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Du bist zu schnell

Titel: Du bist zu schnell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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erlebt, es ist kein Spaß.
    Theo winkt ab.
    -    Ihre Medikamente machen sie harmlos. Sie wird eine Menge schlafen. Außerdem sind es ja nur zwei Tage. Mach dir bitte keine Sorgen, ich spiele Babysitter, bis du wieder da bist. Regel das mit deinem Job, ich habe Zeit, das Kino läuft auch ohne mich. Hast du meine Telefonnummer?
    Ich schüttle den Kopf und erzähle ihm, daß ich seine Nummer heute morgen über die Auskunft bekommen, aber nicht notiert habe. Theo nimmt eine Visitenkarte aus seiner Brieftasche und schreibt mir seine private Telefonnummer auf die Rückseite.
    -    Danke.
    Wir kommen zu meinem Wagen. Ich mache mit dem Eiskratzer die Frontscheibe frei. Theo kehrt die Seitenfenster mit den Händen sauber und formt einen Schneeball. Er wirft auf eine Laterne und trifft.
    Ich steige ein, Theo reicht mir die Hand durchs Fenster. Ich habe das Gefühl, ihn seit Jahren zu kennen.
    -    Komm bald zurück, sagt er zum Abschied.
    -    Ein, zwei Tage. Ihr werdet nicht mal merken, daß ich weg war.
    Dann sage ich, was ich vor Val nicht sagen wollte:
    -    Du weißt, was sie ihr gedroht haben, wenn sie die Tür öffnet.
    Theo haucht in seine Hände und sagt, ja, er hätte schon darüber nachgedacht.
    -    So leicht lasse ich mich nicht überraschen. Aber ich werde vorsichtig sein, wem ich die Wohnungstür öffne. Dasselbe gilt auch für dich.
    -    Ich weiß. Paß bitte auch auf, daß sie ihre Pillen nimmt.
    - Keine Sorge.
    Theo klopft zum Abschied auf das Autodach. Ich lege den Gang ein und rolle langsam vom Parkplatz. Theo schliddert einige Meter hinter dem Wagen her und bleibt dann stehen. Sekunden später trifft ein Schneeball mein Rückfenster. Ich hupe kurz und bin sehr erleichtert, mit so einer simplen Lüge davongekommen zu sein.
VAL
1
    Es ist ein Winter wie dieser hier. Seit Wochen schneit es, und wir verbringen die Zeit nach der Schule draußen. Am Horr-berg rodeln, aufs Eis rausgehen oder Iglus aus Schnee bauen. Ich bin wieder dreizehn Jahre alt, und jeder Tag ist ein aufregender Tag. Am Morgen steige ich ungeduldig aus dem Bett, renne von der Schule nach Hause, Sachen in die Ecke, kurz etwas essen, dann raus, raus, raus. Alle sind dabei, Gabi und der dicke Carl, Bernie und Didi, Jenni natürlich, Klaus und sein Bruder Tim. Es kommen auch viele aus den Nachbarklassen und dann natürlich Spasti. Spasti ist immer dabei. Er hält seinen Abstand und bleibt in unserer Nähe, damit er nach Hause gehen kann, sobald wir gehen. Wo er jetzt ist, weiß ich nicht, denn mein Kopf tut weh. Ich bin bei der letzten Abfahrt vom Schlitten gefallen und mit dem einen Ohr im Schnee gelandet. Ich wundere mich ein wenig, daß ich dreizehn Jahre alt bin. Ich müßte älter sein, ich habe die Schule abgeschlossen, ich wohne nicht mehr zu Hause. Das zu wissen beruhigt mich, obwohl es in meinem Kopf klingelt und das Ohr sich anfühlt, als würde es brennen. Der Sturz war hart. Während die anderen wieder auf den Berg steigen, laufe ich zwar noch mit, habe aber genug vom Rodeln. Ich setze mich auf einen Baumstumpf und lasse mir von Erika eine Zigarette geben. Plötzlich bin ich nicht mehr dreizehn, ein Jahr ist vergangen, und Erika und ich sind vierzehn, tragen rosa Lippenstift mit Bananengeschmack und klauen unseren Eltern die Zigaretten, wann immer wir die Chance dazu haben.
    Dummerweise versucht meine Mutter seit einem halben Jahr, mit dem Rauchen aufzuhören, und mein Vater ist auf Pfeife umgestiegen, damit Mutter es leichter hat. Ich schnorre also, wo ich nur kann. Erika kennt das von mir und verzieht den Mund und sagt, ich sollte mir doch gleich zwei nehmen, damit es beim nächsten Mal nicht so peinlich wird. Ich mache Hahaha und strecke ihr die Zunge raus. Als sie mit Didi auf den Schlitten steigt, wünsche ich ihr, daß sie mit ihrer Zuckerschnute im Schnee landet. Jetzt sitze ich hier, und es ist keiner mehr auf dem Berg. Niemand rodelt, alle sind verschwunden. Ich rufe laut »Hallo!«, aber es gibt kein Echo. Mir wird kalt. Ich schlage die Arme um mich, wie ich das einmal in einem Film gesehen habe, und bemerke die Pudelmütze von Spasti. Mehr ist von ihm nicht zu sehen. Ich stehe auf und will über den Hügel gehen. Ich bräuchte eine Weile, aber ich mache nur einen einzigen Schritt und bin da. Spasti steht vor einer Schneewehe und hat mit Ästen die Umrisse einer Tür in den Schnee gelegt. Sie ist vielleicht zwei Meter hoch und einen Meter breit. Es gibt sogar eine Klinke.
    —Was treibst du da? frage

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