Du denkst, du weißt, wer ich bin
und schüttelte den Kopf. »Dieses Ding ist wirklich völlig fertig«, sagte er.
»Vor allem, weil ich so durchgeknallt bin«, betonte ich, »brauche ich ewig, etwas zu reparieren.«
Katie starrte mich an. »Ich habe niemals gesagt, du wärst durchgeknallt.«
»Vielleicht nicht laut .«
Katie atmete schnell durch die Nase. Seit unsere Freundschaft zerbrochen war, hatte sie sich dieses Geräusch angewöhnt. »Warum bist du so, Olive?«
Eine Stimme dröhnte durch die Lautsprecheranlage. »Teilnehmerinnen am 100-m-Rücken der Mädchen, bitte nehmt eure Positionen ein.«
Katie rückte die Träger ihres Badeanzugs zurecht und ließ sie wie Peitschen gegen ihren Rücken schnellen. »Erbärmlich«, schleuderte sie mir entgegen und stob davon. »Einfach erbärmlich.«
Die Worte schienen ein Echo zu haben, sie schienen von den gekachelten Wänden des Schwimmbades zurückzuprallen. Erbärmlich. Einfach erbärmlich . Ich spürte eine Bewegung in der Nähe und erkannte erschreckt, dass Miranda direkt neben uns stand. Sie achtete aber nicht auf mich – ihr Kopf drehte sich in Richtung Katie, und ich sah, wie sich ihr Mund verzog und einzelne Worte bildete. Fast, als ob sie einen Text einstudieren würde.
Als Katie auf ihren Startblock trat, bewegte sich Miranda – erstaunlich schnell – an das Ende von Katies Bahn, die Stoppuhr hoch erhoben.
»He!«, sagte Lavinia. »Diese Bahn habe ich.«
Aber Miranda rührte sich nicht von der Stelle, und nach einem Moment grollte Lavinia nur noch und ging dahin, wo Miranda eben gestanden hatte.
Ohne Stoppuhr konnte ich die Zeit des Mädchens in meiner Bahn nicht nehmen. Nicht, dass es eine Rolle gespielt hätte. Von dem Moment an, wo das Rennen begann, war Katie so weit vorn, dass niemand eine Chance hatte. Und so ging es weiter bis zum vorhersehbaren Ende. Katie zog sich geschickt aus dem Wasser, nahm ihre Badekappe ab und schüttelte ihre Haare. Sie nahm das Handtuch, das Paige ihr entgegenhielt, und die Lobeshymnen mit gleichgültiger Miene entgegen.
»Wie war meine Zeit?«, fragte sie in die Menge. Das war die Beziehung, die Katie mit dem Rest der Welt führte. Sie bat um Dinge, und schon erschienen sie, wie von Zauberhand.
»Eine Minute vierundzwanzig«, sagte Miranda.
Katie nickte. »Meine beste Zeit bis jetzt.«
»Deine beste Zeit bis jetzt.« Miranda kopierte Katies Tonfall perfekt.
Katies Stirn legte sich in Falten. »Machst du mich nach?«
Auch Miranda runzelte die Stirn. »Machst du mich nach?« In ihrer Stimme klang derselbe ungläubige Ton.
Katies Augen verengten sich und wanderten langsam und gründlich an Miranda herab. Es dauerte nicht lange, bis sie das rosa Bändchen aus Mirandas Pullover vorblitzen sah.
Katies Hand schoss nach vorn und riss Mirandas Ärmel hoch. Der dünne rosa Faden wurde völlig entblößt, hell und scharf wie eine Rasierwunde.
»Warum trägst du das?«, fuhr Katie sie an.
Ein paar Mädchen hatten einen Kreis um Katie und Miranda gebildet. Man konnte spüren, wie die Spannung zunahm und alle wissen wollten, wie in aller Welt Miranda da wieder rauskommen wollte. Ich hatte keine Ahnung, warum überhaupt eine von ihnen sich etwas aus blöden rosa Bändchen machte, aber trotzdem hielt ich den Atem an. Ich glaube nicht, dass irgendjemand erwartete, dass sie sagte, was sie da tat. Die Wahrheit.
»Weil du es tust.«
Um den Ausdruck auf Katies Gesicht zu beschreiben, müsste man ein neues Wort erfinden. Zornig wäre nicht stark genug. Sie war thrombtypisch vor Wut . Muraschabel .
»Nimm. Es. Ab.«
Miranda hielt einen Moment inne und dachte nach. Dann schüttelte sie den Kopf. »Nein. Ich trage es gerne.«
Mir wurde ganz schwummerig, denn ich wusste, dass Katie jemanden in Fetzen zerreißen konnte, wenn sie wirklich vor Wut raste. Wo waren die verantwortlichen Erwachsenen ? Ich blickte mich um. Miss Falippi stand an der anderen Seite des Beckens und unterhielt sich mit einem anderen Lehrer – vollkommen selbstvergessen. In meinen Ohren begann es zu klingeln. Vielleicht sollte ich etwas tun . Früher hatte ich Katie beruhigen können – oft als Einzige. Aber dann ging alles so schnell, dass ich mich nicht hätte einmischen können. Selbst wenn ich gewollt hätte.
Katie packte Mirandas Handgelenk so fest, dass ihre Knöchel weiß wurden. Aber Miranda zuckte nicht einmal zusammen. Vielmehr lächelte sie, was Katie natürlich vor Wut explodieren ließ.
»Was glaubst du, wer du bist? Du willst sein wie ich? Du bist ein Niemand, verstehst
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