Du denkst, du weißt, wer ich bin
ganzen Mist . Ich schloss die Augen und begann zu tanzen. Du bist nicht mehr im Mercury, bildete ich mir ein. Du bist bei einem Luxe-Gig . Und sofort konnte ich es mir vorstellen. Der Club war gerammelt voll, und es war überhaupt kein Platz zum Tanzen, aber irgendwie tanzten wir trotzdem. Tanzten und flippten völlig aus. Aber dann fühlte ich, dass jemand mich beobachtete. Dallas von Luxe.
Als sich unsere Blicke trafen, lächelte er, streckte seine Hand aus, und plötzlich wurde ich auf die Bühne gehoben. In meiner Fantasie hatte Dallas keine Augen für irgendjemanden. Nur für mich.
»Olive«, rief Noah plötzlich. »Was machst du da?«
»Ich verleihe meiner Lebensfreude Ausdruck«, antwortete ich, die Augen immer noch geschlossen. »Durch Bewegung.«
»Vielleicht könntest du deiner Freude Ausdruck verleihen, dass du einen Job hast«, schlug Noah vor. »Indem du diesen Kunden bedienst.«
Meine Augen öffneten sich. Auf der anderen Seite der Theke stand Lachlan. Er hob die Hand, seine Augen hatten leichte Fältchen in den Winkeln. »Hallo, du.«
»Oh … hi.«
Warum gab es bloß keine Notrufnummer für Fälle, wenn einem das Gesicht so rot anläuft, dass akute Entzündungsgefahr besteht?
Ich drehte die Musik leiser. Zog meinen Rock wieder glatt. Das Rieseneishörnchen über dem Tresen begann erneut, in den höchsten Tönen zu jammern, während Lachlan geduldig wartete. Wenn er nicht die Schuluniform trug, sah er total anders aus. Vor allem nicht so wie jeder andere auch. Ich ertappte mich dabei, dass ich Dinge an ihm bemerkte, die mir vorher entgangen waren. Winzige Unvollkommenheiten, die ihn, ich weiß nicht, irgendwie interessanter machten. Zum Beispiel eine C-förmige Narbe auf dem Kinn, sicher von irgendeinem Fahrradunfall als Kind. Und die Falte unter seinem linken Auge, die zum Vorschein kam, wenn er lächelte. Der lustige kleine Haarwirbel, der mir auf einer Seite seines Kopfes auffiel. Es juckte mich in den Fingern, ihn glattzustreichen.
Und dann seine Klamotten. Ich meine, er trug Jeans und ein Sweatshirt wie fast jeder andere Typ an diesem Abend, aber das Sweatshirt war am Ellbogen ausgebessert. An beiden Ellbogen. Viele Leute würden ein Kapuzenshirt einfach in die Tonne pfeffern, wenn es so verschlissen war. Nicht so Lachlan. Er hatte es flicken lassen. Vielleicht hatte er das sogar selbst gemacht.
Das muss sein Lieblingsteil sein , begriff ich. Und da fing ich an, darüber nachzudenken, dass Lachlan Ford vielleicht doch nicht so ein nichtssagendes Himmelpuzzlestück war. Vielleicht war er ein Stück Gras. Oder ein Baumstamm. Irgendetwas mit Struktur.
»Der Film hat schon angefangen«, sagte ich, als mir plötzlich auffiel, dass ich ihn angestarrt hatte. »Tut mir leid.«
»Ich bin nicht wegen des Films gekommen.«
»Wozu denn sonst?«, fragte ich ohne nachzudenken. »Bowling?«
Genau da fiel mir ein, was Ami gesagt hätte, wenn sie da gewesen wäre. Du Dummchen! Er ist wegen dir gekommen . Dies war einer der Gründe, warum ich sie in meiner Nähe brauchte. Ohne sie gab ich nur blödes, blödes Geblabber von mir.
Lachlan zog an der Schnur von seiner Kapuze, sodass sie an einer Seite zu kurz war. Dann zog er sie an der anderen Seite zurück. »Ich komme nur auf ein Eis. Es soll gut sein hier.«
»Jedenfalls besser als das Popcorn, das ist mal sicher«, erwiderte ich und kämpfte darum, etwas Würde wiederzuerlangen. »Welche Sorte möchtest du?«
Toby blickte verwirrt auf. »Gibt es jetzt noch andere Sorten?«, wollte er wissen. »Ich dachte, ihr hättet nur Vanille.« Dann drehte er sich zu Lachlan. »Die langweiligste Sorte überhaupt.«
Selbst die Art, wie ich erröte, ist abgefahren. Rot wird mein Hals, nicht mein Gesicht. »Hab ich ganz vergessen«, murmelte ich. »Wir haben nur Vanille.«
Dann stolperte ich, als ob sich jemand hereingeschlichen und meine Füße einfach gegen größere ausgetauscht hätte.
Lachlan reagierte überhaupt nicht. Weder auf meinen Neonhals, noch auf mein Stolpern oder sonst was. »Vanille ist lecker.«
Erstaunlicherweise brachte ich es fertig, Lachlan die Packung ohne weitere Katastrophen zu reichen. Er schob das Eis in die Tasche seines Kapuzenpullovers, und ich wartete, dass er sich umdrehen und abziehen würde. Tat er aber nicht. Er fing an, zu Steeple Chaser zu summen.
Ich blickte erstaunt auf. »Du kennst den Song?«
»Ich habe ihn ein- oder zweimal gehört«, sagte Lachlan.
Okay, das war ja ziemlich süß, wie dieser Sportsmensch so tat,
Weitere Kostenlose Bücher