Du bist zu schnell
Beitext hatten. Der Großteil dieser Links hatte seine Domäne bei t-online und öffnete beim Anklicken eine tote Seite. Wir hatten ungefähr neunzig Links vom gleichen Typ gesammelt, die sich bei verschiedenen Begriffen miteinander deckten und Seiten öffnen sollten, es aber nicht taten. Wir versuchten, ein System hinter den Zahlen zu finden. Nichts. Wir löschten hier und da mal eine Ziffer. Nichts geschah. Wir verzweifelten. Das ganze Wohnzimmer war mit ausgedruckten Seiten bedeckt, ein Teppich von scheinbar toten Links.
- Da ist etwas, sagte Jenni.
Sie hatte recht, da war etwas, aber es zu finden, war die Hölle.
Am späten Nachmittag, während ich duschte, machte Jenni weiter. Als ich aus dem Bad kam, saß sie vor dem Monitor und starrte darauf. Der Bildschirm war weiß, nichts geschah.
- Hat er sich aufgehängt? fragte ich.
- Ich weiß nicht, sagte Jenni, Ich habe einen der Links verändert, und dann ist das hier passiert.
Wir warteten, das Weiß blieb, die Festplatte arbeitete auf Hochtouren.
— Laß uns den Computer ausschalten und noch einmal
hochfahren, sagte ich, Wahrscheinlich hat er sich aufgehängt und---
Weiter kam ich nicht, das Modem fing an zu wählen, es wurde eine neue Verbindung zum Internet aufgebaut. Wir warteten. Der Bildschirm wechselte von weiß zu rot und dann zu blau. Zum Schluß erschien ein Portal, und wir wußten, ohne es auszusprechen, daß wir uns im Bereich der Schnellen befanden. Die Schrift war rot auf schwarz und erstreckte sich über die ganze Seite. Sie war für uns völlig unlesbar. Wir hatten keine Ahnung, was wir da sahen. Ich tippte mit dem Cursor auf Drucken, doch der Befehl funktionierte nicht. Ein weißes Eingabefeld tauchte links unten am Bildschirmrand auf.
— Ich glaube, sie warten auf einen Zugangscode, sagte Jenni. Ich bewegte den Cursor und versuchte die Schriftzeichen anzuklicken, doch da war nichts zum Anklicken.
—Was hast du eingegeben? fragte ich.
- Ich habe bei einer der Zahlenkolonnen hinten das t-online weggelassen, mehr war es nicht.
Das Rot auf dem Bildschirm begann dunkler zu werden, so daß es bald mit dem Schwarz verschmolz. Dann setzte ein Download ein. Ich reagierte viel zu langsam. Der Download war innerhalb von ein paar Sekunden beendet und der Computer fuhr sich von selbst herunter, bevor ich den Stecker ziehen konnte. Jeder Startversuch schlug danach fehl, kein Laut kam mehr aus der Kiste, die Maschine war tot.
-Wir haben noch die Links, sagte Jenni, und wir drehten uns gleichzeitig um.
Da lagen sie. An die dreihundert Seiten waren in meinem Wohnzimmer verstreut.
- Und was machen wir mit denen? fragte ich.
- Ein paar Computer flachlegen, war Jennis Antwort.
Es tat so gut, Jenni an meiner Seite zu haben. Mit ihr wurde alles real, bekam einen festen Boden, wurde greifbar. Wir waren den Schnellen auf der Spur, daran gab es nichts mehr zu rütteln. Die Frage war nur, wie nahe wir ihnen bisher mit unserer Spielerei wirklich gekommen waren.
Für heute hatten wir genug. Am Tag darauf wollten wir ein paar Internetcafes aufsuchen, um die anderen Links auszuprobieren. Ich telefonierte mit Henna. Um meinen Computer würde sich ein Freund von ihr kümmern. Jetzt war erst mal Pause. Unsere Augen brannten, und die Nacken waren steif vom reglosen Sitzen. Ich fühlte mich, als hätte ich ohne Unterbrechung zwei Tage lang nur Kaffee getrunken. Meinem Körper gefiel das High, Jenni dagegen war völlig ausgepowert.
- Ich will heute abend nichts mehr von dem Zeug sehen, sagte sie und half mir, die ausgedruckten Seiten aufzusammeln, Was aber nicht heißt, daß wir jetzt schweigen.
-Als könntest du schweigen.
Wir lachten, und Jenni fragte, ob ich irgendeine Idee hätte, was das für Schriftzeichen gewesen waren.
- Nicht Arabisch, sagte ich, Und von den Chinesen haben die garantiert auch nicht abgekupfert.
—Vielleicht irgend etwas Biblisches, sagte Jenni.
- Ja, vielleicht.
Wir bekamen Hunger und beschlossen, Pizza zu bestellen. Jenni telefonierte mit Theo und grüßte mich von ihm.
Ich war an der Reihe. Marek freute sich, von mir zu hören. Ich sagte ihm, wir könnten uns vielleicht später am Abend treffen, wenn er Lust hätte, Jenni kennenzulernen.
— Du mußt sie kennenlernen, schob ich hinterher, und er lachte und sagte, wenn das so wäre. Wir verabredeten uns gegen elf in einer Kneipe, vorher wollte ich mit Jenni ins Theater. Ein altes Stück von Anton
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