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Du bist zu schnell

Titel: Du bist zu schnell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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deinen Freund ermorden, weil sie dich damit bestrafen wollen. Das ist unlogisch.
    Es klang unlogisch, es klang wie ein Thriller, in dem der Held eine große Machenschaft aufdeckt und dann ...
    Ja, was dann?
    —    Bist du denn seitdem wieder abgerutscht?
    Ich mochte es, wie Jenni meine Begriffe benutzte. Sie gab mir das Gefühl, wirklich hier zu sein.
    —    Einmal stand ich kurz davor, sagte ich und hielt ihr meine Stirn hin, Siehst du die kleine Narbe?
    Jenni beugte sich über den Tisch, ich spürte ihre Finger auf meinem Kopf.
    —Was ist passiert?
    —    Ich bin gegen die Küchentür gelaufen.
    -Autsch.
    -    Um es aufzuhalten, verstehst du? Ich habe mich ausgeknockt, und es hat wirklich geklappt. Seitdem ...
    Ich erzählte ihr von Hennas Plan, von Glossodynie und dem neuen Arzt. Ich erzählte ihr, daß ich den Großteil der Zeit auf halber Energie lief.
    -    Und das klappt? fragte Jenni zweifelnd, Ich meine, macht dich das nicht völlig krank?
    -    Ich bin nicht superfit, aber es geht. Über zwei Jahre sind vergangen, und nichts ist passiert. Ich würde schon sagen, daß es klappt. Eigentlich geht es mir prächtig. Ich bin zwar hundemüde, aber an die Müdigkeit habe ich mich gewöhnt. Der Rest ist prima. Wenn du erst mal Marek siehst. Er ist wirklich klasse. Ich liebe ihn, verstehst du? Ich liebe ihn so richtig.
    Jenni lächelte, ein Blinder hätte gesehen, daß ich verhebt war.
    —Weiß er von deiner Psychose?
    -    Er denkt, ich habe Glossodynie, und ich hätte es ganz gern, wenn er es auch weiterhin denken würde. Deswegen kommst du genau richtig.
    Ich griff über den Tisch nach ihren Händen.
    -    Es gibt sonst niemanden, mit dem ich darüber reden kann. Ich konnte es Marek einfach nicht sagen, er hätte mich für durchgeknallt gehalten. Niemand weiß sonst davon. Und jetzt sind sie wieder da.
    Ich erzählte Jenni von meinem Gefühl, beobachtet zu werden. Wenn ich Cafés betrat, wenn ich in einen Bus stieg, beim Einkäufen. Immer war da jemand, der mir auswich.
    -    Siehst du sie? fragte Jenni.
    Ich schüttelte den Kopf.
    -    Ich kann sie nicht sehen. Ohne Psychose bin ich eine von den Langsamen. Auch wenn ich wollte, sie sind einfach zu schnell für mich.
    —    Scheiße.
    -Richtige Scheiße. Ich kapier nicht, warum sie ausgerechnet jetzt hinter mir her sind. Ich habe nichts getan. Es macht keinen Sinn.
    Als ich das sagte, fragte ich mich, was überhaupt Sinn machen würde. Was war der Sinn hinter einer Psychose oder AstasTod oder meinem Leben in Kassel?
    -Wenn sie dich verfolgen---
    —    Sie tun es, unterbrach ich Jenni gereizt.
    —    He, ist ja okay. Was ich sagen will ist, wenn sie dich verfolgen, warum drehst du dann nicht den Spieß um?
    -Was?
    —    Folg ihnen und finde heraus, wer sie sind, wo sie sind und ganz besonders, warum sie sind.
    Ich sah sie nur an.
    —Wie soll ich---
    -Val, tu nicht so, als ob du dämlich wärst. Was denkst du, wie ich dich gefunden habe?
    Ich lachte und drückte meine Zigarette aus.
    —Was soll ich deiner Meinung nach tun? Soll ich im Internet DIE SCHNELLEN in die Suchmaschine eingeben oder was?
    —    Oder was, wiederholte Jenni ernst.

    Wir machten ein Spiel daraus und sammelten Begriffe, die mir zu meiner Psychose einfielen. Bis fünf Uhr morgens hatten wir sechsunddreißig und legten uns schlafen. Ich wurde um den Mittag herum als Erste wach und bereitete uns Frühstück, danach machten wir sofort weiter. Wir strichen die, die sich ähnelten, und brachten sie auf einen Begriff. Zum Schluß blieben neun übrig. Darunter waren mit Die Schnellen und Türen auch Zeitverzögerung und Das Spiegelprinzip.
    Der nächste Schritt war das Internet. Wir jagten die Begriffe über MetaGer durch alle verfügbaren Suchmaschinen und druckten bis Sonntagnachmittag an die dreihundert Seiten mit Links aus, um sie auf Gemeinsamkeiten zu prüfen. Da war totaler Blödsinn dabei - Werbeseiten, Fanclubs, Versandservice, Reparaturdienste, Veranstalter. Sie hatten alle eines gemeinsam — sie hatten rein gar nichts mit Psychosen zu tun. Ich war mir aber sicher, daß wir etwas finden würden. Die Schnellen mußten nach irgendeinem System miteinander kommunizieren.
    -Wie kommst du darauf? fragte Jenni.
    -    Weil sie clever sind, und weil sie sich mehr in unserer Welt aufhalten, als wir in ihrer. Die Frage ist, wie finden sie sich, und wie verstecken sie ihre Welt?
    Öfter tauchten am Ende der Suchergebnisse Zahlen auf, die keinen

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