Du bist schön Marie (Geschichtentrilogie Band 1 Erotische Geschichten)
Straße.
In dem riesigen Garten wuchsen unzählige Blumen und exotische Bäume. Feigen, Datteln, Granatapfel.
Immer, wenn Lily später von ihrer Reise berichtete, geriet sie ins Schwärmen. Else hatte zwar oft von diesem wundersamen Land Argentinien, das sie jeden europäischen Winter heimsuchte, berichtet, doch die Erwartungen übertrafen bei weitem Lilys Vorstellungen. Ihre Auslandsreisen hatten sich mit Polen, der CSSR und Ungarn erschöpft. Sehr gern hätte sie auch nach Moskau gewollt. Nach Petersburg. In die Wüste Sahara. Doch die Wende hatte dies vorerst vereitelt. Und die UdSSR, also die Sowjetunion, gab es ja nicht mehr. Nun hieß es wieder Russland. Und die Russen hatte es hart getroffen. Lilys Sehnsucht war nun der Westen. Und wie Else würde sie wohl bald zur Globetrotterin mutieren.
Lily und Karl lebten sich schnell ein. Argentinien ist der schönste Platz der Welt, waren sie sich sicher. Kein Wunder, dass es Else immer wieder hier her zog. Sie liebte diesen kleinen, lang gezogenen Ort mit seinen vielen kunstgewerblichen Geschäften. Den Hotels, Bars, Cafes. Überall gab es Andenken, Schmuck und moderne Kleidung zu kaufen. Es herrschte ein lebendiges Gewimmel. Und es wurde deutsch gesprochen. Sogar deutsche Schlagermusik lärmte entlang der Hauptstraße lautstark aus und vor den Geschäften.
Am meisten wunderte sich Lily über Aldi und Lidl und die deutschen Drogerien.
„Das ist mir alles zu europäisch“, murrte sie. „Passt irgendwie nicht in die Landschaft. Ein Glück, dass wenigstens die Sonne von rechts nach links aufgeht.“
Die Einheimischen schienen zufrieden zu sein, nachdem die Militärdiktatur abgelöst wurde. Das Leben spielte sich vorwiegend auf der Straße ab. Die Menschen waren freundlich und aufgeschlossen.
So war jeder Tag ein neues aufregendes Erlebnis. Niemals würde Lily diese Landschaft vergessen. Diese Berge, auf deren Höhen Kühe weideten, Stiere brüllten, saftige Gräser und Kakteen wucherten. Wasserfälle die Felsen hinab brausten.
Auf stundenlangen Spaziergängen naschten unsere Reisenden von den saftigen Brombeeren, die kilometerweit an saftigen Hängen wuchsen, bestaunten die riesigen Eukalyptusbäume, die in einen absurd niedrigen Himmel zu ragen schienen, bewunderten die kleinen bunten Papageienvölker, die in der Mittagszeit aus ihren Familiennestern flüchteten und sich laut kreischend um das süße Futter, die Brombeeren, zankten.
Adler zogen gemächlich ihre Kreise. Winzige gelbe Kolibris flogen unruhig umher und stießen dabei einen hohen Sirenenton aus. Alles war so unwirklich und traumhaft. Und manchmal entdeckten sie eine hinter Bäume und Sträuchern versteckte Indianerhütte.
„Die Indianer sind noch immer in ihren alten Riten und Traditionen gefangen“, erzählte Guschi, der sie öfters auf ihren Streifzügen begleitete, diesmal. „Sie stellen übrigens wunderschönen Schmuck her. Ohrgehänge und Ketten. Und Armreifen aus Silber. Verziert mit Edelsteinen. Amethyst, schwarzer Onyx, dunkler Saphir, schwarze Perle, Mondstein, Smaragde“, schwärmte er. „Um nur einige zu nennen. Und sie verkaufen sie ganz billig in den kleinen Orten entlang der Flüsse.“
„Und dass die Amerikaner die Indianer fast ausgerottet haben, vergesst ihr wohl ganz“, sagte Karl streitlustig wie immer. „Dieses ehemals so stolze Volk muss sich jetzt hier in ärmlichen Hütten verstecken und billig verkaufen. Findet ihr das in Ordnung?“
„Karl hat in seiner Kindheit zuviel Karl May gelesen“, spottete Lily. „Er spielte immer den Indianerhäuptling. Und ich war seine weiße Gefangene, die er am Marterfahl nach Herzenslust quälen konnte.“
„Na, na“, mischte sich Else ein. „So schlimm war es ja auch nicht.“
„Doch, war es“, müpfte Lily. „Ich konnte dir nur nichts petzen, weil dein lieber Sohn mich skalpiert hatte.“
„Ach, Lily, du bist schrecklich“, lachte Else.
„Die wenigen Indianer, die es noch gibt“, führte Guschi das Gespräch fort, „haben kein Vertrauen zu uns. Wie sollten sie auch.“
„Hätte ich auch nicht“, sagte Lily nachdenklich.
Das Gespräch hatte keine erfreuliche Wendung genommen. Sie wollte lieber nach Santa Rosa. Ins Herz der Pampa, die so groß war, wie England und Frankreich zusammen. Dort gefiel es ihr am besten. Und der Fluss Yacuma war breit, weit und steinig. Und die Wiesen grün und saftig. Täglich zu festgesetzten Zeiten kamen Kuh - und Pferdeherden zu einer
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