Du denkst, du weißt, wer ich bin
Zuckungen hätte, sagte er: »Meinst du … du gehst hin?«
In meinem peripheren Sehen nahm ich etwas wahr, das wie ein tobendes Rumpelstilzchen aussah. Ami natürlich, die fast explodierte. Ich wusste, was sie dachte – dass Lachlan drauf und dran wäre, mich zum Ball einzuladen. Aber das war unmöglich. Man lächelt nicht in der einen Woche jemanden spöttisch an und lädt ihn dann in der nächsten ein. Trotzdem fühlte ich mich ein wenig schwindelig. Lag wohl an den Chlordämpfen. Lachlan sah mich erwartungsvoll an. Als ob ihm meine Antwort wirklich etwas bedeuten würde. Trotz der brütenden Hitze zitterte ich. »Mmh … also«. Ich griff nach etwas, das mich aus dieser bizarren Situation hinauskatapultieren könnte. »Jjein.«
Ich hört Ami verzweifelt aufstöhnen.
Lachlan sah mich stumm an. »Ich mag die Art«, sagte er nach einem Moment, »wie du dein nein fast wie ein ja klingen lässt.«
»Das ist eine Sprachstörung«, erklärte ich. »Danke, dass du mich darauf aufmerksam gemacht hast. Ich werde wahrscheinlich sowieso im Mercury arbeiten müssen. Am Abend des Balls, meine ich.«
Lachlan neigte leicht den Kopf. Es war fast eine Verneigung. »Verstanden«, sagte er. Er hob eine dieser Gewinnerhände zu einer Abschiedsgeste. »Adios, Olive. Und danke. Du weißt schon. Dass du mich vor dem –«
»Wonk?«, unterbrach ich ihn. »Schon gut.«
Als er sich umdrehte und wegging, liefen seine Worte noch einmal in meinem Kopf ab. Olive . Die Art, wie er meinen Namen ausgesprochen hatte. Er hatte ihn so ausgesprochen, als würde er diese dunklen, salzigen, intensiv schmeckenden kleinen Dinger mögen – und sie nicht wie andere aus ihrer Pizza rauspulen.
Ich erwartete ganz sicher, dass Ami es mir geben würde, wenn Lachlan erst gegangen war. Aber sie starrte auf etwas hinter mir.
»Sie ist immer noch da«, murmelte sie.
Miranda stand an derselben Stelle wie während des Auftritts mit Katie, mit einem Arm umklammerte sie den anderen. Ihr Pulloverärmel war zurückgeschoben, und selbst von meinem Standpunkt aus konnte ich die Spuren sehen, wo Katie sie gepackt hatte – fast wie Brandzeichen auf ihrer blassen Haut.
Aber Miranda wirkte nicht mitgenommen. Sie lächelte in sich hinein, als ob alles genauso verlaufen wäre, wie sie gehofft hatte. Mir wurde ganz beklommen bei diesem Lächeln.
Als das nächste Rennen per Lautsprecher aufgerufen wurde, schien Miranda wachzuwerden. Sie zog den Ärmel wieder zurecht und ging davon.
Das war seltsam. Ihr Gang wirkte anders. Federnder. Siegesgewiss.
Als Miranda außer Sicht war, sah Ami mich an. Die Stirnfalte zwischen ihren Augenbrauen war tiefer geworden.
»Aha«, alberte ich. »Für deine Miranda-ist-ein-Alien-Theorie sieht es gut aus.«
Ami lachte nicht. »Besorgen wir uns einen Computer«, sagte sie ernst. »Ich will wissen, was hier los ist.«
FÜNF
Ames und ich schwänzten den Rest des Schwimmens und liefen zum Computerraum. Es war sowieso Freitag, also war die Schule für die Woche gelaufen. Eigentlich, so entschied ich, brach ich keine Versprechen. Und dann brauchte ich dringend etwas, das mich davon abhielt, das Gespräch mit Lachlan immer und immer wieder in Gedanken abzuspulen.
Der Computerraum befand sich im Keller des alten Flügels. Er war vermieft, und bekanntermaßen spukte es dort, also würden wir sehr wahrscheinlich ungestört bleiben. Selbst der Knabe, der für die Computertechnik zuständig war, mied ihn, wenn möglich.
Ami und ich zogen uns Stühle heran. Aus alter Gewohnheit hätte ich mich beinahe in Facebook eingeloggt, aber dann fiel mir wieder ein, dass ich ja meinen Account gekündigt hatte. Ich war kurz versucht, Pitchfork aufzurufen, um zu sehen, ob neue Bandkritiken eingegangen waren, aber dafür waren wir ja nicht hierhergekommen. Stattdessen öffnete ich Google.
Verspiegelte Augen , tippte ich ein. Eigenartige Haut. Alien?
Ich wurde ganz aufgeregt, als mehrere tausend Resultate auftauchten. Vielleicht gab es ja eine harmlose Erklärung dafür, was mit Miranda los war. Wer sollte mir besser helfen als eine Community von all den Leuten dort draußen, die die Welt anders betrachteten als der Mainstream? Solche wie Ami und mich.
Ich warf Ami ein Grinsen zu und klickte den ersten Link an. Aber in dem Moment, als die Seite geladen wurde, schwand meine Hoffnung. Es ist schwierig, eine Homepage ernst zu nehmen, die von oben bis unten mit blinkenden Werbebannern überladen ist.
Die Seite hieß Shifter World, und die Homepage zeigte
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