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Du bist zu schnell

Titel: Du bist zu schnell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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besonders nach dieser fremden Welt sehnte.
    —    Du scheinst an deiner Psychose zu hängen, sagte er, Ist es das?
    -    Nicht richtig, antwortete ich, Es ist eher so, daß ich dieses Gefühl mag, die Welt richtig zu sehen. Weißt du, ich rieche und spüre alles anders. Es beginnt ganz harmlos, und dann ist da plötzlich die Langsamkeit. Als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Ich beobachte sie, ich bin kein Teil von ihr, ich bin schneller und kann mich dabei normal bewegen. Irgendwann ist es dann soweit, und die Welt öffnet sich mir.
    —Wow.
    —Ja, wow.
    Ich konnte ihn nicht ansehen, während ich das erzählte. Ich sah zwischen meine Beine, wo ich mit den Händen Furchen durch den Sand gezogen hatte. Wenn ich so direkt darüber sprach, kam ich mir vor wie ein kleines Kind, das von einem Traum erzählt.
    -    Erinnerst du dich an den Film >Matrix    -    Ich erinnere mich, das Leben wurde ihnen vorgegau-kelt.
    -    Richtig. Aber bei mir ist das nicht so. Es ist eine ähnliche Ebene, nur daß die Welt die Welt bleibt. Sie ist dieselbe, aber auch nicht. Sie wird reicher, sie wird einfach reicher. Und es ist...
    -    Ich fand die Worte nicht.
    -    Es ist was? fragte Asta.
    -    ... faszinierend, sagte ich leise.
    -    Gefährlich, sagte er.
    -    Ich kann schon auf mich aufpassen.
    -    Val, sagte Asta und nahm mein Gesicht zwischen seine Hände, so daß ich ihn ansehen mußte, Wenn jemand nicht auf sich aufpassen kann, dann bist du das. Das letzte Mal haben sie dich unter einem Lastwagen hervorziehen müssen, wo du dich an einen toten Hund geklammert hast, dem die Eingeweide heraushingen. Deine Fußsohlen waren aufgeschnitten, weil du durch einen Scherbenhaufen gelaufen bist, und du hast es nicht mal gemerkt. Zweimal haben sie dich bisher in die Geschlossene gesteckt, was glaubst du, was sie beim dritten Mal machen werden?
    Ich schwieg, Asta sprach weiter.
    —Auf deine Eltern kannst du nicht setzen, die wären froh, wenn sie dich für ein paar Jahre ganz wegschließen könnten. Deine Freunde leben auf einem anderen Planeten und vergessen dich, sobald du aus ihrem Blickfeld verschwindest. Hast du ein einziges Mal in den Spiegel gesehen, seitdem du bei Jenni wohnst? Du gehst den Bach runter. Also erzähl nicht so einen Scheiß, daß du auf dich aufpassen kannst, okay?
    -    Okay, sagte ich leise und wich seinem Blick aus.
    Asta ließ meinen Kopf nicht los.
    -    Das nächste Mal, sobald du auch nur den Hauch deiner Psychose kommen spürst, meldest du dich bei mir, hast du verstanden? Noch einmal gehst du mir nicht in die Klapse. Keine Drogen mehr, hörst du, bleib weg von Dope und Pillen und dem ganzen Scheiß, hast du mich gehört? Ruf mich an, versprich mir das.
    -    Ich versprech es dir.
    —Was versprichst du mir?
    -    Ich verspreche, ich melde mich, sobald es wieder losgeht.
    Asta küßte mich auf die Stirn. Am nächsten Tag fuhren wir nach Hause, und er setzte mich bei Jenni ab. Sechs Wochen später rief ich ihn an.

4

    Die sechs Wochen vergingen schnell. Ich ließ mich auf keiner Party sehen und kam nicht in die Nähe von Drogen. Tagsüber hockte ich vor dem Fernseher oder hörte Musik, nachts starrte ich die Zimmerdecke an und schlief traumlos. Ich aß normal und duschte jeden Tag, traf niemanden und stellte mir vor, das würde jetzt mein Leben lang so weitergehen. Das Komische war, daß ich mich damit zufrieden fühlte. Bei mir anzukommen, das war mir wichtig. Asta sollte nicht denken, ich hätte nichts von ihm gelernt.
    Es gab aber auch andere Gründe, mich von Leuten fernzuhalten. Durch die Medikamente wurde jedes Nachdenken anstrengend. Beim Lesen schlief ich ein und konnte den dämlichsten Talkshows nur mühsam folgen. Dann war ich phasenweise schrecklich unruhig und konnte nicht stillsitzen. Trotz all der Zufriedenheit schwebte im Hintergrund der Hunger nach der Psychose. Wären die Folgen nicht so lästig, hätte ich ohne Probleme in diesem Zustand leben können. Also fragte ich mich, was wäre, wenn ich die Folgen in den Griff bekäme? Was wäre, wenn es mir gelingen würde, den Zustand aufzurufen, wann immer ich wollte, um ihn genau nach Wunsch wieder abzuschalten?
    Disziplin, sagte ich mir, das ist nur eine Frage der Disziplin. Du mußt richtig bei dir sein, du mußt es im Griff haben, dann kann nichts schiefgehen.
    Nach fünf Wochen fühlte ich mich

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