Du bist zu schnell
einfach nur da und lächelte.
— Kann ich reinkommen?
Während ich panisch überlegte, ob bei mir aufgeräumt war, trat ich zur Seite. Max kam rein, ich schloß die Tür und er stürzte sich auf mich. Anders kann ich es nicht beschreiben. Wie in einem Horrorfilm. Völlig ausgehungert. Der Vampir, der jahrelang kein Blut getrunken hatte. Es war gruselig und erotisch zugleich. Und es war das erste Mal, daß ich mit einem älteren Mann zusammen war.
Max machte mit mir, was er wollte. Er gab mir das Gefühl, ein unerfahrenes, kleines Mädchen zu sein. Ich hatte Romantik und zärtliche Berührungen erwartet; ich wäre nie darauf gekommen, daß dieser Typ nichts als Sex im Kopf hatte.
Seine Romantik bestand aus derben Ausdrücken, die er mir ins Ohr zischte; und seine zärtlichen Berührungen sahen so aus, daß er mir nach seinem Orgasmus den Kopf tätschelte und mich bat, ihm etwas Kaltes zu trinken zu holen.
Damals fand ich das alles aufregend und dachte: Ja, mehr. Ich nahm mir in meiner Verliebtheit vor, ihn zu verändern. Ein neuer Mann entstünde; ein Mann, der seinen grauen Anzug in die Ecke pfeffern und endlich Nähe zulassen würde. Die Kraft der Liebe. Ich wußte, ich konnte das schaffen.
Von diesem Tag an klingelte Max jeden Abend an meiner Tür. Er blieb eine halbe Stunde, tobte sich aus und verschwand wieder. Wir schafften es kein einziges Mal bis zum Bett. Wir machten es im Flur, wir machten es in der Küche, wir trieben es im Bad und einmal auf dem Sofa, während ich verzweifelt versuchte, die Jalousien herunterzulassen. Jeder Versuch, das Ritual mit einer vernünftigen Verabredung zu unterbrechen, endete mit diesem überheblichen Lächeln und einem Kopfschütteln.
Ich begann, mich auf seine abendlichen Besuche einzustellen. Ab sieben durfte keiner mehr bei mir sein. Ich warf Freunde raus und erfand Ausreden. Jenni war die einzige, die von Max wußte. Asta durfte auf keinen Fall davon erfahren, es wäre mir peinlich gewesen. Er war für mich wie ein großer Bruder, und einem großen Bruder kann man nur schwer erklären, wie aufregend man es findet, herablassend behandelt zu werden.
Jenni verstand es sofort und wollte dabeisein.
- Du willst was?
- Ich könnte mich in deinem Kleiderschrank verstecken.
Du läßt die Tür einen Spalt auf, dann kann ich sehen---
-Auf keinen Fall!
—Wieso nicht?
-Wegen ... wegen der Romantik.
- Val, was für Romantik? Der Typ fickt dich und zieht weiter.
- Blödsinn.
- Nur einmal? Bitte?! bettelte Jenni.
-Vergiß es.
Mit der Zeit erfuhr ich mehr von Max. Daß es mit seiner Frau schon lange nicht mehr gut lief, daß, wenn Lisa nicht wäre, sie sich schon längst getrennt hätten, und daß er jemanden wie mich dringend brauchte. In meiner Naivität bemerkte ich die Parallelen zu billigen Liebesromanen nicht und dachte, wir hätten etwas Besonderes angefangen.
Nach einem Monat lebte ich für die Abende. Nach dem dritten Monat hatte ich Max so weit. Er blieb länger, wir duschten nach dem Sex zusammen und bestellten eine Pizza. Nach einer Flasche Wein und geflüsterten Versprechungen ließ er mich wieder allein. Ich war so glücklich. Ich war am Ziel. Ich hatte diesen Mann geknackt. Er würde jetzt daheim mit seiner Frau reden. Ich hatte ein Bild vor Augen -Max stand an einer Weggabelung, und ich war sein neues Ziel.
Die Besuche wurden weniger.
Max erklärte mir, seine Frau wäre ihm auf der Spur, deswegen müßte er sich in acht nehmen. Außerdem würde ihm gerade die Arbeit über den Kopf wachsen, und Lisa befände sich in einem unglaublich schwierigen Stadium.
Eine Woche Leerlauf folgte. Ich wartete und wartete. Im Kindergarten wich Max meinem Blick aus, und ich fand keinen Moment, in dem ich mit ihm allein hätte sprechen können.
In der folgenden Woche war es dasselbe Spiel.
Am Donnerstagmorgen kaufte ich einen schwarzen Schal. Nachdem Max seine Tochter abgeliefert hatte und gegangen war, rief ich den zwei Erzieherinnen zu, Max hätte seinen Schal vergessen.
Ich erwischte ihn, als er eben ausparken wollte. Ich klopfte gegen das Fahrerfenster, Max ließ es heruntersurren und sah mich für einen Moment an, als wüßte er nicht, wer ich bin.
-Val, sagte ich.
— Ich weiß, sagte er und blieb im Wagen sitzen.
— Du warst gestern nicht da, sagte ich süßlich und wollte in Wirklichkeit schreien: Du warst seit über zehn Tagen nicht da, du verdammtes Schwein, wo bist du nur gewesen?!
— Ich kann nicht
Weitere Kostenlose Bücher