Du bist nie allein
hilft auch kein gutes Aussehen, was?«
»Zugegeben, in der Hinsicht ist er nicht übel«, sagte Julie, und Emma lachte.
Sie aßen Salat im Deli, einem früheren Wohnhaus in der Altstadt. Sonnenlicht fiel auf ihren Ecktisch und sammelte sich in ihren Teegläsern, die bernsteingolden leuchteten.
»Dasselbe habe ich auch zu Henry gesagt, als wir wieder zu Hause waren. Und dann habe ich ihn gelöchert, warum er nicht mehr so aussieht.«
»Was hat er geantwortet?«
»Er hat gesagt…«
Emma richtete sich auf, senkte die Stimme und ahmte Henry nach. »Keine Ahnung, was du meinst, aber wenn ich nicht wüsste, wie sehr du mich liebst, würde ich glauben, du willst mich beleidigen.«
Julie lachte. »Du hörst dich genau an wie er.«
»Schätzchen, wenn du so lange verheiratet bist wie ich, ist das kinderleicht. Fehlt eigentlich nur noch der angebissene Doughnut.«
Julie musste so kichern, dass sie etwas Tee auf den Tisch verschüttete. »Aber du bist immer noch glücklich mit ihm, oder? Selbst nach all der Zeit?«
»Meistens ist er ein guter Kerl. Manchmal möchte ich ihm zwar eins mit der Pfanne überbraten, aber das ist wohl ganz normal.«
Während sich Julie vorbeugte, funkelten ihre Augen schelmisch. »Habe ich dir je erzählt, wie ich Jim mal mit einer Pfanne beworfen habe?«
»Was? Wann war das denn?«
»Weiß ich nicht mehr. Ich kann mich nicht mal mehr erinnern, worum es bei dem Streit ging, aber ich habe die Pfanne genau in seine Richtung geworfen. Ging zwar daneben, aber danach hat er mir zugehört.«
Emma zog die Augenbrauen hoch, trank etwas Tee, und widmete sich dann wieder ihrem Salat. »Sag mal, was höre ich denn da über Mike?«
Damit hatte Julie schon gerechnet. Nicht Politik oder Sport oder die neuesten Schlagzeilen hielten die Leute in diesem Städtchen in Atem, sondern das Tun und Treiben ihrer Mitbürger.
»Was genau meinst du denn?«
»Dass er dich um eine Verabredung gebeten hat und dass ihr zusammen essen wart.«
»Nun – eigentlich war ich diejenige, die ihn gefragt hat.«
»Er hat es also nicht über sich gebracht?«
Julie warf Emma einen schelmischen Blick zu. »Was glaubst du?«
»Hm… ich glaube, er ist bei deiner Frage wahrscheinlich vor Schreck erstarrt wie Lots Weib.«
Julie lachte. »So ungefähr.«
»Und, wie war es? Was habt ihr gemacht?«
Als Julie ihren Bericht beendet hatte, lehnte sich Emma zurück.
»Klingt doch ganz gut.«
»Allerdings.«
Sie musterte Julie einen Moment lang. »Und, was ist mit… du weißt schon… musstest du an…«
Ihre Stimme verlor sich, und Julie vervollständigte den Satz für sie.
»Ob ich an Jim denken musste?«
Emma nickte, und Julie dachte kurz nach. »Nicht so viel, wie ich gedacht hatte«, sagte sie. »Und am Ende hat es mich gar nicht mehr gestört. Mike und ich… wir kommen einfach gut aus. Er bringt mich zum Lachen. In seiner Gegenwart fühle ich mich rundum wohl. Ist schon lange her, dass ich mich so gefühlt habe.«
Emmas Gesicht wurde sanft. »Kein Wunder. Du und Jim, ihr wart ein tolles Paar. Wir haben immer Witze darüber gemacht, wie ihr euch anhimmeltet, sobald ihr euch unbeobachtet glaubtet.«
Emma schwieg kurz. »Wie hat Mike sich benommen?«, fragte sie dann.
»Gut. Um ehrlich zu sein, er war ganz schön nervös, aber das hatte wohl weniger mit Jim zu tun. Eher mit der Verabredung selbst.«
»Und… magst du ihn?«
»Natürlich mag ich ihn.«
»Ich meine, hast du ihn gern?«
Julie musste nicht antworten. Ihre Miene sprach Bände, und Emma langte über den Tisch, um Julies Hand zu drücken.
»Warte ab, das kommt schon noch.«
»Ach ja?«
»Ich war mir schon immer sicher, dass ihr zusammenkommt. Es ist nur eine Frage der Zeit.«
»Du hast nie was gesagt.«
»Das war auch nicht nötig. Ich dachte, wenn du erst so weit bist, wirst du schon dieselben Vorzüge an Mike erkennen wie ich.«
»Zum Beispiel?«
»Dass er dich nie enttäuschen wird. Der Junge hat ein Herz, so groß wie Kentucky, und er liebt dich. Darauf kommt es an. Meine Mom hat immer gesagt, heirate jemanden, der dich mehr liebt als du ihn.«
»Das glaube ich nicht.«
»Doch, das hat sie gesagt. Und ich habe auf sie gehört. Warum, glaubst du wohl, kommen Henry und ich so gut miteinander aus? Was bestimmt nicht heißen soll, dass ich ihn nicht liebe. Er würde jederzeit sein Leben für mich aufs Spiel setzen.«
»Und du meinst, Mike ist auch so?«
»Schätzchen, darauf kannst du deinen letzten Dollar wetten.«
Als Julie nach
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