Du denkst, du weißt, wer ich bin
Katie und Cam dasjenige, das die meisten Leute ankreuzen würden. Sie sahen jedenfalls wie das perfekte Paar aus. Aber mich konnten sie nicht täuschen. Ich wusste zufällig, dass, bevor sie zusammengekommen waren, Cam hinter einem anderen Mädchen hergewesen war. Das Mädchen war ich selbst gewesen. Mein altes Ich, heißt das. Ich hatte es genossen, ihn eine Weile zappeln zu lassen, hatte ihn glauben lassen, ich sei interessiert, ihn dann aber wie den letzten Dreck behandelt. Denn so eine war ich damals. Erst als ich auf einer Party vor seinen Augen mit einem anderen rumgemacht hatte, versuchte er es bei Katie.
Allerdings musste ich zugeben, dass sie sich jetzt seit ein paar Monaten regelmäßig bei der Date-Night blicken ließen. Länger, als ich erwartet hatte. Sie kauften ihre Tickets bei Noah, kamen dann an meine Theke, wo ich ihre Sachen schon für sie bereitgestellt hatte. Wasser und großes gesalzenes Popcorn für Cam. Diät-Cola und Schoko-Top für Katie. Das Schoko-Top war Katies einzige Nascherei während einer ansonsten superstrengen Diätwoche. Die Snacks zu machen und bereitzustellen war meine Art, unsere Beziehung auf das Minimum zu beschränken. Das Ganze war sowieso – jedenfalls aus meiner Perspektive – genauso unangenehm wie eine Beinamputation.
Cameron sah mich immer mit diesem herablassend mitleidigen Blick an, als ob ich mir wer weiß was hätte entgehen lassen, als ich ihn abgelehnt hatte. Obwohl – so wie ich Cam kenne, hat er die ganze Sache sicher verkehrt, als ob er derjenige gewesen wäre, der mich hatte abblitzen lassen.Und dann stand da Katie und genoss mit allen Sinnen die Möglichkeit, mich wieder herumhetzen und zu ihrer Bediensteten machen zu dürfen, wie es zu den Zeiten gewesen war, als wir Kampfgenossinnen auf dem Feld der Gehässigkeit gewesen waren.
Der Andrang vor der Theke hatte gerade ein wenig nachgelassen, als die schweren Haupttüren des Mercury aufschwenkten und eine kleine Figur erschien, tropfnass und über etwas gebeugt.
»Toby«, rief ich und trat hinter der Snackbar vor. »Was machst du denn hier?«
»Ich möchte bloß bei dir chillen.« Seine Stimme hatte einen bettelnden Unterton. »Darf ich hierbleiben?«
»Komm und setz dich hierher, Tobes«, sagte ich und machte auf der Theke einen Platz für den Laptop frei. Ich war es gewohnt, dass ich Toby bei mir hatte, wenn Mum einen Babysitter brauchte. Ich baute eine Wand aus Junk Food vor ihm auf.
»Dies ist ein Kino, nicht die Bahnhofsmission mit kostenlosem Essen!«, schimpfte Noah vom Ticket-Schalter. Noah mutierte bei der Date-Night stets vom Widerling zum Boss.
Glücklichweise änderte sich an meiner Beständigkeit, ihn nicht ernst zu nehmen, nichts.
»Ich bezahle alles, was er isst«, gab ich zurück und wies nicht darauf hin, dass das Kino bei den überteuerten Preisen, die wir verlangten, ruhig ein paar Gratissnacks verschmerzen konnte.
Toby kletterte langsam auf den Barhocker. »Es ist so voll.«
»Dagegen kann ich was tun«, sagte ich.
Toby starrte mich zweifelnd an. Ich griff nach dem Bedienfeld neben der Registrierkasse und drückte auf den Gong, der zur nächsten Vorstellung aufrief. »Pass auf.«
In dem Moment, als sie den Gong hörten, schossen alle auf die Kinotüren zu. Es gab im Mercury nämlichkeine nummerierten Sitzplätze.
Noah runzelte die Stirn und lief der Masse entgegen. Er war es, der die Tickets abreißen und die Leute hineinlassen musste. »Bisschen früh, was?«, murrte er, als er an mir vorbeikam.
Mir war es egal. Fünf Minuten später waren alle Paare weg, und Toby klackerte glücklich auf dem Laptop herum. Für ihn war die Welt wieder in Ordnung. Selbst Noah bekam bessere Laune, als er erst die Kassenausdrucke gelesen hatte und sah, wie viel Geld wir eingenommen hatten. Es ist doch immer wieder erstaunlich, welche Mengen mieser Süßigkeiten Leute kaufen, wenn sie ein Date haben. Noah beklagte sich nicht einmal, als ich die Mercury -CD herausnahm und meinen iPod einstöpselte, um Luxe zu spielen.
Ich begann, die Take-away-Becher aufzufüllen, als Steeple Chaser aus den Boxen dröhnte, und als das Foyer sich mit dem Klang von Dallas’ Stimme füllte, hatte ich plötzlich den unwiderstehlichen Drang zu tanzen. Dieses Gefühl ließ mich abheben. Ich würde dies alles loslassen können. Date-Night. Katie und Cameron. Dad. Seltsame Webseiten, von denen ich Gänsehaut bekam, und die ich irgendwie nicht vergessen konnte, so sehr ich es auch versuchte.
Zum Teufel mit dem
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