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Du bist zu schnell

Titel: Du bist zu schnell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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geschehen. Astas Lippen bewegten sich schwer, und als seine Frage verklungen war, hing ihr ein Echo nach, das in meinen Ohren kitzelte.
    Endlich.
    Ich spürte Tränen auf den Wangen. Ich wollte Asta sagen, daß es so weit war und die Zeit wieder vor sich hin schlich. Dann sagte ich es und spürte die Silben über meine Lippen schießen. Asta schaute überrascht. Ich hätte es mir denken können. Ich war zu schnell für ihn. Er konnte mich nicht verstehen. Mein Satz war ein hoher Laut, ein geraffter Ton. Ich lächelte, dann schüttelte ich den Kopf, und Asta packte mich an den Schultern. In Zeitlupe krochen die Worte aus seinem Mund.
    -    S i eh a tte in enAn fa 1 l!
    Jeder Buchstabe hinterließ eine Kondensspur in der Luft. Ich sah sie und hätte nur meine Hand auszustrecken brauchen, um sie zu berühren.
    -O hmeinGo tt!
    Jenni und Asta waren Zeitlupe pur. Ich hätte mich problemlos aus Astas Griff befreien, Jenni den Rock runterziehen und mich wieder auf den Boden legen können, auf den mich Asta jetzt gedrückt hielt. So schnell war ich. Niemand hätte es gemerkt oder irgend etwas dagegen tun können. Aber ich wollte keinen Ärger. Asta fand, daß ich ein guter Mensch war, ich wollte ihn nicht enttäuschen. Ich hörte, wie aufgeregt er war. Da war ein rhythmisches Trommeln in seinen Fingerspitzen, sein Herz raste. Also lag ich ganz still und wartete, daß die beiden sich beruhigten. Ruhig. Aber es ging nicht, es ging einfach nicht. Mein Kopf sagte das eine, mein Körper aber wollte dieses schnelle Leben sehen und riechen und fühlen und ein Teil davon sein, bevor es wieder vorbei war.
    -S che iße, i chkanns ienicht h a l t e n!
    Jenni kam Asta zur Hilfe, doch es war ein Witz, niemand konnte mich halten. Ich schlug Astas Arme beiseite und wollte eben aufspringen, als ich sah, daß wir nicht allein waren. Eine Frau stand im Türrahmen. Ich starrte sie an und wußte sofort, daß sie eine von den Schnellen war.
    Endlich.
    Die Zeit wurde um zehn Einheiten heruntergedreht. Ich hörte ein rauschendes Geräusch—Asta hatte eingeatmet; ich hörte ein weiches Hämmern — Jennis Wimpern trafen aufeinander und trennten sich mit einem Knistern. Dann beugte sich die Frau über mich.
    —    Das ist das dritte Mal, sagte sie.
    —    Es ... es tut mir... leid, stotterte ich.
    —    Lüg nicht, sagte die Frau, Nichts tut dir leid.
    Sie breitete die Arme aus, umfaßte mit dieser Geste das ganze Zimmer.
    -    Das hier darf nie wieder passieren, hörst du? Jedes Mal, wenn du die Tür öffnest, wird es dich kosten.
    Sie sah zu Asta und Jenni, sah mich wieder an.
    —    Du verstehst?
    Obwohl ich nicht verstand, nickte ich.
    Die Frau wandte sich ab.
    In dieser kurzen Zeit hatten sich Jenni und Asta vielleicht um zwei Sekunden voranbewegt. Jenni war nicht näher gekommen, und Asta sah mich an, ohne mich richtig zu sehen.
    Ich schaute der Frau hinterher, wie sie die Wohnung verließ. »Das hier darf nie wieder passieren.« Jetzt erst kamen ihre Worte bei mir an, und ich fühlte, wie sich die Angst in mir ausbreitete. »Jedes Mal, wenn du dieTür öffnest, wird es dich kosten.« Das war eine Drohung gewesen. Ich schloß die Augen, mir war übel. Ich spürte, wie sich die Langsamkeit zurückzog und das Besondere den Raum um mich herum erfüllte. Es war so prächtig. Aber ich wollte das nicht sehen. Mir war schlecht vor Angst. Solch ein Gefühl hatte ich noch nie erlebt. Ich hielt die Augen geschlossen und spürte die Kraft um mich herum und wünschte mir, es wäre wieder vorbei. Die ganze Zeit hatte ich darauf gehofft, und jetzt wünschte ich mir ein Ende. Es war lächerlich. Ich hatte Angst, wenn ich auch nur einen Blick auf diese neue Realität warf, würde sie auf mich zuschießen und mich füllen, bis ich explodierte. So ein Gefühl war das.
    Ich öffnete die Augen erst wieder, als jemand über meine Stirn strich. Es fühlte sich normal an. Jenni hielt meinen Kopf, und ich schmeckte Blut im Mund. Jenni sagte immer wieder ein Wort. Ich sah sie an, Tränen der Erleichterung liefen mir aus den Augen und meine Zunge schmerzte. Ich las von Jennis Lippen, was sie sagte. Dann hörte ich das Wort, konnte es aber nicht begreifen. Erst später, als ich im Bett lag und von einem Dämmerzustand in den nächsten trieb, verstand ich, was Jenni gesagt hatte. Es war mein Name gewesen. Eine Silbe nur.

    Ein Freund von Asta arbeitete im Krankenhaus und kam mit einigen Beruhigungsmitteln vorbei. Nachdem sie mich ins Bett getragen

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