Du bist zu schnell
Theo im Flur allein gelassen hat, schaffe ich wieder Abstand zwischen Val und mir.
— Laß uns reingehen, sage ich.
Im Wohnzimmer setze ich mich so hin, daß derTisch zwischen uns ist.
— Marek, ich---
— Nein, warte, erst habe ich dir was zu sagen, unterbreche ich sie und rede, ohne lange nachzudenken.
— Ich werde nicht vergessen, daß du mich belogen hast. Wir hätten darüber reden können. Es gab keinen Grund, die Medikamente heimlich abzusetzen. Stell dir vor, ich hätte nicht in der Sauna nachgesehen. Jemand anderes hätte dich gefunden, und du wärst wahrscheinlich wieder in der Klapse gelandet. Zum dritten Mal, Val. Deine Eltern hätten dich da garantiert nicht mehr rausgeholt. Hast du auch nur eine Sekunde daran gedacht?
Sie will etwas sagen, ich spreche schnell weiter.
— Warte, ich bin gleich fertig. Ich will nur, daß du weißt, daß ich dir das nicht verzeihen werde. Das ist jetzt eine Sache, die zwischen uns steht. Wirklich zwischen uns steht, begreifst du das? Und ich habe auch genug von dieser Jagd nach den Schnellen. Wir fahren jetzt nach Hause. Ich habe mit Gerald gesprochen, und er erwartet mich am Abend in Kassel. Du brauchst Hilfe und Schutz, bevor dir auch noch etwas passiert. Ich verspreche dir, daß ich dich nicht im Stich lassen werde, Val, glaub mir das.
Ich bin durchgeschwitzt. Vals Blick ist unverändert. Ich hoffe, sie nimmt mir das alles ab.
—Verstehst du mich? frage ich nach.
- Ich verstehe dich.
- Und was sagst du dazu?
Val schiebt mir einen Zettel zu.
- Das haben sie mir auf die Innenseite meiner Arme geritzt.
-Was?!
Ich lese, was auf dem Zettel steht. Es verschwimmt, wird wieder deutlich. Es ist nicht in Vals Handschrift geschrieben. Ich sehe sie an.
- Eingeritzt?
- Ich will dir das nicht zeigen, sagt Val.
- Es ... es tut mir leid, ich ...
- Es ist schon gut. Das ist ihre Nachricht an mich. Es ist schon in Ordnung. Das hier zwischen uns beiden ...
Sie nimmt meine Hände zwischen ihre.
- ... ist jetzt wichtiger, Marek. Ich will mich ehrlich bei dir entschuldigen. Ich habe keinen anderen Weg gesehen. Ich wußte, daß du mich davon abhalten würdest, das Medikament abzusetzen. Es war mir einfach zu wichtig. Und ich war zu feige, um mich mit dir anzulegen.
Sie sieht mir in die Augen, ich weiche ihrem Blick aus. Ich will nicht, daß sie feige ist, ich will nicht, daß sie recht hat.
- Und ich verstehe auch, daß du nach Kassel willst. Ich wünschte, ich könnte so einfach in unser altes Leben zurückkehren, aber ich kann nicht mit dir kommen. Ich habe einen Plan. Ich glaube, ich muß das jetzt angehen, sonst laufe ich davon, pumpe mich mit Medikamenten voll und habe ewig Angst. Ich weiß, was ich machen muß. Theo findet den Plan gut, er steht hinter mir. Aber das ist nicht wichtig, wichtig ist mir, daß auch du dahinterstehst.
- Du willst hier bleiben?
Ich kann es nicht glauben. Ich sage es noch einmal.
- Du willst hierbleiben? Bei Theo? Du kennst den Typen doch gar nicht, wie ...
Mir fällt nicht ein, was ich sagen soll. Ich bin wie vor den Kopf geschlagen.
- Habt ihr was miteinander? frage ich und bereue es sofort.
- Marek, du hörst mir nicht zu. Ich habe einen Plan.
- Du kannst nicht hierbleiben, sage ich.
Sie sieht mich nur an und sagt nach einer langen Pause:
- Hörst du mir jetzt zu?
Ich nicke, dann erzählt mir Val ihren Plan.
Zwei Stunden später bringt mich Theo zum Wagen. Val hat sich nach dem Essen wieder hingelegt. Ich habe ihr versprochen, so schnell wie möglich aus Kassel zurückzukommen.
Nichts ist geklärt.
Ich weiß noch immer nicht, was ich von ihrer Aktion halten soll. Val dachte sich, es könnte klappen. Es hat nicht geklappt, und sie hat dafür bezahlt. Gut. Dennoch kann ich nicht einfach sagen, alles ist wieder beim alten, laß uns weitermachen. Und dann dieser Plan. Theo findet, wir sollten es probieren. Es ist verrückt, es wird nie klappen. Wie sollen wir jemanden überraschen, der nach völlig anderen Regeln existiert? Einen Schnellen fangen, das ist doch der letzte Mist. Aber ich bin dabei. Val und Theo wollen auf meine Rückkehr warten, danach gehen wir es zusammen an. Ich denke nicht daran, Val im Stich zu lassen.
- Bist du dir sicher, daß sie hierbleiben kann? frage ich
Theo, als wir das Haus verlassen, Ich meine, sie könnte aus-flippen und eine Angstattacke bekommen. Ich habe das
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