.
    Nur vier Menschen – Mabel, Mike, Henry und Emma kannten die neue Nummer, und da sie mit Mabel den ganzen Tag und mit Mike die ganze Nacht zusammen war, hatten beide keinen Grund

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